Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Auswahl der Leistungen und Bestimmung des persönlichen Budgets. Anspruch auf Eingliederungshilfe, Hilfe zur Pflege und Pflegegeld

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Auswahl der Leistungen und Bestimmung des persönlichen Budgets bei einem Anspruch auf Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, auf ergänzende Hilfe zur Pflege und auf Pflegegeld.

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 19. Oktober 2007 abgeändert.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin ab dem 1. September 2008 vorläufig bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens, längstens jedoch bis zum 31. März 2009, jedoch nicht länger als bis zum Ende des Studiums der Antragstellerin an der Universität L., für die aus Anlass einer Assistenz entstehenden Kosten im September 2008 einen zusätzlichen Betrag in Höhe von 5.821,72 EUR und ab dem 1. Oktober 2008 einen Betrag in Höhe von 6.943,72 EUR monatlich als Bestandteil eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets zu zahlen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin im ersten Rechtszug sowie die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren.

III. Der Antragstellerin wird ab dem 25. August 2008 für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin …., bewilligt.

 

Gründe

I.

Die schwerstpflegebedürftige Antragstellerin begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Kosten einer 24-Stunden-Assistenz im Rahmen eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets.

Bei der 1986 geborenen Antragstellerin wurde 1989 eine Spinale Muskelatrophie vom Typ Werdnig-Hoffmann diagnostiziert. Als Folgeerscheinungen der Muskelatrophie bestehen mittlerweile unter anderem eine Skoliose, Kraftminderungen der Arme und Paresen der Beine. Zur Fortbewegung ist die Antragstellerin auf einen Rollstuhl angewiesen. Stehende Haltungen sind selbstständig nicht möglich. Durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung wurde deshalb die Pflegestufe III festgestellt. Der Grad der Behinderung (GdB) beträgt 100.

Nach Ablegung des Abiturs im Juni 2007 teilte die bis dato in T. bei ihren Eltern wohnhafte Antragstellerin dem Antragsgegner, der die Kosten des Schulbesuchs im Wege der Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung getragen hatte, mit, dass sie das Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaften an der Universität L. aufnehmen werde. Für die Beantragung von Leistungen der Eingliederungshilfe, eines persönlichen Budgets oder einer persönlichen Assistenz benötige sie Hilfe und Beratung. Der Antragsgegner übersandte daraufhin Antragsunterlagen und führte zur Prüfung der Einleitung eines trägerübergreifenden Feststellungsverfahrens am 18. Juni 2007 unter anderem unter Beteiligung der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 1 eine Fallkonferenz durch, in deren Ergebnis eine Hilfebedarfsermittlung durch den Antragsgegner vereinbart wurde.

Am 12. Juli 2007 legte die bis dato einkommenslose Antragstellerin, der bis zum 31. August 2007 als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ihres Stiefvaters Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) bewilligt worden waren, beim Antragsgegner das Antragsformular für Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB XII) vor. Zu deren Begründung übersandte sie nachfolgend eine Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft SGB II Oschatz/Torgau, wonach bei einem erfolgreichen Abschluss des Studiums der Kommunikations- und Medienwissenschaft gute Eingliederungschancen auf dem Arbeitsmarkt bestünden. Das Vermögen der Antragstellerin betrug zum Antragszeitpunkt 563,15 EUR.

Nach Ermittlung des Hilfebedarfs durch den Medizinisch-pädagogischen Dienst des Antragsgegners und Abstimmung mit der Beigeladenen zu 1 teilte der Antragsgegner auf einer weiteren Fallkonferenz am 25. September 2007 mit, dass er beabsichtige, der Antragstellerin als Beauftragter Leistungen in Form eines persönlichen Budgets zu gewähren. Mit Bescheid vom 25. September 2007 bewilligte der Antragsgegner als Beauftragter für den Zeitraum vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2007 als Hilfe zum Besuch einer Hochschule und ergänzende Hilfe zur Pflege unter Anrechnung des von der Beigeladenen zu 2 gewährten Pflegegelds einen Betrag von 3.918,25 EUR monatlich zuzüglich notwendiger Fahrtkosten zur Verwendung als persönliches Budget, das sich in Leistungen des Antragsgegners in Höhe von 782,04 EUR als Hilfe zum Besuch einer Hochschule gemäß den §§ 53, 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII und Leistungen der Beigeladenen zu 1 in Höhe von 3.136,21 EUR als ergänzende Hilfe zur Pflege und Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gemäß den §§ 53, 54 SGB XII i. V. m. § 55 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe beh...

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