Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Zulassung eines strukturierten Behandlungsprogramms für die Versorgung von Brustkrebspatientinnen

 

Orientierungssatz

Zur Zulassung eines strukturierten Behandlungsprogramms für die Versorgung von Brustkrebspatientinnen (DMP-Brustkrebs) durch die Aufsichtsbehörde, wenn die Anforderungen nach § 137f Abs 2 S 2 SGB 5 bis auf eine Ausnahme erfüllt werden.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 21.06.2011; Aktenzeichen B 1 KR 21/10 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 13. Januar 2009 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, das strukturierte Behandlungsprogramm AOK Curaplan Brustkrebs für die Region Schleswig-Holstein mit Ausnahme des in Anlage 4 aufgeführten streitigen Zusatzes “(Außer Patientinnen in Studien zur Sentinel-LK-Biopsie)„ ab 1. Juli 2004 zuzulassen.

Die weiter gehende Klage wird ab-, die weiter gehende Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Zeitpunkt der Zulassung eines strukturierten Behandlungsprogramms (Disease-Management-Programm-DMP) für die Versorgung von Brustkrebspatientinnen.

Die Landesverbände der Krankenkassen Schleswig-Holsteins, die Ersatzkassenverbände, die Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein und die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein vereinbarten im Oktober/November 2003 nach § 140b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ein strukturiertes, sektorenübergreifendes Behandlungsprogramm Curaplan Brustkrebs. Die Anlage 3 zu dieser Vereinbarung, in der die Versorgungsinhalte dargestellt sind, entspricht der Anlage 3 der 4. Verordnung zur Änderung der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung (RSAV). Unter Ziffer 1.4.3.6 (operative Therapie der Axilla) dieser Anlage ist geregelt:

“Die Axilladissektion sollte bei allen Patientinnen mit einem invasiven operablen Mammakarzinom durchgeführt werden. Aus Level I und II sollten hierbei insgesamt mindestens zehn Lymphknoten entfernt und untersucht werden. Nur bei klinischem Befall dieser Level sollte auch die Entfernung von Lymphknoten des Levels III erfolgen.

Auf die axilläre Lymphonodektomie kann verzichtet werden bei mikroinvasiven Karzinomen ((= 2 mm), bei tubulären Karzinomen, die kleiner als 1 cm sind sowie bei im Gesunden exstirpierten BCIS.„

In Anlage 4 zu der Vereinbarung der Vertragspartner ist die Qualitätssicherung geregelt. In dem Abschnitt über die pathohistologischen Untersuchungen ist unter der Rubrik der QS-Indikatoren aufgeführt:

“Möglichst viele Behandlungsfälle mit Entfernung von mindestens zehn LK bei Axilladissektion bei allen invasiven Karzinomen (außer Patientinnen in Studien zur Sentinel-LK-Biopsie).„

Die Sentinel-LK-Biopsie ist eine (neue) Behandlungsmethode, die auf der Annahme beruht, dass ein bestimmter so genannter Wächter-Lymphknoten Aufschluss gibt über einen Metastasenbefall. Bei ihm soll die höchste Wahrscheinlichkeit für einen derartigen Befall gegeben sein und es wird davon ausgegangen, dass eine Entfernung weiterer Lymphknoten nicht erforderlich ist, wenn er frei von Metastasen ist. Die Sentinel-LK-Biopsie wurde zum 1. Februar 2006 in die RSAV bzw. deren Anlagen als DMP-konforme Behandlungsmethode aufgenommen.

Das DMP-Brustkrebs-Programm vom Oktober/November 2003 sollte nach Absprache mit den am Programm beteiligten Vertragspartnern ab 1. April 2004 wirksam werden; nach Angaben der Klägerin wurde es mit Wirkung vom 1. Juli 2004 vollzogen, ab dem die Klägerin die Zulassung begehrt.

Die Beklagte überprüfte die Vereinbarung und bemängelte eine Reihe von Passagen, die nicht Gegenstand dieses Verfahrens sind. Mit Schreiben vom 5. Oktober 2004 teilte sie der Klägerin mit, dass die Ausnahmeregelung von der Mindestzahl der zu entnehmenden Lymphknoten nach Maßgabe der Methode der Sentinel-LK-Biopsie rechtswidrig sei und entfernt werden müsse, da sie mit der Anlage 3 zur RSAV nicht übereinstimme. Der Mangel sei so wesentlich, dass eine rückwirkende Heilung auch nach erfolgter Nachbesserung nicht möglich sei und eine Zulassung daher frühestens ab dem Zeitpunkt seiner Behebung wirksam werden könne. Der Antrag sei daher dem Grunde nach nicht zulassungsfähig. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2004 erläuterte die Klägerin, dass an der Universitätsklinik K. eine Modellstudie über das Verfahren mit der Sentinel-LK-Biopsie durchgeführt werde. Patientinnen, die an dieser Studie teilnähmen, sollten von dem DMP-Brustkrebs nicht ausgeschlossen werden. Gegenstand der Regelung in der Anlage 4 sei es nicht, das Verfahren als RSAV-konform zu verankern. Sie teilte ergänzend am 1. November 2004 mit, dass nach Rücksprache mit dem Ärztlichen Leiter der Studie über die Sentinel-LK-Biopsie an der Universität K. keine der Frauen, die im Rahmen der Studie nach diesem Verfahren operiert worden seien, DMP-Teilnehmerin gewesen sei. Die Vertragsunterlagen würden zügig wie angefordert angepasst. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2004 teilte die Beklagte der Klägerin erne...

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