Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfeverfahren: Erstinstanzliche Bewilligung der Prozesskostenhilfe für gesamten Rechtszug; Zulässigkeit eines erneuten Prozesskostenhilfeantrags bei Zurückverweisung der Sache durch die Revisionsinstanz

 

Normenkette

GKG § 37; GVG § 21 Abs. 1; ZPO §§ 114, 119 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

BGH (Urteil vom 26.06.2013; Aktenzeichen IV ZR 243/12)

Schleswig-Holsteinisches OLG (Urteil vom 16.07.2012; Aktenzeichen 5 U 169/11)

LG Itzehoe (Urteil vom 18.11.2011; Aktenzeichen 6 O 39/10)

 

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 24.9.2014 wird als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gegen die Beklagten in einem Prätendentenstreit Freigabe eines von der G-Versicherung AG hinterlegten Betrages von 41.000 EUR sowie Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz eines Zinsdifferenzschadens geltend.

Das LG hat der Klage stattgegeben. Der Senat hat der Klägerin mit Beschluss vom 10.2.2012 für den Berufungsrechtszug Prozesskostenhilfe bewilligt. Am 16.7.2012 hat der Senat durch Urteil die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG zurückgewiesen.

Auf die Revision der Beklagten hat der 4. Zivilsenat des BGH am 26.6.2013 das Urteil des Senats aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den Senat zurückverwiesen. Der Senat hat an mehreren Sitzungstagen mündlich verhandelt und Beweis erhoben. In der letzten mündlichen Verhandlung am 25.9.2014 hat die Klägerin beantragt, ihr für diese Instanz nach Zurückverweisung erneut Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

II. Der gestellte Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unzulässig. Der Klägerin fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für einen erneuten Prozesskostenhilfeantrag, nachdem der Senat bereits mit Beschluss vom 10.2.2012 der Klägerin für den Berufungsrechtszug Prozesskostenhilfe bewilligt hat.

Zwar erfolgt die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach § 119 Abs. 1 S. 1 ZPO für jeden Rechtszug besonders. Durch die Zurückverweisung der Sache durch das Urteil des BGH vom 26.6.2013 ist jedoch nach dem Sinne des § 119 S. 1 ZPO kein neuer Rechtszug eröffnet worden. Zweck des § 119 ZPO ist, dass das Gericht die Bewilligungsvoraussetzungen des § 114 ZPO für seinen Rechtszug nur einmal prüfen soll. Die Abänderung der die Prozesskostenhilfe bewilligenden Entscheidung ist, abgesehen von der Änderungsmöglichkeit nach § 120a ZPO beschränkt auf das Vorliegen einer der in § 124 ZPO abschließend normierten Gründe. Deshalb ist auch dann, wenn sich infolge der Zurückverweisung der Sache durch das Rechtsmittelgericht eine Änderung der rechtlichen Anknüpfungspunkte und der Beurteilungsmaßstäbe für dieselbe Rechtsverfolgung oder Verteidigung ergeben hat, eine erneute Überprüfung der prozesskostenhilferechtlichen Bewilligungsvoraussetzungen nicht veranlasst (OVG NW, Beschluss vom 29.1.1992, JurBüro 1994, 176/OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.1.1987, Rechtspfleger 1987 S. 263, Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 119 Rz. 5, Bork in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 119 Rz. 3, Prütting-Gehrlein/Völker/Zempel, ZPO, 5. Aufl., § 119 Rz. 3, Baumbach/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., § 119 Rz. 53, Motzer in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl., § 119 Rz. 2, 32, Wieczorek/Schütze/Steiner, ZPO, 3. Aufl., § 119 Rz. 11).

Dieses wird bestätigt durch § 37 GKG, aus dem sich ergibt, dass eine Sache, die zur anderweitigen Verhandlung an das Gericht des unteren Rechtszugs zurückverwiesen wird, mit dem früheren Verfahren vor diesem Gericht i.S.d. § 35 ZPO einen Rechtszug bildet, mit der Folge des § 35 ZPO, dass die Gerichtsgebühren hinsichtlich eines jeden Teils des Streitgegenstandes nur einmal erhoben werden. Die Regelung des § 21 Abs. 1 GVG, nachdem das weitere Verfahren vor einem Gericht, an das eine Sache zurückverwiesen wird, ein neuer Rechtszug ist mit der Folge des § 15 Abs. 2 S. 2 RVG, dass nach der Zurückverweisung neue Gebühren entstehen, steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Denn der Begriff des Rechtszuges in dieser Vorschrift ist allein gebührenrechtlich zu verstehen und hat keine Auswirkungen auf den Umfang einer Prozesskostenhilfebewilligung vor Zurückverweisung. Diese Bewilligung erfasst auch nach Zurückverweisung neu anfallende Rechtsanwaltsgebühren.

 

Fundstellen

Haufe-Index 8306573

NJW 2015, 8

NJW-RR 2015, 192

AGS 2015, 139

NJW-Spezial 2015, 187

RVGreport 2015, 158

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