Leitsatz (amtlich)

1. Das Familiengericht ist bei der Anordnung von begleiteten Umgangskontakten von Amts wegen verpflichtet, einen mitwirkungsbereiten Dritten i.S.d. § 1684 Abs. 4 S. 3 BGB zu ermitteln, wobei die Beteiligten eine Mitwirkungsobliegenheit trifft (Anschluss an OLG Frankfurt FamRZ 2013, 1824).

2. Wird die Mitwirkungsbereitschaft des Dritten in der Entscheidung des Familiengerichts offen gelassen, handelt es sich um eine unzulässige Teilentscheidung i.S.d. § 69 Abs. 1 S. 2 FamFG.

3. Im Rahmen der Mitwirkungsobliegenheit ist der umgangsberechtigte Elternteil unter Umständen gehalten, seinen Unterstützungsanspruch gem. § 18 SGB VIII gegen das Jugendamt im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren geltend zu machen. Um dies zu ermöglichen, ist das Familiengericht zu einer Aussetzung des Verfahrens gem. § 21 FamFG verpflichtet.

4. Die Einrichtung einer Umgangspflegschaft i.S.d. § 1684 Abs. 3 S. 3 BGB kann im Regelfall das Fehlen eines mitwirkungsbereiten Dritten nicht ersetzen.

5. Die Abänderung von familiengerichtlichen Entscheidungen über die Anordnung von begleiteten Umgangskontakten richtet sich nach § 1696 Abs. 2 BGB.

 

Verfahrensgang

AG Reinbek (Beschluss vom 03.12.2014; Aktenzeichen 5 F 142/14)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Kindesmutter wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Reinbek vom 3.12.2014 (5 F 142/14) aufgehoben.

Das Verfahren wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das AG - Familiengericht - Reinbek zurückverwiesen.

2. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Kindesmutter begehrt die Abänderung einer durch Beschluss des AG Reinbek vom 13.11.2012 (Az. 10 F 240/11) getroffenen Umgangsregelung.

Die Kindeseltern waren nicht verheiratet. Aus ihrer Beziehung gingen die gemeinsamen Kinder S., geboren am 3.7.2003, und L., geboren am 19.8.2005, hervor. Die Kindeseltern gaben gemeinsame Sorgeerklärungen ab. Sie trennten sich im Dezember 2008. Die Kindesmutter wurde für zwei Monate wegen eines depressiven Erschöpfungszustandes tagesklinisch behandelt.

Mit Schriftsatz vom 26.1.2009 leitete sie ein Verfahren zur Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes für die gemeinsamen Kinder ein (Az.:...). Der Kindesvater erklärte, kein Vertrauen in die Erziehungsfähigkeit der Kindesmutter zu haben; die Kindesmutter trete phasenweise sehr aggressiv gegenüber ihm und den Kindern auf. Beide Großmütter der Kinder wandten sich aus Sorge um die Kinder mit Schreiben vom 3.3.2009 bzw. 6.3.2009 an das Gericht. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12.3.2009 vereinbarten die Kindeseltern, dass der Kindesvater mit den beiden Kindern aus dem gemeinsamen Haus auszieht.

In der Folgezeit kam es zu Schwierigkeiten bei der Gestaltung der Umgangskontakte der Kindesmutter mit den Kindern. Es wurden mehrere gerichtliche Verfahren betreffend die Belange der Kinder anhängig gemacht.

In der Folgezeit kam es zu Schwierigkeiten bei der Gestaltung der Umgangskontakte der Kindesmutter mit den Kindern. Es wurden mehrere gerichtliche Verfahren betreffend die Belange der Kinder anhängig gemacht. Durch Beschluss vom 29.10.2009 (...) ordnete das Familiengericht eine Umgangspflegschaft für die Kinder S. und L. an und bestellte Frau Rechtsanwältin R. zur Umgangspflegerin. In dem Verfahren ... wurden ferner zwei psychologische Sachverständigengutachten des Dipl.-Psych. U ... und ein fachpsychiatrisches Sachverständigengutachten über die Kindesmutter des Prof. Dr. K ... eingeholt. Der Sachverständige U. erörterte in seinem Gutachten vom 17.1.2011 eine Fremdunterbringung der Kinder. Er stellte eine kindliche Tendenz der Kinder zur Mutter fest und führte aus, bei einem weiteren Lebensmittelpunkt der Kinder beim Vater trete keine Beruhigung und Entlastung der Kinder ein. Der Kindesvater sei überfordert, dem anspruchsvollen und sehr komplexen pädagogischen Anforderungsprofil der Kinder gerecht zu werden. Die Hauptbetreuung durch den Kindesvater wäre nur denkbar, indem die Umgangsregelung zur Kindesmutter radikal beschnitten würde. Der Sachverständige stellte eine Einschränkung der Erziehungsfähigkeit der Mutter fest. Letztlich empfahl er, den Lebensmittelpunkt der Kinder unter bestimmten Rahmenbedingungen und bei Inanspruchnahme öffentlicher Hilfen zur Kindesmutter zu verlegen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27.1.2011 schlossen die Kindeseltern unter Beteiligung des Jugendamtes einen Vergleich (...), wonach sie u.a. vereinbarten, dass die Kinder nach Einrichtung einer sozialpädagogischen Familienhilfe zur Mutter umziehen. Am 15.4.2011 zogen die Kinder zur Kindesmutter um. Die Kindesmutter erhielt eine sozialpädagogische Familienhilfe und nahm weiterhin - wie zuvor - die Erziehungsberatung bei Frau Dr. med. D. in Anspruch und war in therapeutischer Beratung bei Frau E.. Der Kindesvater hatte alle 14 Tage am Wochenende Umgang mit den Kindern.

Ab Juni 2011 meldeten sich der Kindesvater, der Hort, den S. besuchte, der Familienhelfer, ...

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