Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Kostenerstattung einer Auslandsbehandlung (hier: Augenoperation in Israel). Möglichkeit der Inlandsbehandlung. vorherige Beantragung bei Krankenkasse. Regelung des § 18 SGB 5 verdrängt Anwendung des § 13 Abs 3 SGB 5

 

Orientierungssatz

1. Um den Zugang zu einer Auslandskrankenbehandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu eröffnen, darf im Inland keine dem in § 18 Abs 1 SGB 5 genannten Standard entsprechende Behandlung der beim Versicherten bestehenden Erkrankung möglich sein. Warum die Behandlung in Deutschland nicht durchgeführt werden kann und ob dafür qualitative oder quantitative Aspekte maßgeblich sind, ist unerheblich. Abgesehen von den Fällen, in denen ein im Ausland für eine bestimmte Erkrankung entwickeltes Therapieverfahren oder ein neues medizinisch-technisches Gerät noch nicht verfügbar oder in denen die gebotene Therapie wegen der erforderlichen klimatischen Bedingungen ortsgebunden ist (vgl BSG vom 23.11.1995 - 1 RK 5/95 = SozR 3-2500 § 18 Nr 1), greift die Regelung auch ein, wenn die Behandlung im Inland zwar an sich möglich ist, aber wegen fehlender Kapazitäten oder aus anderen Gründen nicht rechtzeitig erfolgen kann.

2. Die in § 18 Abs 1 SGB 5 vorausgesetzte Notwendigkeit, mit Hilfe der Auslandsbehandlung eine Lücke in der medizinischen Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland zu schließen, besteht nur, wenn eine im Geltungsbereich des SGB 5 nicht behandelbare Krankheit im Ausland mit der erforderlichen Erfolgsaussicht behandelt werden kann, und nicht schon dann, wenn das im Ausland angebotene Leistungsspektrum lediglich andere medizinische Maßnahmen umfasst, ohne im Ergebnis die Behandlungsmöglichkeiten für die beim Versicherten bestehende Krankheit entscheidend zu verbessern.

3. Bei einer Behandlung, zu der sich ein Versicherter ins Ausland begibt, kommt eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen des § 18 Abs 1 SGB 5 erfüllt sind und der Versicherte die Kostenübernahme vor Behandlungsbeginn beantragt und der Kasse Gelegenheit zur Prüfung und Entscheidung gegeben hat.

4. Die Regelung des § 18 SGB 5 stellt eine abschließende Sonderregelung bei Behandlungen im Ausland dar und verdrängt die Anwendung des § 13 Abs 3 SGB 5.

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 10. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung der Kosten für eine bei ihr in Israel durchgeführte Augenoperation.

Die 1957 geborene Klägerin, die bei der Beklagten versichert ist, leidet auf beiden Augen an mittlerer Myopie und auf dem linken Auge an einer Amotio retinae (Netzhautablösung). Wegen der Netzhautablösung wurde am 22. Juni 1998 eine Kryoretinopexie mit Plombenaufnähung, am 24. Juli 1998 eine Gasauffüllung SF6 und am 03. August 1998 eine Cerclage (mittels eines Silikonbandes) ausgeführt. Die Netzhautablösung persistierte gleichwohl. Am 20. Oktober 1998 wurde in der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde der Universität L. die Plombe entfernt. Im Entlassungsbericht dieser Klinik vom 21. Oktober 1998 wurde bei nach wie vor bestehender Amotio retinae eine Pars-plana-Vitrektomie dringend angeraten.

Am 15. Dezember 1998 stellte sich die Klägerin, weil sie kein Vertrauen in die Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde der Universität L. mehr hatte, zur weiteren Behandlung in der Augenklinik und Poliklinik der Medizinischen Fakultät der Universität R. vor. Im dortigen Bericht vom 21. Dezember 1998 wurde ausgeführt, man habe der Klägerin dringend eine Pars-plana-Vitrektomie mit Membranpeeling und eventueller Ölfüllung empfohlen. Sie lehne gegenwärtig jeden operativen Eingriff ab. Man habe die Klägerin darüber aufgeklärt, dass diese Art der Operation an einer Universitätsklinik in ihrer Nähe durchgeführt werden könne. Man bitte (bezogen auf die behandelnde Augenärztin) um die Übernahme der weiteren Kontrolluntersuchungen und - bei Operationswunsch - um direkte Anmeldung der Klägerin zur Pars-plana-Vitrektomie.

Vom 29. Dezember 1998 bis 03. Januar 1999 befand sich die Klägerin in Israel und konsultierte Prof. Dr. L1. sowie Dr. L. (mittlerweile mit Professur) im Tel Aviv S. Medical Center.

In einem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) zur Arbeitsunfähigkeit der Klägerin gelangte der Sachverständige Dr. F1. (Gutachten vom 20. Januar 1999) zu der Einschätzung, trotz der zahlreichen Operationen liege die Netzhaut am linken Auge weiterhin nicht an (subtotale Ablatio retinae). In den nächsten zwei bis drei Wochen sei die Operation in Angriff zu nehmen. Die Klägerin wolle keine Vitrektomie mit Silikonfüllung. Sie suche eine Augenklinik, die die Cerclage entferne und eine Vitrektomie nur mit Gas vornehme.

Am 02. Februar 1999 erwarb die Klägerin am Flughafen Dresden ein Flugticket für die Route Dr...

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