Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Zuwendungen der Deutschen Künstlerhilfe an den Altersrente beziehenden Ehegatten. Nichtberücksichtigung wegen grober Unbilligkeit. Deckung des Bedarfs des anderen Mitglieds der gemischten Bedarfsgemeinschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Die Berücksichtigung von Zuwendungen der Deutschen Künstlerhilfe als Einkommen wäre für den Zuwendungsempfänger grob unbillig bzw würde für ihn eine besondere Härte bedeuten, soweit sie in einer gemischten Bedarfsgemeinschaft den Bedarf einer anderen Person decken sollen.

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 8. Mai 2017 dahingehend abgeändert, dass der Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 25. August 2014 dem Grunde nach verurteilt wird, dem Kläger für Dezember 2013 bis Februar 2014 Arbeitslosengeld II ohne Berücksichtigung der Y.... im November 2013 zugeflossenen 3.000,- € zu erbringen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zur Hälfte zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit ist die abschließende Entscheidung über monatliche Leistungsansprüche für September 2013 bis Februar 2014, ab Dezember 2013 unter Berücksichtigung von Teilbeträgen von 500,- € monatlich einer im November 2013 zugeflossenen Zuwendung von 3.000,- € der Deutschen Künstlerhilfe als Einkommen und Festsetzung zu erstattender Leistungen. Für andere Bewilligungszeiten sind weitere Rechtsstreitigkeiten der Beteiligten beim erkennenden Gericht (vgl. Urteil v. selben Tag - L 7 AS 653/17 für April bis August 2014) und SG anhängig.

Der 1959 geborene Kläger ist mit der 1944 geborenen Y.... verheiratet, mit der er seit dem 11.01.2016 getrennt lebt (Vereinbarung v. selben Tag). Beide sind freiberuflich tätig, er ua. als Publizist, sie als Künstlerin (vgl. auch http://www.ateliertarmonk.com).

Sie leben zusammen im schuldenfreien Haus (376 m² Grundstücksfläche, 130 m² Wohnfläche, Obergeschoß selbst genutzt, Erdgeschoß zunächst leerstehend) von Frau Y...., seit Januar 2016 in getrennten Räumen. Die Heizung wird mit Gas betrieben. Aus monatlich unterschiedlich anfallenden Gesamtaufwendungen aus 2012 und 2013 errechnete der Beklagte für 2013 Durchschnittswerte der Kosten für Unterkunft (116,70 € monatlich) und Heizung (212,02 €).

Frau Y.... bezieht eine Rente wegen Alters, ab Juli 2013 mit einem monatlichen Zahlbetrag von 456,83 €.

Weiterhin erhält Frau Y.... als auf Dauer geförderte Künstlerin eine jährliche Zuwendung aus Mitteln der Deutschen Künstlerhilfe, die jeweils in drei Abschlägen gezahlt wird (regelmäßig Anfang April, August und Dezember eines Jahres), deren Jahresbetrag ab April 2015 von 6.300,- € auf 6.900,- € aufgestockt wurde, und die im November 2013 und Dezember 2014 höher als angekündigt ausfielen (vgl. Schreiben des Bundespräsidialamts v. 11.01.2012 [richtig wohl: 2013], 28.11.2013, 28.07.2014, 28.11.2014 und 26.02.2015). Zahlungen erfolgten 2013 und 2014 am 04.04.2013 (2.100,- €), 01.08.2013 (2.100,- €), 29.11.2013 (3.000,- €), 01.04.2014 (2.100,- €), 01.08.2014 (2.100,- €) und 01.12.2014 (3.100,- €).

Am 16.09.2013 beantragte der Kläger - nach Leistungsbezug mit Frau Y.... von Juli bis Oktober 2008 (Bescheid v. 01.06.2010) - erneut beim beklagten Jobcenter Arbeitslosengeld (Alg) II. Auf Nachfrage des Beklagten legte Frau Y.... ein Schreiben des Bundespräsidialamts vom 04.10.2013 über die Deutschen Künstlerhilfe und deren Zuwendungen vor, wonach diese „bei der Berechnung von Sozialhilfeleistungen nicht berücksichtigt werden.“

Der Beklagte bewilligte dem Kläger vorläufig ohne Berücksichtigung von eigenem Einkommen für September bis November 2013 monatlich 509,36 € (345,- € Regelbedarf sowie 164,36 € Bedarfe für Unterkunft und Heizung) und für Dezember 2013 bis Februar 2014 monatlich 333,17 € (monatlich 176,19 € als zu berücksichtigendes Einkommen von Frau Y...., dabei 2.100,- € mit Teilbeträgen von 350,- € monatlich einbeziehend; Bescheid v. 15.10.2013). Dagegen erhob der Kläger am 28.10.2013 Widerspruch (Az. des Beklagten: W ….3).

Nach Neufestsetzung der Regelbedarfe (hier: 353,- €) bewilligte der Beklagte dem Kläger für Januar bis Februar 2014 monatlich 341,17 € (Bescheid v. 23.11.2013). Die Vorläufigkeit bleibe bei bisheriger entsprechender Bewilligung bestehen.

Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 15.10.2013 zurück (Widerspruchsbescheid v. 13.01.2014, W ….). Das den Bedarf von Frau Y.... übersteigende Einkommen (Altersrente und Künstlerhilfe) sei beim Kläger zu berücksichtigen, in Kenntnis der tatsächlichen Zuwendung im November 2013 für Dezember 2013 in Höhe von 397,72 € und ab Januar 2014 in Höhe von 378,72 €. Damit ergebe sich kein höherer, sondern ein geringerer Leistungsanspruch des Klägers.

Mit Bescheid vom 15.01.2014 änderte der Beklagte die vorläufige Bewilligung für Februar 2014 auf 210,17 €. Dagegen erhob der Kläger am 12.02...

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