Entscheidungsstichwort (Thema)

Entscheidung über Einsichtsgewährung in Verfahrenskostenhilfeunterlagen ist Justizverwaltungsakt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Entscheidung über die Gewährung von Einsicht in die Verfahrens-kostenhilfeunterlagen des Antragstellers handelt es sich um einen Justizverwaltungsakt. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob die Entscheidung über die Gewährung von Einsicht in die Verfahrenskostenhilfeunterlagen während eines laufenden Verfahrens oder nach Beendigung des Verfahrens erfolgt (Anschluss OLG Frankfurt FamRZ 2016, 843).

2. Statthafter Rechtsbehelf gegen die Gewährung bzw. Nichtgewährung von Einsicht in die Verfahrenskostenhilfeunterlagen des Antragstellers ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG.

3. Die Regelung des § 117 Abs. 2 Satz 2 ZPO soll dem um Einsicht in die Verfahrenskostenhilfeunterlagen nachsuchenden Gegner kein subjektives Recht verschaffen. Soweit das Gericht allerdings vor Entscheidung über die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe dem Gegner Akteneinsicht in die Verfahrenskostenhilfeunterlagen des Antragstellers gewährt, um zusätzlich die Richtigkeit der gemachten Angaben zu überprüfen, stellt sich diese Entscheidung in der Regel als ermessensfehlerfrei dar.

 

Normenkette

ZPO § 117 Abs. 2 S. 2; EGGVG § 23

 

Tenor

Der Antrag der Antragsgegnerin vom 8.4.2016 auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Der Wert für das Verfahren auf gerichtliche Entscheidung wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. In dem Ausgangsverfahren begehrt der Antragsteller von der Antragsgegnerin Trennungsunterhalt für die Zeit ab Juni 2015. Die Antragsgegnerin hat die Abweisung des Antrags des Antragstellers beantragt. Weiterhin beantragt sie, ihr für die Verteidigung gegen die Klage des Antragstellers Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen. Sie hat zu ihrem Verfahrenskostenhilfeantrag eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen eingereicht. Die Klageerwiderung mit dem Verfahrenskostenhilfeantrag der Antragsgegnerin ist dem Antragsteller zur Stellungnahme auch zum Verfahrenskostenhilfeantrag zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 24.2.2016 hat der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers ausgeführt, der Antragsteller vermöge eine Stellungnahme zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Antragsgegnerin nicht zu geben. Es werde allerdings gebeten, die Erklärung der Antragsgegnerin über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zugänglich zu machen. Eine Stellungnahme bleibe sodann vorbehalten.

Zu der Bitte um Einsicht in die Verfahrenskostenhilfeunterlagen der Antragsgegnerin hat diese mit Schreiben vom 21.3.2016 vorgetragen, es bestehe kein rechtliches Interesse des Antragstellers, dass ihm die Erklärung von ihr über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zugänglich gemacht werden.

Mit Gerichtsverfügung vom 23.3.2016 ist der Antragsgegnerin mitgeteilt worden, dass der Antragsteller wohl einen Anspruch darauf haben dürfte, ihm die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nebst Belegen zugänglich zu machen. Es ist angefragt worden, ob die Zustimmung erteilt werde oder das Gericht durch Beschluss entscheiden solle. Die Antragsgegnerin hat zu diesem Hinweis mit Schreiben vom 30.3.2016 erwidert. Sie hat ausgeführt, dass insbesondere ein Anspruch auf Einsichtnahme nicht gegeben sei. Entsprechend habe auch ein die Einsicht Beantragender im Falle der Verweigerung kein Beschwerderecht. Der Antragsteller seinerseits hat mit Schreiben vom 31.3.2016 mitgeteilt, sofern die Antragsgegnerin ihre Zustimmung nicht erteile werde das Gericht gebeten, im Beschlusswege zu entscheiden.

Mit Beschluss vom 4.4.2016 hat das AG - Familiengericht - dem Antragsteller auf seinen Antrag hin die Zugänglichmachung der Erklärung der Antragsgegnerin über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen bewilligt. Im Hinblick auf einen Anspruch auf Trennungsunterhalt des Antragstellers hat das Familiengericht einen Anspruch des Antragstellers auf Einsicht in die Unterlagen angenommen. Insofern bestehe nach §§ 1361 Abs. 4 Satz 4, 1605 Abs. 1 BGB ein bürgerlich-rechtlicher Auskunftsanspruch gegen die Antragsgegnerin. Auf den Inhalt des Beschlusses wird insgesamt verwiesen.

Dieser Beschluss ist der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin am 4.4.2016 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 8.4.2016, am selben Tag beim AG - Familiengericht - eingegangen, hat die Antragsgegnerin gegen die Beschlussentscheidung des Familiengerichts sofortige Beschwerde eingelegt. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29.4.2015 (XII ZB 214/14) sei ein Anspruch des Antragstellers auf Akteneinsicht im Verfahrenskostenhilfeverfahren nicht gegeben. Die Regelung gebe lediglich dem Gericht die Möglichkeit, bei Bestehen eines materiell-rechtlichen Auskunftsanspruches die der Erklärung zugrundeliegende...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge