Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbe und Wirtschaftsrecht (ohne Verkehr). Einzelhandel. Ladenschluß. Antragsbefugnis bei Normenkontrollantrag. Ungültigkeit von Art. 1 Nr. 2 der Ladenschlußänderungsverordnung vom 4.11.1997 (SächsGVBl. S. 573 ff.)

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 8 Abs. 2 a LadSchlG ermöglicht es Betreibern von Verkaufsstellen nicht, mit der Rüge einer Verletzung dieser Vorschrift gegen eine Rechtsverordnung vorzugehen, durch die Konkurrenten in den Genuß einer Verkürzung der allgemeinen Ladenschlußzeiten kommen.

2. Eine die Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO begründende (drohende) mögliche Verletzung der durch Art. 2, 12 und 14 GG geschützten Wettbewerbsfreiheit eines Unternehmers ist erst dann geltend gemacht, wenn dargelegt wird, daß durch eine staatliche Maßnahme die Teilnahme am Wettbewerb so eingeschränkt werden könnte, daß der Unternehmer in seiner Möglichkeit, sich wirtschaftlich zu betätigen, rechtserheblich beeinträchtigt werden würde.

 

Normenkette

GG Art. 2-3, 12, 14; VwGO § 47 Abs. 2 S. 1; LadSchlG § 8 Abs. 2a

 

Tenor

Die Anträge der Antragstellerinnen zu 1 bis 6, Art. 1 Ziff. 2 LSchlVO insoweit für nichtig zu erklären, als diese Rechtsvorschrift die Begrenzung der Verkaufsfläche für den Leipziger Hauptbahnhof von 2.500 qm auf 17.500 qm erhöht, werden abgelehnt.

Die Antragstellerinnen zu 1 bis 6 tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Antragstellerinnen zu 1 bis 6 wenden sich gegen Art. 1 Ziff. 2 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung zur Änderung der Ladenschlußverordnung – Ladenschlußänderungsverordnung (LSchlÄVO) – vom 4.11.1997 (SächsGVBl. S. 573 ff), soweit hierdurch die in § 2 Abs. 2 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über die Ladenschlußzeiten in Kur-, Erholungs-, Ausflugs-, Wallfahrts- und grenznahen Orten sowie auf bestimmten Flughäfen und Bahnhöfen – Ladenschlußverordnung (LSchlVO) – vom 30.11.1993 (SächsGVBl. S. 1125 ff.) für den Hauptbahnhof Leipzig festgesetzte Verkaufsfläche auf 17.500 qm erhöht wird.

Die Antragstellerinnen zu 1 bis 6 sind Inhaberinnen von Einzelhandelsgeschäften im Stadtgebiet von Leipzig; die Geschäfte der Antragstellerinnen zu 1 bis 5 befinden sich innerhalb des Leipziger Rings. Ihr Warenangebot deckt sich zumindest teilweise mit dem Warenangebot von im Leipziger Hauptbahnhof angesiedelten Einzelhandelsgeschäften. Während sich die Antragstellerinnen zu 1 bis 6 an die allgemeinen Ladenschlußzeiten gemäß § 3 LadschlG halten müssen, gelten für die in der am 12.11.1997 im Leipziger Hauptbahnhof eröffneten „Einkaufs-Promenade” angesiedelten Geschäfte gemäß § 2 Abs. 1 LSchlVO verkürzte Ladenschlußzeiten.

§ 2 Abs. 2 LSchlVO lautet nach seiner Änderung durch die Ladenschlußänderungsverordnung, soweit er den Leipziger Hauptbahnhof betrifft:

„Die Verkaufsflächen werden wie folgt begrenzt:

Leipzig Hauptbahnhof insgesamt 17.500 qm

(Anlagen 2 bis 4).”

Die die Ladenschlußverordnung insoweit ändernde Ladenschlußänderungsverordnung enthält gemäß Art. 1 Nr. 4 LSchlÄVO als Anlagen 2 bis 4 Grundrisse von Untergeschoß, Erdgeschoß und ersten Obergeschoß des Einkaufszentrums; sie sind der Ladenschlußverordnung in ihrer geänderten Fassung angefügt.

Mit ihren am 10.12.1997 erhobenen Normenkontrollanträgen tragen die Antragstellerinnen zu 1 bis 6 im wesentlichen vor, daß sie durch die verkürzten Ladenöffnungszeiten für die Geschäfte im Leipziger Hauptbahnhof benachteiligt seien, denn ihnen würden Kunden entzogen. Ihre Chancengleichheit im Wettbewerb sei von § 8 Abs. 2 a LadschlG geschützt; zwar solle das Ladenschlußgesetz primär dem Arbeitnehmerschutz dienen, die Tatsache, daß das Ladenschlußgesetz auch für Verkaufsstellen gelte, in denen keine Arbeitnehmer beschäftigt seien, zeige aber, daß das Ladenschlußgesetz auch die Wettbewerbsneutralität im Blick habe. Dies gelte in besonderem Maß für § 8 Abs. 2 a LadschlG, zumal wenn es – wie hier – um ein Vorhaben dieser Größe und mit diesen Auswirkungen gehe. Durch die Verkürzung der Ladenschlußzeiten für die Geschäfte im Leipziger Hauptbahnhof werde sich der bereits durch das Entstehen einer Vielzahl von Einkaufszentren am Standrand von Leipzig in Gang gesetzte Kundenschwund für die in der Nähe des Leipziger Hauptbahnhofs tätigen Antragstellerinnen zu 1 bis 6 noch verstärken. Durch diese sich unmittelbar zu ihren Lasten auswirkende Wettbewerbsverzerrung seien sie damit aber auch in ihrer von Art. 3, 12 und 14 GG geschützten Wettbewerbs- und Berufsfreiheit beeinträchtigt. So sei bei der Antragstellerin zu 1 während sieben Monaten ein Umsatzrückgang zu verzeichnen; bei den Filialen der Antragstellerin zu 2 seien Umsatzrückgänge von durchschnittlich 13,6 % zu verzeichnen. Bei der Antragstellerin zu 3 sei ein Umsatzrückgang zu verzeichnen, der im besten Monat bei 16 % und im schlechtesten Monat bei 45,2 % Hege. Bei der Antragstellerin zu 4 seien monatliche Umsatzrückgänge zwischen 5 % und 35 % zu verzeichnen. Die Antragstellerin zu 5 kann derzeit noch keine Umsatzzahlen vorweisen. Die Ant...

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