Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Angemessenheit der Unterkunftskosten. Angemessenheitsgrenze für Ein-Personen-Haushalt in Sachsen. Mietspiegel-Spannwert. Aufforderung zur Kostensenkung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Bestimmung der für die angemessenen Unterkunftskosten iS von § 22 Abs 1 SGB 2 maßgebenden, im sozialen Wohnungsbau anerkannten Wohnraumgröße an Hand der außer Kraft getretenen Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zum Sächsischen Belegungsrechtsgesetz (VwV SächsBelG) vom 22.4.1996 (SächsABl, 478) oder der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen über Zuwendungen zur Wohnraumförderung (VwV Wohnraumförderung) vom 14.4.2007 (SächsABl, 981).

2. Wenn in einem Mietspiegel in dem für § 22 Abs 1 SGB 2 maßgebenden Segment eine Preisspanne angegeben ist, ist der Mittelwert und nicht der höchste Spannwert als angemessener Mietpreis zu Grunde zu legen.

3. Es ist davon auszugehen, dass in den höchsten Spannwert wohnwerterhöhende Faktoren eingeflossen sind, die zur Erfüllung grundlegender Wohnbedürfnisse nicht erforderlich sind.

 

Orientierungssatz

Ein Arbeitsuchender kann die Übernahme der tatsächlichen laufenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nicht nach § 22 Abs 1 S 3 SGB 2 verlangen, wenn nicht ersichtlich ist, dass ihm ein Umzug innerhalb der Stadt in eine Wohnung mit angemessenen Kosten unmöglich oder unzumutbar ist. Eine Information des Grundsicherungsträgers über die Art und Weise der Kostensenkung oder eines Hinweises auf konkrete Wohnungsalternativen bedarf es nicht (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 70/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 8 und vom 19.3.2008 - B 11b AS 41/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 7).

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 1. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Der 1951 geborene Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme seiner gesamten laufenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung ab dem 1. Februar 2007 als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Er bewohnt in Z. eine 48 m² große Zweiraumwohnung mit eigener Gasheizung, für die er aktuell eine monatliche Miete in Höhe von 400,60 EUR, bestehend aus der Nettokaltmiete in Höhe von 251,60 EUR sowie den Abschlagszahlungen für die kalten Nebenkosten in Höhe von 74,00 EUR, einschließlich der Kosten für einen PKW-Stellplatz in Höhe von 5,00 EUR, und für die Beheizung in Höhe von 75,00 EUR, leistet. Im Zeitraum von Februar 2007 bis Oktober 2007 betrugen die Heizkostenvorauszahlungen 77,00 EUR, im Zeitraum von November 2007 bis Oktober 2008 46,00 EUR und ab November 2008 75,00 EUR. Die kalten Nebenkosten ohne Stellplatzkosten betrugen im Zeitraum Februar 2007 bis Juli 2007 55,00 EUR, im Zeitraum August 2007 bis Juni 2008 66,00 EUR und ab Juli 2008 69,00 EUR. Die Wohnung wird zentral mit warmem Wasser versorgt. Das ab dem 1. April 2001 bestehende Mietverhältnis war zunächst bis zum 31. März 2006 befristet. Für diese Zeit übernahm die Antragsgegnerin die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in voller Höhe. Mit Schreiben vom 2. Februar 2005 wies die Antragsgegnerin den Antragsteller darauf hin, dass sie die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung lediglich bis zum 30. Juni 2005 übernehme, da diese die nach einem Erlass der Stadt Z. für einen Einpersonenhaushalt angemessenen Kosten von 275,00 EUR überstiegen. Nach Widerspruch des Antragstellers erklärte die Antragsgegnerin am 29. April 2005, dass sie die Miete bis zum 31. März 2006 anerkenne.

Seit dem 1. Februar 2009 erhält der Antragsteller von der Antragsgegnerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 649,00 EUR, wobei 298,00 EUR als Kosten der Unterkunft und Heizung gezahlt werden (Bescheid vom 17. Dezember 2008). Dabei berücksichtigt die Antragsgegnerin die Abschlagszahlungen für Heizkosten und kalte Nebenkosten in voller Höhe. Die Nettokaltmiete übernimmt sie lediglich in Höhe der Differenz zum Betrag von 298,00 EUR. Hierbei handelt es sich um den Betrag, zu dessen Zahlung die Antragsgegnerin durch sozialgerichtliche Entscheidungen verpflichtet wurde. Der gegen die Höhe der bewilligten Leistungen gerichtete Widerspruch des Antragstellers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2009).

Für die Zeiträume vom 1. Januar 2007 bis 30. Juni 2007 und vom 1. Juli 2007 bis 30. September 2007 hatte die Antragsgegnerin Kosten der Unterkunft in Höhe von 295,25 EUR bzw. 296,90 EUR bewilligt. Die kalten Nebenkosten hatte sie dabei in Höhe von 55,00 EUR berücksichtigt, Heizkosten in Höhe von 1,20 EUR/m² bzw. 1,35 EUR/m². Die Gesamtleistungen für Unterkunft und Heizung kappte die Antragsgegnerin in Höhe der von ihr für einen Einpersonenh...

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