Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfeverfahren. Ablehnung der Bewilligung wegen Tod des Antragstellers. Ausschluss der Beschwerde gegen Ablehnungsentscheidung. Streitgegenstand. Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf

 

Leitsatz (amtlich)

Lehnt das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung ab, dass der PKH-Antrag mit dem Tod der Klägerin gegenstandslos geworden sei, weil PKH nach dem Tod des jeweiligen Antragstellers nicht mehr bewilligt werden dürfe, ist die Beschwerde dagegen nach § 172 Abs 3 Nr 2 Buchst a SGG ausgeschlossen.

 

Orientierungssatz

Ein Mehrbedarf kann kein selbständiger Streitgegenstand sein. Deshalb ist die Ablehnung seiner Berücksichtigung durch Bescheid jeweils - im Sinne der Ablehnung einer Änderungsentscheidung nach § 48 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB 10 - in Beziehung zur aktuellen Bewilligungsentscheidung über Arbeitslosengeld II zu setzen (vgl BSG vom 26.5.2011 - B 14 AS 146/10 R = BSGE 108, 235 = SozR 4-4200 § 20 Nr 13).

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 5. September 2018 wird verworfen.

Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

 

Gründe

I.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die am 3. Juli 2017 von der zwischenzeitlich am ... 2018 verstorbenen Klägerin beantragte und vom Sozialgericht  Kiel abgelehnte Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren S 43 AS 445/17, mit der die Klägerin einen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs nach § 23 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) verfolgt hatte.

Das Sozialgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit folgender Begründung abgelehnt: Der PKH-Antrag sei mit dem Tod der Klägerin gegenstandslos geworden. Eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe dürfe nach dem Tod des jeweiligen Antragstellers nicht mehr erfolgen. Es sei nicht Zweck der Prozesskostenhilfe, dem die Partei vertretenden Anwalt einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse zu verschaffen. Maßgeblich sei stets, ob der PKH-Antragsteller der Hilfe aktuell noch bedürfe. Jedenfalls sei der PKH-Antrag aber zu Lebzeiten der Klägerin auch nicht entscheidungsreif gewesen, weil angeforderte Kontoauszüge noch nicht eingereicht worden seien.

Mit der Beschwerde macht der Prozessbevollmächtigte der Klägerin geltend, dass nach der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts ein zu Lebzeiten gestellter PKH-Antrag nicht allein deshalb abzulehnen sei, weil der Antragsteller verstorben sei (LSG Schleswig, Beschluss vom 17. Februar 2010 - L 9 B 28/09 SO PKH). Vielmehr komme die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ausnahmsweise auch nach dem Tod des Antragstellers in Betracht, wenn bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang Prozesskostenhilfe noch zu Lebzeiten hätte bewilligt werden können. So liege der Fall hier, weil die Klägerin ihre Bedürftigkeit bereits mit Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 27. Juni 2017 glaubhaft gemacht habe.

II.

Die form- und fristgerecht erhobene (vgl. § 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) Beschwerde ist unstatthaft und damit als unzulässig zu verwerfen.

Nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 lit. a SGG ist die Beschwerde ausgeschlossen gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Ob die Ablehnungsentscheidung die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe betrifft, ist systematisch anhand der in § 114 Satz 1 ZPO geregelten Grundvoraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu bestimmen. Danach sind die Voraussetzungen des Ausschlussgrundes des § 172 Abs. 3 Nr. 2 lit. a SGB II dann erfüllt, wenn die Ablehnung nicht aus Gründen fehlender hinreichender Erfolgsaussichten oder wegen der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung erfolgt (vgl. Karl in: jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 172 Rn. 171 ff.). Daran gemessen ist hier die Beschwerde ausgeschlossen. Das Sozialgericht hat seine Ablehnungsentscheidung allein damit begründet, dass die Klägerin aufgrund ihres Todes der Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht mehr bedürfe; die Ablehnungsentscheidung erging damit auch im Wortsinn wegen der persönlichen Voraussetzungen ohne Rücksicht auf möglicherweise (bis dahin) bestehende Erfolgsaussichten oder die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung.

Damit kann dahinstehen, ob die Beschwerde auch deshalb unstatthaft ist, weil der Beschwerdewert nicht erreicht ist, da in der Hauptsache eine Berufung der Zulassung bedürfte (§ 172 Abs. 3 Nr. 2 lit. b SGB II). Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass ein Mehrbedarf kein selbständiger Streitgegenstand sein kann und deshalb die Ablehnung seiner Berücksichtigung durch Bescheid jeweils - im Sinne der Ablehnung einer Änderungsentscheidung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) - in Beziehung zu setzen ist zur aktuellen Bewilligungsen...

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