Entscheidungsstichwort (Thema)

Fiktive Nebeneinkünfte trotz SGB II bei gesteigerter Erwerbsobliegenheit

 

Leitsatz (amtlich)

Keine ausreichende Darlegung mangelnder Leistungsfähigkeit eines Empfängers von Leistungen nach SGB II bei gesteigerter Erwerbsobliegenheit nach § 1603 Abs. 2 BGB und Berücksichtigung fiktiver Einkünfte aus einer Nebenbeschäftigung unter Heranziehung von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB II.

 

Normenkette

BGB § 1603; SGB II § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 7

 

Verfahrensgang

AG Schleswig (Beschluss vom 07.10.2008; Aktenzeichen 90 F 196/08)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 3.11.2008 gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Schleswig vom 7.10.2008 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde des Klägers ist nicht begründet, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Der Kläger ist der Vater der am 9.11.1995 nichtehelich geborenen Beklagten.

In der Urkunde des Bezirksamtes W vom 5.1.1996 - Beurkundungsregisternummer 7/1996 und der Urkunde des Bezirksamtes W vom 13.2.1996, Beurkundungsregisternummer 191/1996 erkannte der Kläger die Vaterschaft der Beklagten an und verpflichtete sich, an die Beklagte 115 % des Regelunterhaltes zu zahlen.

Mit der Erfüllung seiner Unterhaltsverpflichtungen aus diesen Titeln befindet sich der Kläger seit 1.4.2006 im Rückstand.

Mit der beabsichtigten Abänderungsklage erstrebt der Kläger die Änderung der genannten Urkunden dahin, dass er der Beklagten nicht mehr zum Unterhalt verpflichtet sei.

Der Kläger ist nach dem Hauptschulabschluss von Dezember 1983 bis September 2002 im Kfz-Bereich als Tankwart, Industriehelfer und Wartungsmechaniker tätig gewesen.

Von Oktober 2002 bis Januar 2005 absolvierte er erfolgreich eine Ausbildung zum Industriemechaniker/Feinwerk und Gerätebau.

Eine vorübergehende teilstationäre Behandlung des Klägers in der A-Klinik vom 28.6.2004 bis zum 19.7.2004 - u.a. wegen einer Lumboischialgie rechts bei Bandscheibenvorfall L 4/L 5 und L 5/S 1 - stand dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung vor der Handelskammer nicht entgegen. Ausweislich des Entlassungsberichtes vom 22.7.2004 erfolgte die Entlassung als arbeitsfähig in der zuvor ausgeübten Tätigkeit.

Mit welcher Intensität sich der Kläger während der Zeiten vom Januar 2005 bis Januar 2006 und während der Weiterbildungsmaßnahme im BFW B in dem Bereich kaufmännische Qualifikation in Modulen in der Zeit von Juni 2006 bis Juni 2007 um die Erlangung einer Arbeitsstelle bemüht hat, ist nicht vorgetragen.

Zur Begründung seiner Abänderungsklage macht der Kläger geltend, nicht leistungsfähig zu sein. Trotz intensiver Bemühungen habe er keine Arbeitsstelle finden können, die es ihm ermöglicht hätte, den geschuldeten Unterhalt zu zahlen.

Zum Beleg für seine Erwerbsbemühungen hat der Kläger insgesamt 88 Bewerbungen aus der Zeit vom 31.8.2007 bis 10.10.2008 vorgelegt.

Mit zutreffender Begründung hat das Familiengericht dem Kläger die nachgesuchte Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Rechtsverfolgung mit den Beschlüssen vom 7.10.2008 und 11.12.2008 versagt.

Der Kläger hat der ihn treffenden Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich seiner mangelnden Leistungsfähigkeit im Rahmen der ihn treffenden gesteigerten Erwerbsobliegenheit nach § 1603 Abs. 2 BGB nicht genügt.

Die von ihm dargelegten Erwerbsbemühungen entsprechen nicht den Anforderungen an intensive Erwerbsbemühungen eines arbeitslosen gesteigert erwerbspflichtigen Unterhaltsschuldners. Gegenüber minderjährigen Kindern reicht es nicht aus, die Arbeitsfähigkeit in bestmöglicher Weise einzusetzen und eine mögliche Erwerbstätigkeit aufzunehmen; vielmehr erfährt diese Verpflichtung gegenüber minderjährigen Kindern gem. § 1603 Abs. 2 BGB eine Verschärfung dahin, dass den Unterhaltspflichtigen eine noch erheblich gesteigerte Verpflichtung zur Ausnutzung seiner Arbeitskraft trifft. Dies folgt aus der die Eltern treffenden rechtlichen und sittlichen Pflicht, ihre Kinder am Leben zu erhalten (OLG Brandenburg NJW-RR 2009, 150-151).

Dass sich der Kläger entsprechend dieser gesetzlichen Anforderung intensiv um eine Erwerbstätigkeit bemüht hat, kann nicht festgestellt werden.

Abgesehen davon, dass seitens des Klägers für die Zeit nach der Beendigung der Integrationsmaßnahme bei der Firma S GmbH keine Erwerbsbemühungen dargelegt worden sind, sind auch die vorgelegten 88 Bewerbungen nicht geeignet, intensive Erwerbsbemühungen in der Zeit vom 31.8.2007 bis 10.10.2008 zu belegen.

Nach der Rechtsprechung hat sich der Unterhaltsverpflichtete bei eigener Arbeitslosigkeit intensiv um eine neue Arbeitsstelle zu bewerben; bei Arbeitsstellen mit geringerem Einkommen sind zusätzliche Gelegenheits- und Aushilfstätigkeiten zu suchen. Bei der Arbeitssuche darf er sich nicht auf die Erlangung einer Arbeit in dem erlernten oder zuletzt ausgeübten Beruf beschränken; vielmehr ist ihm grundsätzlich anzusinnen, sich um jede Art von Tätig...

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