Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirtschaftlichkeitsprüfungseinrichtung. Kompetenz. Geltendmachung. Schadenersatzanspruch. unzulässige Arzneimittelverordnung

 

Orientierungssatz

Zur Kompetenz der Wirtschaftlichkeitsprüfungseinrichtungen hinsichtlich der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen wegen unzulässiger Verordnung von Arzneimitteln durch einen Vertragsarzt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.03.2001; Aktenzeichen B 6 KA 19/00 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen von der Beigeladenen zu 1) geltend gemachten Anspruch auf Schadensersatz wegen unzulässiger Verordnung von Arzneimitteln durch den Kläger in den Quartalen III und IV/95.

Der Kläger ist seit 1992 als praktischer Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Am 27. Juni 1996 stellte die Beigeladenen zu 1) für das Quartal III/95 bei dem Prüfungsausschuß einen "Antrag auf Feststellung eines sonstigen Schadens gemäß § 12 der Prüfvereinbarung vom 15. März 1995" (gemeint offenbar die Prüfvereinbarung vom 5. Mai 1995). In der Antragsschrift ist ausgeführt: Der Kläger habe durch Nichtbeachtung der Arzneimittelrichtlinien Nummern 8, 17.1 f, 17.1 j, 17.1 1, 17.1 o, 17.2 h, 19, 22 und 23 einen Schaden in Höhe von 5.491,68 DM verursacht. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 21. Juli 1998 (6 RK 11/88) seien auch unzulässige Verordnungen (z.B. ein Verstoß gegen die Arzneimittelrichtlinien Nr. 17.1) als unwirtschaftlich in einem weiteren Sinne anzusehen. Aus diesem Grunde werde der Antrag nach § 12 der Prüfvereinbarung gestellt. Hierzu sei zu bemerken, daß ein Verschulden in der Nichtbeachtung der verbindlichen und den Kassenärzten bekannt gemachten Arzneimittelrichtlinien gesehen werde. In der Antragsbegründung sind sodann neben der Beanstandung, es seien nach den Nrn. 16 und 17 der Arzneimittelrichtlinien nicht verordnungsfähige Arzneimittel bzw. Präparate verordnet worden, vor allem Ausführungen dazu enthalten, daß Verordnungen insbesondere für Drogenabhängige und Suchtkranke erfolgt seien, die medizinisch nicht vertretbar seien, z.B. auch mit dem Betäubungsmittelgesetz nicht in Einklang stünden.

Einen im wesentlichen gleich begründeten Antrag stellte die Beigeladene zu 1) am 24. September 1996 beim Prüfungsausschuß für das Quartal IV/95. Den Schaden für dieses Quartal bezifferte sie mit 4.029,69 DM.

Mit Bescheid vom 10. März 1997 setzte der Prüfungsausschuß einen Schadensersatzbetrag für beide Quartale in Höhe von 8.260,61 DM fest. Einige von dem Beklagten beanstandete Verordnungen sah er als im Einklang mit den Arzneimittelrichtlinien befindlich an.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit auf dem in seiner Sitzung vom 28. Mai 1997 gefaßten Beschluß beruhenden Widerspruchsbescheid vom 25. September 1997 zurück.

Zur Begründung seiner am 22. Oktober 1997 beim Sozialgericht Kiel erhobenen Klage hat der Kläger einzelfallbezogen geltend gemacht, er habe nicht gegen die Arzneimittelrichtlinien verstoßen und bei dem drogenabhängigen Patienten, hinsichtlich dessen die Beigeladene zu 1) seine Verordnungen insbesondere beanstandet habe, inzwischen eine Drogenabstinenz erreicht.

Mit Urteil vom 23. September 1998 hat das Sozialgericht den Bescheid des Beklagten insoweit aufgehoben, als darin ein höherer Schadensersatz als 1.196,17 DM festgesetzt worden ist.

Gegen dieses ihr am 4. Dezember 1998 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. Dezember 1998 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegte Berufung der Beigeladenen zu 1). Mit dieser macht sie insbesondere geltend, der Kläger habe dadurch, daß er über Jahre bei ihr, der Beigeladenen zu 1), versicherten Drogenabhängigen eine polypragmatische Substitutionsbehandlung mit Medikamenten, die ein eigenes Suchtpotential besäßen, durchgeführt habe, eine unzulässige Drogensubstitution betrieben, die medizinisch nicht vertretbar sei. Zur weiteren Begründung ihrer Berufung hat sie sich auf Gutachten des Arztes für Psychiatrie Dr. von S, Medizinischer Dienst der Krankenversicherung in Hessen, sowie des Leitenden Arztes des Fachkrankenhauses Nordfriesland, Dr. S, berufen.

Die Beigeladene zu 1) beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 23. September 1998 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er macht weiterhin geltend, mit seiner Behandlung drogen- und suchtkranker Patienten habe er nicht gegen die Arzneimittelrichtlinien verstoßen, sondern sich unter Berücksichtigung der Behandlungsnotwendigkeiten im Rahmen seiner Therapiefreiheit gehalten.

Der Beklagte schließt sich dem Antrag der Beigeladenen zu 1) an.

In der Berufungsverhandlung, in der der Kläger gehört worden ist, lagen neben den Gerichtsakten die die genannten Quartale betreffenden Wirtschaftlichkeitsprüfungsvorgänge vor, die vom Beklagten eingereicht worden sind.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist nur zum geringeren Teil begründet.

Allerdings ergibt sich die Bestätigung des Urteils des Sozialgerichts zum überwiegenden Teil nicht daraus, d...

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