Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Hilfsmittel. Mikroportanlage. Erforderlichkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Versorgung eines Hörbehinderten mit einer Mikroportanlage ist bei Erwachsenen grundsätzlich nicht erforderlich iS des § 33 Abs 1 SGB 5.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 14. Januar 1997 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für die Berufungsinstanz nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger ein sog. Mikroportgerät als Hilfsmittel zur Verfügung stellen muß.

Der 1945 geborene Kläger ist bei der Beklagten aufgrund der ihm gewährten Erwerbsunfähigkeitsrente Pflichtmitglied. Im Juni 1994 beantragte er unter Vorlage eines Rezeptes des HNO-Arztes Dr. N und eines Kostenvoranschlages der Fa. G über insgesamt 4.361,15 DM die Versorgung mit einem Mikroportgerät. Dabei handelt es sich um eine Anlage, die per Funk eine Kommunikation auch auf größerer Entfernung in der Form erleichtert, daß der Gesprächspartner, Fernseher oder Radio von dem Mikrofon oder dem galvanischen Anschluß eines Senders aufgenommen und drahtlos über einen Empfänger direkt an das Hörgerät übermittelt wird. Das Gerät selbst trägt der Betroffene um den Hals mit einer Verbindung zum Ohr.

Mit Bescheid vom 3. August 1994 lehnte die Beklagte nach vorheriger Anhörung des Klägers die Kostenübernahme ab und führte hierzu aus, eine Kostenübernahme für eine drahtlose Übertragungsanlage könne nur erfolgen, wenn mit dieser Anlage erreicht werde, daß ein hörgeschädigtes Kind eine normale Schule besuchen oder im Rahmen der Frühförderung hörbehinderter Kleinkinder in der Phase des primären Spracherwerbs die Sprachentwicklung gefördert und verbessert werden könne. Seinen hiergegen erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, die vom Bundessozialgericht (BSG) in der Entscheidung vom 26. Mai 1983 und von der Beklagten vertretene Auffassung treffe heute so nicht mehr zu. Maßgebliches Kriterium für die Leistungspflicht sei die Notwendigkeit zur wesentlichen Verbesserung der elementaren Lebensbetätigungen. Das BSG habe im übrigen die Kostenübernahme nicht nur auf Kinder mit Schulbesuch beschränkt, sondern ausgeführt, daß diese drahtlose Übertragungsanlage auch in anderen Fällen wirksam werden könne, bei denen ein Vortragender vor einer größeren Zuhörergruppe spreche und bereit sei, den Sender anzulegen. Die Anlage sei unmittelbar auf den Ausgleich von Hörbehinderungen gerichtet, denn sie diene der Differenzierung von Geräuschen durch den Hörenden, wenn sich der Vortragende bewege. Dafür reichten Hörgeräte normaler Art nicht aus. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 1995 zurück. Zur Begründung verwies sie im wesentlichen auf das nach § 128 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) erstellte Heilmittelverzeichnis, wonach die Kostenübernahme für eine drahtlose Übertragungsanlage dann in Betracht komme, wenn mit dieser die im Ablehnungsbescheid genannten Ziele erreicht würden. Der Widerspruchsbescheid ist dem Kläger am 16. Mai 1995 zugestellt worden.

Hiergegen hat der Kläger am 16. Juni 1995 Klage beim Sozialgericht Lübeck erhoben und zur Begründung ergänzend vorgetragen: Er sei aufgrund seiner praktisch bestehenden Taubheit bereits seit einigen Jahren Erwerbsunfähigkeitsrentner. Mit der Mikroportanlage sei es ihm überhaupt etwas möglich, Gesprächen mit anderen Mitmenschen zu folgen und zu führen und sich zu artikulieren. Diese direkte Art der zwischenmenschlichen Verständigung, die Unterhaltung in Form eines Gespräches, sei wesentlicher Teil der menschlichen Natur und für die Entwicklung wie auch die derzeitige geistige und seelische Verfassung eines Menschen wohl unverzichtbar. Unverzichtbar sei die Mikroportanlage auch deshalb, weil sie eine Verstärkung über 100 dB erreichen könne und gleichzeitig Nebengeräusche reduziere bzw. wegfiltere. Ihm sei es bisher nicht möglich, bei einem Abstand von mehr als einem Meter mit anderen Menschen zu kommunizieren. Darüber hinaus ermögliche es diese Anlage, daß er an alltäglichen Veranstaltungen, wie Kino, Theater, Volkshochschule etc., teilnehmen könne. Dem üblichen Hörgerät seien enge Grenzen gesetzt. Diese überschreite die Mikroportanlage weitaus. Sie helfe bei seiner Mobilität und der Erhaltung der Sprachfähigkeit. Aus bei ihm angefertigten Audiogrammen ergebe sich u.a., daß die noch vorhandenen Hörreste links mit 100 bzw. 110 dB verstärkt werden müßten, um eine Verständigung zu erzielen. Diese Verstärkung lasse sich mit einem normalen Hörgerät nicht erzielen. Dessen maximale Verstärkung liege derzeit bei 85 dB.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 3. August 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 1995 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Mikroportgerät zur Verfügung zu stellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie auf den Widerspru...

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