Verfahrensgang

SG Chemnitz (Urteil vom 09.12.1999; Aktenzeichen S 11 RJ 560/98)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 09.12.1999 aufgehoben, soweit darin dem Kläger Leistungen wegen Erwerbsunfähigkeit für den Zeitraum vom 01.10.1997 bis zum 30.06.1998 zugesprochen worden sind. Die Klage wird insoweit abgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der am … geborene Kläger verfügt über keine, abgeschlossene Berufsausbildung. Er beendete am 07.07.1958 nach acht Schuljahren und Erreichen der 5. Klasse die Schule. In der Zeit vom 01.09.1958 bis zum 31.12.1976 arbeitete er nach eigenen Angaben, für die im Rahmen der Kontenklärung teilweise keine Nachweise erbracht werden konnten, als Tiefbauarbeiter (01.09.1958 bis 12.06.1960), Hilfsarbeiter in einer Ziegelei (13.06.1960 bis 30.11.1961), Chemiearbeiter bzw. Anlagenfahrer in einem Mineralölwerk (03.12.1962 bis 05.09.1963) und in den L.-Werken (11.09.1963 bis 18.07.1965), Arbeiter in einer Zuckerfabrik (01.08.1965 bis 02.02.1966), Kellner im Bierzelt eines Schaustellers (05.02.1966 bis 05.11.1968), Betonarbeiter (06.11.1968 bis 13.01.1969), Transportarbeiter (24.02.1969 bis 31.03.1969) und Maurer (21.09.1969 bis 10.05.1972 und 20.05.1976 bis 13.12.1976). Vom 01.01.1977 bis zum 31.12.1995 war er bei verschiedenen Arbeitgebern, zuletzt bei einer Grundstücksservicegesellschaft, als Hausmeister beschäftigt. Der Arbeitgeber kündigte das Beschäftigungsverhältnis wegen fehlender Wirtschaftlichkeit des Vollzeitarbeitsplatzes. Seit dem 01.01.1996 ist der Kläger beschäftigungslos und nach anfänglicher Arbeitsunfähigkeit seit dem 04.03.1996 arbeitslos mit Bezug von Lohnersatzleistungen der Bundesanstalt für Arbeit. Ab dem 06.01.1998 war er beim Krankenversicherungsträger wieder als arbeitsunfähig gemeldet und bezog bis zur Aussteuerung am 02.09.1998 Krankengeld, danach wiederum Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit.

Wegen zunehmender belastungsabhängiger Schmerzen in der rechten Wade unterzog sich der Kläger am 12.06.1997 einer halboffenen Thrombendarteriektomie der Arteria iliaca externa und der Arteria femoralis communis.

Aus der auf seinen Antrag vom 01.10.1997 hin anschließend vom 11.11.1997 bis zum 02.12.1997 durchgeführten medizinischen Maßnahme der Rehabilitation wurde er als vollschichtig arbeitsfähig für leichte Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen entlassen. Beschwerden im Sinne einer Claudicatio intermittens wurden im Entlassungsbericht nicht festgestellt.

Am 06.01.1998 beantragte der Kläger Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Als Grund gab er an, dass er sich nach der operativen Behandlung der Gefäßerkrankung zu keinerlei Arbeiten mehr im Stande sehe.

Die Beklagte lehnte nach Auswertung einer Auskunft des Krankenversicherungsträgers, der Behandlungsberichte vom 22.05.1997, 23.06.1997, 30.06.1997, 04.07.1997 und 10.09.1997, des Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 22.09.1997 sowie des Entlassungsberichts vom 10.12.1997 durch Bescheid vom 05.02.1998 den Antrag auf Rente ab. Der Kläger sei weder berufs- noch erwerbsunfähig. Mit den festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch die Operation einer peripheren arteriellen Durchblutungsstörung, Narbenbeschwerden, Adipositas und Bluthochdruck könne er noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig Arbeiten ausführen.

Hiergegen legte der Kläger am 18.02.1998 Widerspruch ein, in dem er auf die aktuellen Befunde seiner behandelnden Ärzte verwies.

Die Beklagte holte nochmals einen Befundbericht der Fachärztin für Innere Medizin Dr. med. S. vom 14.08.1999 ein, die einen Zustand nach Thrombendarteriektomie und Patchplastik wegen des Arterienverschlusses, Arteriosklerose der Aorta abdominalis und der Beingefäße, Bandscheibendegeneration LW 3/4, 4/5 und LW/S 1 mit radikulärer Irritation sowie Verdacht auf Fixierung neuraler Strukturen im Bereich der Operationsnarbe diagnostiziert und angibt, der Kläger könne wegen Schmerzen im Bereich der rechten Leiste mit Ausstrahlung in den Oberschenkel beim Laufen und Parästhesien im Bereich des vorderen Oberschenkels nur noch kurze Wege schmerzfrei zurücklegen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 22.06.1998, an den Kläger mit eingeschriebenem Brief am 23.06.1998 abgesandt, zurück. Mit den bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen sei der Kläger noch in der Lage, vollschichtig leichte Arbeiten in wechselnder Arbeitshaltung ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, ohne häufiges Klettern oder Steigen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten. Als angelernter Arbeiter sei er auf alle ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verweisen mit Ausnahme solcher, die nur geringen qualitativen Wert hab...

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