Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachehelicher Unterhalt: Feststellung ehebedingter Nachteile bei der Einkommensentwicklung; Befristung des Unterhaltsanspruchs bei ehebedingten Nachteilen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wegen Darlegung entsprechender "ehebedingter Nachteile" kommt eine Befristung des Ehegattenunterhaltsanspruches nicht in Betracht.

2. Wenn schon die durchschnittliche Einkommensentwicklung - auf Grundlage des Indexes des statistischen Bundesamtes "Verdienste und Arbeitskosten" vom 25.3.2011 - wesentlich höher liegt als das später tatsächlich erzielte Einkommen, liegt es auf der Hand, dass ein wirtschaftlicher, ehebedingter Nachteil bei der Einkommensentwicklung des Unterhaltsberechtigten vorliegt.

 

Normenkette

BGB § 1573 Abs. 2, § 1580 S 1, § 1578b Abs. 1-2; FGG-RG Art. 111 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Elmshorn (Beschluss vom 13.09.2010)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der am 13.9.2010 verkündete Beschluss des AG - Familiengericht - Elmshorn geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragsgegner hat der Antragstellerin Auskunft über sein gesamtes Einkommen auch aus nichtselbständiger Tätigkeit einschließlich aller Sonderzuwendungen sowie über Steuererstattungen für den Zeitraum 1.1.2010 bis 31.12.2010 zu erteilen und hierzu sämtliche Nettogehaltsbescheinigungen und dem im gleichen Zeitraum erlassenen Steuerbescheid bzw. Bescheid über den Lohnsteuerjahresausgleich vorzulegen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner; die Kostenentscheidung erster Instanz bleibt der Endentscheidung durch das Familiengericht vorbehalten.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über Auskunfts- und Unterhaltsverpflichtungen des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin.

Die Beteiligten heirateten am 5.9.1980. Die Antragstellerin ist gelernte Industriekauffrau. Bei Eheschließung war sie bei der BAT- GmbH in H. als Marktforscherin/Produktmanagerin für den deutschen Markt tätig und erzielte zuletzt 1987 ein Jahresgehalt i.H.v. 58.800 DM (14 Monatsgehälter × 4.200 DM), also von 30.064 EUR.

Die Berufstätigkeit der Antragstellerin endete zum Ende des Jahres 1987 wegen der anstehenden Geburt des ersten Kindes der Parteien, Janine, geb. am 23.1.1988. Ein weiteres, am 18.5.1992 geborenes Kind der Parteien lebt noch im Haushalt der Antragstellerin.

Seit dem 25.10.1997 lebten die Beteiligten voneinander getrennt. Die Antragstellerin nahm im September 1998 ihre Berufstätigkeit wieder auf und erzielte zuletzt ab Januar 2011 bei einem chemischen Betrieb in U. ein monatliches Bruttoeinkommen von 2.800 EUR bei einer 36 Stunden Woche und 12 Monatsgehältern pro Jahr.

Die Ehe der Beteiligten wurde am 4.2.2000 geschieden.

Die Beteiligten schlossen vor der Ehescheidung eine notarielle Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung, in der sich der Antragsgegner unter Berücksichtigung des Einkommens der Antragstellerin zur Zahlung eines monatlichen Trennungsunterhalts sowie eines nachehelichen Unterhalts i.H.v. 1.810 DM an die Antragstellerin verpflichtete. Der Unterhaltsanspruch wurde bis zum 31.7.2002 geregelt. Die Beteiligten vereinbarten, dass spätere Änderungen nach den geltenden Gesetzen und der maßgeblichen Rechtsprechung erfolgen.

Mit Antragsschrift vom 24.2.2001 macht die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner im Wege eines Stufenantrages einen Auskunftsanspruch über das Einkommen des Antragsgegners, die eidesstattliche Versicherung des Antragsgegners über seine zu erteilende Auskunft sowie die Zahlung den sich aus der Auskunft ergebenden noch zu beziffernden Unterhalt geltend.

Das Familiengericht hat mit verkündetem Beschluss vom 13.9.2010 die Anträge der Antragstellerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es bestünde kein Auskunftsanspruch nach § 1580 S. 1 BGB, da der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner kein Unterhaltsanspruch mehr zustehe. Ein möglicherweise bestehender Unterhaltsanspruch der Antragstellerin sei nach § 1578b Abs. 2 und 1 BGB zeitlich zu begrenzen und mit Ablauf des Monats März 2010 schulde der Antragsgegner der Antragstellerin keinen Unterhalt mehr. Denn spätestens zu diesem Zeitpunkt sei der Unterhaltsanspruch durch Befristung erloschen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Inhalt des Beschlusses des Familiengerichts Bezug genommen.

Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde und beantragt, den angefochtenen Beschluss abzuändern und dem Antragsgegner aufzugeben, Auskunft über sein gesamtes Einkommen auch aus nichtselbständiger Tätigkeit einschließlich aller Sonderzuwendungen sowie über Steuererstattungen für den Zeitraum ab 1.1.2010 bis 31.12.2010 zu erteilen und hierzu sämtliche Nettogehaltsbescheinigungen und dem im gleichen Zeitraum erlassenen Steuerbescheid bzw. Bescheid über den Lohnsteuerjahresausgleich vorzulegen.

Sie ist der Auffassung, dass ein nachehelicher Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB grundsätzlich zeitlich unbefristet geschuldet werde und nach der Rechtsprechung des BGH (BGH XII ZR 202/08 vom 6.10...

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