Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. Hauptsacheverfahren. Fehlen hinreichender Erfolgsaussichten. maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt. Entscheidungsreife. wirksame Verfolgung des Anspruchs auf Auszahlung bewilligter Leistungen durch gegnerisches Anerkenntnis im korrespondierenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Auswirkungen auf das Rechtsschutzbedürfnis für die Leistungsklage

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Prozesskostenhilfeantrags ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt seiner Entscheidungsreife abzustellen.

2. Entscheidungsreif ist ein Prozesskostenhilfeantrag frühestens zu dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller seinen Antrag schlüssig begründet, die notwendigen Erklärungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen eingereicht und der Gegner Gelegenheit erhalten hat, sich innerhalb einer angemessenen Frist zu äußern.

3. Auf die Erfolgsaussichten bei Eingang des Prozesskostenhilfeantrags ist auch dann nicht abzustellen, wenn sich die Gegenerklärung im Nachhinein als entbehrlich erweist.

4. Sofern ein Anspruch auf Auszahlung bewilligter Leistungen mit einem Eilantrag wirksam verfolgt werden kann, kann es an einem Rechtsschutzbedürfnis für eine parallel erhobene Leistungsklage fehlen.

 

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 16. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der Anspruch der Kläger auf Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren S 34 AS 684/12, mit dem die Kläger die Auszahlung bereits bewilligter Leistungen begehrt haben.

Die Kläger standen bei dem Beklagten im laufenden Bezug von Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld. Mit Bescheid vom 2. März 2012 waren ihnen und der Ehefrau des Klägers zu 1. u. a. für die Monate März bis Juli 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 1.066,42 EUR bewilligt worden. Nachdem den Klägern und der Ehefrau des Klägers zu 1. in den Vormonaten jeweils ca. 560,00 EUR ausbezahlt worden waren - Unterkunftskosten und Tilgungsleistungen für Altschulden wurden an Vermieter und Versorger direkt gezahlt -, erhielten sie für den Monat Juni 2012 - abgesehen von einer Abschlagszahlung von 50,00 EUR - zunächst keine Leistungen.

Am 14. Juni 2012 haben sie beim Sozialgericht Kiel Leistungsklage erhoben, einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und - unter Beifügung einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - Prozesskostenhilfe beantragt. Im Eilverfahren zum Az. S 34 AS 184/12 ER hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 18. Juni 2012 anerkannt, zur Auszahlung der bewilligten Leistungen verpflichtet zu sein und sich zur Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten bereit erklärt. Die Kläger haben dieses Anerkenntnis angenommen.

Im Hauptsacheverfahren zum Az. S 34 AS 684/12 hat der Beklagte mit Schriftsätzen vom 12. bzw. 25. Juli 2012 erklärt, kein Anerkenntnis abgeben zu wollen. Dem Rechtsschutzinteresse der Kläger sei bereits durch das Anerkenntnis im korrespondierenden Eilverfahren entsprochen worden. Ein Kostenanerkenntnis werde nicht abgegeben, da die Erhebung der Leistungsklage neben dem zeitgleich betriebenen Eilverfahren nicht erforderlich gewesen sei.

Mit Beschluss vom 16. Mai 2013 hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Rechtsverfolgung habe im Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags keine hinreichende Erfolgsaussicht (mehr) gehabt. Maßgeblich sei der Zeitpunkt, in dem die Gegenerklärung des Beklagten vom 12. Juli 2012 eingegangen sei. Zu diesem Zeitpunkt habe bereits das Anerkenntnis des Beklagten im Eilverfahren vom 18. Juni 2012 vorgelegen und sei der streitige Betrag schon zu Auszahlung gelangt. Dadurch sei das Rechtsschutzbedürfnis für die Leistungsklage entfallen.

Mit der am 22. Mai 2013 erhobenen Beschwerde gestehen die Kläger zu, dass Entscheidungsreife zwar im Regelfall erst bei Eingang der Gegenerklärung eintrete. Hier sei aber nicht auf die Gegenerklärung vom 12. Juli 2012 im Hauptsacheverfahren, sondern die Gegenerklärung vom 18. Juni 2012 im korrespondierenden Eilverfahren maßgeblich, weil das Gericht bereits mit ihr ausreichende Informationen erhalten habe, um über das Prozesskostenhilfegesuch entscheiden zu können. Vorliegend sei das Rechtsschutzbedürfnis daher nicht vor, sondern frühestens zeitgleich mit dem Eintritt der Bewilligungsreife weggefallen. Weil der Beklagte mit der Gegenerklärung keine sachlichen oder rechtlichen Einwendungen vorgebracht habe, sei es auf diese vorliegend im Übrigen schon gar nicht angekommen, so dass ein Abwarten der Gegenerklärung unzweckmäßig gewesen und Bewilligungsreife damit schon früher eingetreten sei. Auch sonst sei dem Klagebegehren nicht die notwendige Erfolgsaussicht abzusprechen. Namentlich habe es nicht deshalb von vornherein am Rechtsschutzbedürfnis gefehlt, weil di...

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