rechtskräftig: ja

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

aufschiebende Wirkung. Rückforderung. Erstattung. Aufhebung. Anfechtungsklage. Hilfebedürftigkeit. Eheähnliche Gemeinschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Verwaltungsakten, die über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheiden, gehören auch Aufhebungs- und Erstattungsbescheide.

 

Normenkette

SGG §§ 86a, 86b; SGB II § 39 Nr. 1; SGB X §§ 45, 48, 50; SGG § 86a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 4, § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2; SGB II § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 3 Nrn. 1, 3, § 9 Abs. 1, 2 S. 1

 

Verfahrensgang

SG Schleswig (Beschluss vom 20.04.2006; Aktenzeichen S 2 AS 302/06)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 20. April 2006 aufgehoben, soweit darin die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom 6. April 2006 gegen den Erstattungsbescheid vom 20. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2006 festgestellt worden ist.

Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen eine Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung der Antragsgegnerin besteht oder anzuordnen ist.

Die … 1960 geborene Antragstellerin, ihr … 2001 geborener Sohn und dessen Vater, der … 1960 geborene J. K. (nachfolgend K.) bewohnten bis zum 31. August 2005 gemeinsam die 3-Zimmer-Mietwohnung P. Straße … in R.. Hauptmieterin war die Antragstellerin. Die Gesamtmiete betrug 831,90 EUR monatlich. K. teilte der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 30. Oktober 2004 mit, er und die Antragstellerin lebten in der Wohnung getrennt auf 2 Ebenen. Er trage monatlich 600,00 EUR der Gesamtmiete und 120,00 EUR der Telefonkosten. Die Antragstellerin erklärte gegenüber der Antragsgegnerin am 25. November 2004 telefonisch, sie lebe zwar mit K. unter einem Dach, aber auf getrennten Etagen. Die Partnerschaft bestehe seit 3 Jahren nicht mehr.

Mit Bescheid vom 15. Juni 2005 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2005 in Höhe von 772,30 EUR monatlich.

Zum 1. August 2005 bezog die Antragstellerin mit ihrem Sohn sowie K. das gemietete 4-Zimmer-Haus G. Straße … in R.. Die Gesamtmiete beträgt 868,00 EUR monatlich. Hauptmieter sind die Antragstellerin und K.. Letzterer erklärte mit Schreiben vom 20. Dezember 2005 gegenüber der Antragsgegnerin, die Antragstellerin werde von ihm nicht unterstützt.

Mit Bescheid vom 20. Dezember 2005 hob die Antragstellerin ihre Leistungsbewilligung für die Zeit vom 1. September bis zum 31. Dezember 2005 ganz auf und forderte die Erstattung der gewährten Leistungen in Höhe von insgesamt 4.420,98 EUR. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus: Die Antragstellerin habe seit dem 1. September 2005 mit K. in eheähnlicher Gemeinschaft gelebt und sei nicht hilfebedürftig gewesen. Sie habe deshalb Arbeitslosengeld II in Höhe von 3851,50 EUR sowie Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 500,04 EUR und zur Pflegversicherung in Höhe von 59,44 EUR zu Unrecht erhalten.

Den Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 23. März 2006 zurück. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus: Nach der Gesamtschau aller Umstände führe die Antragstellerin mit K. eine eheähnliche Gemeinschaft. Dies sei bereits deshalb anzunehmen, weil K. der Vater des Sohnes der Antragstellerin sei. Gegen eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft spreche ferner, dass sowohl die Antragstellerin als auch K. Hauptmieter des Hauses seien. Gemäß § 7 Abs. 3 SGB II gehöre deshalb auch K. zur Bedarfsgemeinschaft. Sein Einkommen reiche aus, um den Bedarf zu decken. Die Aufhebungsentscheidung richte sich nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X), die Erstattungsentscheidung nach § 50 Abs. 1 SGB X.

Am 6. April 2006 hat die Antragstellerin bei dem Sozialgericht Schleswig Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen: Die Antragsgegnerin wolle ihr jegliche Leistung nehmen. Ihr Existenzminimum sei jedoch nicht gleich Null. Im Übrigen gehe die Antragsgegnerin auch zu Unrecht von einer eheähnlichen Gemeinschaft aus. K. und sie führten getrennte Kassen. Sie hätten getrennte Schlafzimmer und Bäder. Lediglich die Küche werde gemeinsam benutzt. Das Wohnzimmer nutze K. nur selten. Eine Heirat strebe er nicht an. Schließlich sei § 7 Abs. 3 Nr. 3 b SGB II verfassungswidrig.

Der Antragstellerin hat beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom 6. April 2006 gegen den Bescheid vom 20. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2006 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie hat sich auf die angefochtenen Bescheide bezogen. Ergänzend hat sie vorgetragen: Die Antragstellerin habe keinen Anspruch au...

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