Entscheidungsstichwort (Thema)

Fahrzeugverwertung durch kreditgebende Bank nach sofortiger Kündigung des Darlehensvertrages

 

Leitsatz (amtlich)

1. Sieht der Vertrag über ein Darlehen für einen Autokauf vor, dass die Bank im Falle der sofortigen Kündigung des Kredites das ihr sicherungsübereignete Fahrzeug verwerten darf und dem Kreditnehmer der "gewöhnliche Verkaufswert im Zeitpunkt der Rücknahme" vergütet wird, ist unter diesem gewöhnlichen Verkaufswert der ggü. einem Letztverbraucher erzielbare Verkaufspreis und nicht der "Einkaufswert" im Sinne eines Händlereinkaufspreises zu verstehen.

2. Verweisen die Vertragsbedingungen in einem solchen Fall wegen des einzuholenden Gutachtens für die Bestimmung des gewöhnlichen Verkaufswertes auf § 317 Abs. 1 BGB, ist der Vertrag dahin auszulegen, dass auch die §§ 318 f. BGB gelten sollen.

 

Normenkette

BGB §§ 317-319

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Beschluss vom 26.04.2007; Aktenzeichen 6 O 476/06)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des LG Kiel vom 26.4.2007 geändert:

Dem Beklagten wird für die Verteidigung gegen die Klage Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Heyden, Kiel, bewilligt.

 

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde hat Erfolg. Hinreichende Erfolgsaussichten für die beabsichtigte Verteidigung des Beklagten gegen die Klage i.S.v. § 114 ZPO liegen entgegen der Auffassung des LG vor.

Die Klägerin macht einen Zahlungsanspruch geltend, den sie einerseits auf Vertrag-Rückabwicklungsansprüche nach fristloser Kündigung des Darlehensvertrages - und andererseits auf Deliktsrecht-Schadensersatzanspruch aus § 823 BGB - stützen will.

Der Anspruch dürfte allerdings wenigstens hinsichtlich der Höhe bislang nicht schlüssig dargelegt worden sein.

Die Klägerin hat mit ihrem Schreiben vom 10.11.2000 die fristlose Kündigung des Darlehensvertrages gestützt auf Ziff. 3 f. der Vertragsbedingungen ausgesprochen, zugleich aber ausdrücklich erklärt, dass sie den genauen zur Rückzahlung noch fälligen Betrag erst in einem gesonderten Schreiben mitteilten werde. Sie hat den Beklagten sodann mit dem genannten Kündigungsschreiben aufgefordert, dass sicherungsübereignete Fahrzeug herauszugeben.

Die Klägerin wollte ersichtlich nach Ziff. 4 Abs. 3 ihrer Vertragsbedingungen vorgehen. Danach kann sie in Fällen der sofortigen Kündigung nach Ziff. 3 dieser Bedingungen - wie hier - das Sicherungsgut verwerten und zu diesem Zweck die Herausgabe der sicherungsübereigneten Gegenstände verlangen. Für diesen Fall ist dort weiter geregelt, dass die Bank dem Darlehensnehmer den gewöhnlichen Verkaufswert im Zeitpunkt der Rücknahme vergütet, wobei als gewöhnlicher Verkaufswert der am Markt zu erzielende Preis vereinbart sein soll. Dieser soll nach dem weiteren Text von Ziff. 4 Abs. 3 der Vertragsbedingungen gem. § 317 Abs. 1 BGB durch einen Sachverständigen bestimmt werden. Auf der Grundlage von dessen Gutachten, das die Bank einhole, werde die Verwertung betrieben. Der Darlehensnehmer könne innerhalb von 8 Tagen nach Mitteilung des im Gutachten ermittelten Schätzpreises einen Käufer benennen, der das Fahrzeug zum Schätzpreis oder einem höheren Preis abzunehmen verbindlich bereit sei. Sei eine Verwertung zum Schätzpreis nicht möglich, werde der tatsächlich erzielte Preis vergütet. Ein etwaiger Überschuss des Verwertungserlöses über die Ansprüche der Bank werde an den Darlehensnehmer ausbezahlt.

Tatsächlich hat die Klägerin auch einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, nach Erstellung des Gutachtens die Verwertung des Fahrzeugs durchgeführt und erst danach ggü. dem Beklagten mit Schreiben vom 16.1.2001 die fällige Darlehensrückzahlungsforderung unter Anrechnung des erzielten Preises bei der Fahrzeugverwertung berechnet und ihn zur umgehenden Zahlung aufgefordert.

Es spricht allerdings nach dem eigenen Vortrag der Klägerin in ihrer Klagbegründung derzeit Überwiegendes dafür, dass sich die Klägerin bei der Verfolgung dieses Weges tatsächlich nicht an die zitierten eigenen Vertragsbedingungen gehalten hat. Denn schon in der Klagschrift trägt sie vor, dass der von ihr beauftragte Wertgutachter "einen Einkaufswert" des Fahrzeuges i.H.v. 12.100 DM brutto festgestellt habe. Auf dieser Grundlage berechnet sie sodann auch die Höhe ihres Schadensersatzanspruches bzw. ihres Anspruchs auf Darlehensrückzahlung nach Kündigung des Darlehensvertrages.

Tatsächlich weist das von der Klägerin als Anlage K 9 zur Klagschrift eingereichte Wertgutachten des Sachverständigen H vom 20.11.2000 - das der Gutachter allerdings nicht unterschrieben hat - auch lediglich die Ermittlung eines "Einkaufswertes" von 12.100 DM brutto aus. Es spricht derzeit überwiegendes dafür, dass es sich dabei um den Händler-Einkaufspreis handelt (zum Unterschied zwischen Einkaufswert und Verkaufswert bei der Fahrzeugbewertung vgl. nur den Tatbestand des Urteils des OLG Stuttgart v. 7.11.1995 - 6 U 118/95, NJW-RR 1996, 563 f.). Denn gerade jenes Autohaus - das Aut...

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