Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage der Eignungsbescheinigung. Überschreitung der Förderungshöchstdauer. BAföG. Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz. Beschwerde

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Amt für Ausbildungsförderung ist an den von der Ausbildungsstätte ausgestellten negativen Leistungsnachweis nur dann nicht gebunden, wenn sich die Bescheinigung als offenkundig unrichtig darstellt.

2. Für die rechtzeitige Vorlage der Eignungsbescheinigung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG ist allein der Auszubildende verantwortlich.

3. Kann der Auszubildende bei Nichtbestehen einer Leistungsnachweisklausur an der ersten Wiederholungsklausur wegen Krankheit nicht teilnehmen, ist ein schwerwiegender Grund für eine spätere Überschreitung der Förderungshöchstdauer i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG zu bejahen, wenn dieser Umstand dazu führt, dass der Auszubildende das vierte Fachsemester wiederholen muss.

 

Normenkette

BAföG § 15 Abs. 3 Nr. 1, § 48 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2

 

Verfahrensgang

VG Leipzig (Beschluss vom 10.05.2005; Aktenzeichen 2 K 454/05)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 10. Mai 2005 – 2 K 454/05 – geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, der Antragstellerin für den Zeitraum Dezember 2004 bis September 2005 Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen.

 

Gründe

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 10.5.2005 ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht den Antrag der Antragstellerin, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr Ausbildungsförderung für den Zeitraum Dezember 2004 bis einschließlich September 2005 in gesetzlicher Höhe zu bewilligen, abgelehnt.

1. Die Antragstellerin begann zum Wintersemester 2002/2003 ihr Medizinstudium an der Universität Leipzig und erhielt ab November 2002 Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Im Sommersemester 2004, ihrem vierten Fachsemester, bestand sie die Klausur im Fach Biochemie nicht. An der einzigen noch in diesem Semester (22.7.2004) angebotenen Wiederholungsklausur konnte sie krankheitsbedingt nicht teilnehmen.

Am 23.7.2004 beantragte sie Ausbildungsförderung für das Wintersemester 2004/2005. Sie fügte ihrem Antrag eine Bescheinigung der Universität Leipzig mit im Wesentlichen folgendem Inhalt bei: Es werde bescheinigt, dass die Antragstellerin regelmäßig an den Seminaren und Praktika im Fach Biochemie teilgenommen habe. Um den für den Erhalt des Seminar-/Praktikumsscheins im Fach Biochemie erforderlichen Leistungsnachweis, der Voraussetzung für die Zulassung zur Ärztlichen Vorprüfung (Physikum) sei, zu erbringen, müsse sie an einer Wiederholungsklausur teilnehmen. An der ersten Wiederholungsklausur am 22.7.2004 habe sie wegen Krankheit nicht teilnehmen können. Da der nächste Wiederholungstermin Ende Oktober/Anfang November 2004 liege, sei eine Teilnahme an der ärztlichen Vorprüfung erst im März 2005 möglich. Der Antragsgegner bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 30.9.2004 Ausbildungsförderung für Oktober und November 2004 und forderte die Antragstellerin zugleich auf, im Dezember 2004 eine Bescheinigung nach § 48 Abs. 1 BAföG nachzureichen sowie einen neuen Förderantrag zu stellen.

Am 7.12.2004 beantragte die Antragstellerin Ausbildungsförderung für das Wintersemester 2004/2005, beginnend mit dem Monat Dezember 2004. Sie fügte ihrem Antrag eine Bescheinigung der Universität Leipzig nach § 48 BAföG bei, in der es im Wesentlichen heißt: Es könne nicht bestätigt werden, dass die Antragstellerin die bei geordnetem Verlauf ihrer Ausbildung bis zum Ende des vierten Fachsemesters üblichen Leistungen am 23.7.2004 erbracht habe. Die Antragstellerin habe erstmals an der Wiederholungsklausur am 12.11.2004 teilgenommen und die für den Erhalt der Scheine im Fach Biochemie erforderliche Punktzahl nicht erreicht. Sie habe entsprechend der Studienordnung der Universität eine weitere Wiederholungsmöglichkeit. Die nächste Klausur finde am 28.1.2005 statt. Damit wäre auch eine Teilnahme an der ärztlichen Vorprüfung im März 2005 möglich.

Mit Bescheid vom 14.12.2004 lehnte der Antragsgegner den Antrag unter Berufung auf § 48 BAföG ab. Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin am 13.1.2005 Widerspruch ein, über den im Hinblick auf das vorliegende Verfahren bislang noch nicht entschieden ist. Zur Begründung führte sie u.a. aus, dass sie an der weiteren Wiederholungsprüfung im Fach Biochemie im Januar 2005 nunmehr erfolgreich teilgenommen habe. Im Hinblick auf ihre Erkrankung könne ihr nicht angelastet werden, dass sie an der ersten Wiederholungsklausur im Juli 2004 nicht habe teilnehmen können.

Am 27.4.2005 suchte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Leipzig um vorläufigen Rechtsschutz nach. Diesen Antrag lehnte das Gericht mit Beschluss vom 10.5.2005 ab.

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