Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenhilfe. Bedürftigkeitsprüfung. Vermögensverwertung. Verwertbarkeit eines selbst genutzten mit lebenslangem Wohnrecht belasteten Mehrfamilienhauses. Kurzzeitigkeit des Leistungsbezugs. Zumutbarkeit der Beleihung

 

Orientierungssatz

1. Die Kurzzeitigkeit eines im Streit stehenden Leistungs- bzw Arbeitslosenhilfebezugs ist kein Faktor für die Unwirtschaftlichkeit der Verwertung eines Vermögensgegenstandes; sie ist allerdings im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung bei der weiteren Voraussetzung der Zumutbarkeit der Verwertung zu berücksichtigen (vgl BSG vom 18.10.2007 - B 11a/7a AL 114/06 B).

2. Ein Mehrfamilienhaus mit mehreren Mietwohnungen, in dem nur eine Wohnung selbst genutzt und nur eine weitere mit lebenslangem Wohnrecht der Eltern belastet ist, zählt nicht zum Schonvermögen nach § 1 Abs 3 Nr 5 AlhiV 2002 und kann - auch unter Berücksichtigung des nur kurzeitigen im Streit stehenden Arbeitslosenhilfebezugs - zumutbar im Wege der Beleihung verwertet werden.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 23. März 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch über die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 1. Januar 2004 bis einschließlich 18. April 2004.

Der ...1951 geborene ledige Kläger, der seit dem 19. April 2004 als Diplom-Psychologe selbständig tätig ist, bezog bis zum 31. Juli 1996 Arbeitslosengeld (Alg) und anschließend ab 1. August 1996 - unterbrochen durch eine Arbeitsaufnahme ab 15. März 1997 bis 30. Juni 1997 - Alhi. Im Bewilligungsabschnitt bis 31. Dezember 2003 betrug der wöchentliche Leistungssatz zuletzt auf der Grundlage eines ungerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelts von 674,70 EUR 201,32 EUR.

Der Kläger ist Eigentümer des ca. 284 m² großen Grundstücks B.Straße in F., das ihm von seinem Vater, dem 1910 geborenen Tischlermeister M. E., aufgrund notariellen Vertrages vom 12. März 1982 überlassen worden ist. Ergänzend gewährte der Kläger seinen Eltern bis zum Tode des Längstlebenden von ihnen ein unentgeltliches Wohnrecht in der Wohnung im ersten Stock des Hauses, das als beschränkte persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen ist. Nach der vertraglichen Regelung nimmt die Wohnung den gesamten ersten Stock des Hauses ein und besteht aus drei Wohnräumen, einer Küche, Flur und Bad. Das Grundstück war ursprünglich mit einem etwa 1880 errichteten Mehrfamilienhaus (sog. Vorderhaus) und einer Werkstatt im rückwärtigen Grundstücksteil bebaut; die Werkstatt und der darin ausgeübte Handwerksbetrieb waren bei der Grundstücksüberlassung verpachtet. Bis zum Auslaufen des Pachtvertrages sollten dem Vater des Klägers als Überlasser die Pachteinnahmen zustehen. Mit Vereinbarung vom 20. Juni 1994 trat der Vater des Klägers sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Pachtvertrag an den Kläger ab; gleichzeitig wurde formlos eine grundbuchlich nicht eingetragene Verpflichtung des Klägers zur Zahlung einer monatlichen Altenteilslast in Höhe von ursprünglich 475,00 DM vereinbart. Ab 1995 wurde die im Hofgebäude befindliche Tischlerei in ein weiteres Wohngebäude umgebaut (sog. Hinterhaus). Das Vorderhaus hat eine Wohnfläche von 190 m²; die Wohnfläche des Hinterhauses beträgt 160 m². Im Vorderhaus befinden sich vier Wohnungen, von denen der Kläger drei Wohnungen (insgesamt 130 m²) vermietet hat; eine weitere, 60 m² große Wohnung im Obergeschoss des Vorderhauses - es handelt sich um die Wohnung, für die den Eltern des Klägers ein Wohnrecht bewilligt worden ist - ist von der 1918 geborenen Mutter des Klägers vermietet worden, nachdem diese zunächst in eine Erdgeschosswohnung des Vorderhauses und später in das Hinterhaus umgezogen ist. Im Hinterhaus befinden sich zwei Wohnungen, die Anfang 2004 von dem Kläger (120 m²) und seiner Mutter (40 m²) bewohnt wurden. Mit Bescheid vom 17. März 2000 ist der Einheitswert des Grundbesitzes auf 40.900,00 DM festgesetzt worden.

Am 9. Januar 2004 stellte der Kläger einen Fortzahlungsantrag. Dabei gab er - wie in früheren Anträgen - für das Grundstück B.Straße Mieteinnahmen in Höhe von 8.727,80 EUR an und machte Belastungen in Höhe von 11.486,70 EUR geltend. Weiterhin machte er Angaben zu Einkünften aus einer selbständigen Tätigkeit, zu vorhandenen Konten bzw. Geldanlagen sowie zu einer Beteiligung zu 1/40 an einer Eigentümergemeinschaft in Berlin. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf den ausgefüllten Antragsvordruck Bezug genommen.

Die Beklagte versuchte zunächst, zur Verkehrswertermittlung eine Auskunft der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Katasteramt F. aus der Kaufpreissammlung einzuholen. Nachdem der Bearbeiter mitgeteilt hatte, dass dies wegen Bestehens eines Nießbrauchsrechts nicht möglich sei, bat die Beklagte den Gutachterausschuss um Erstellung eines Wertgutachtens in Kurzform. Nachdem der Bearbe...

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