Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche Kündigung wegen Zahlungsrückständen. Zahlungsverzug. Abmahnung wegen verzögerter Gehaltszahlung, Vertragsstrafe

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Rückstand bei Gehaltszahlungen kann einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung i.S.v. § 626 Abs 1 BGB darstellen, wenn die Nichtzahlung der Vergütung eine nicht unerhebliche Höhe erreicht oder der Verzug mit der Vergütungszahlung sich über einen erheblichen Zeitraum hinweg erstreckt und der Arbeitnehmer diesen Fehler abgemahnt hat.

2. Eine die schleppende Vergütungszahlung betreffende arbeitnehmerseitige Abmahnung ist dann entbehrlich, wenn sich der Arbeitgeber bereits seines Zahlungsverzugs bewusst ist und mit der Ankündigung von Teilleistungen versucht eine Abmahnung des Arbeitnehmers abzuwenden.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1, § 321 Abs. 1, § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Bautzen (Urteil vom 13.11.2002; Aktenzeichen 1 Ca 1283/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin/Widerbeklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 13.11.2002 – 1 Ca 1283/02 –

a b g e ä n d e r t :

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 80,00 Euro netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.06.2002 zu bezahlen.

2. Die Widerklage wird insgesamt abgewiesen.

3. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

4. Revisionszulassung: keine.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten auch in dem Berufungsverfahren weiter darüber, ob der Klägerin gegen die Beklagten für den Monat Mai 2002 noch Lohn über den (zu verzinsenden) Betrag in Höhe von 80,00 Euro netto zusteht. Mit dieser Forderung hat das angegangene Arbeitsgericht Bautzen die Klägerin abgewiesen.

Weiter geht es auf die Berufung darum, ob die Klägerin den Beklagten auf deren Widerklage hin 560,00 Euro zu zahlen hat. Diese Forderung hat das Arbeitsgericht zugunsten der Beklagten gegen die Klägerin ausgeurteilt. Abgewiesen hat das Arbeitsgericht die Widerklage insoweit, als die Beklagten von der Klägerin den (über 560,00 Euro) weitergehenden Betrag über 1.200,74 Euro widerklagend geltend gemacht haben. Gegen die teilweise Abweisung ihrer Widerklage wenden sich die Beklagten in dem Berufungsverfahren nicht.

Mit der ursprünglichen Streitsumme von 80,00 + 1 200,74 Euro, im Berufungsverfahren noch 80,00 + 560,00 Euro, hat es die aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts ersichtliche Bewandtnis. Danach berühmen sich die Beklagten gegenüber der Klägerin eines Vertragsstrafeanspruches nach § 16 des schriftlichen Arbeitsvertrages der Parteien in Höhe eines Nettomonatsgehaltes der Klägerin (Höhe: 1.284,74 Euro). Den mit der Klage verfolgten Betrag über 80,00 Euro haben sie vom Gehalt der Klägerin für den Monat Mai 2002 einbehalten. Den überschießenden Betrag machen sie in dem im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Umfang im Wege der Widerklage geltend.

Auf die vollständige und richtige Beurkundung des Vorbringens beider Parteien in dem Tatbestand des angefochtenen Urteils kann aufgrund der Regelung in § 69 Abs. 2 ArbGG n. F. Bezug genommen und von der erneuten Darstellung des Tatbestandes deshalb abgesehen werden.

In der Berufungsverhandlung hat sich ergeben, dass der die Selbstkündigung der Klägerin auslösende Rückstand der Beklagten mit dem Gehalt für den Monat April 2002 erst im Verlaufe dieses Rechtsstreits (d. h. erst im Monat Juli 2002) beseitigt worden ist und die Verzögerung auf ein vorläufiges Zahlungsverbot zurückzuführen war.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Berufung ist begründet. Denn die Klägerin schuldet den Beklagten nach der Auffassung der Berufungskammer in Abweichung von dem diesbezüglichen Erkenntnis des Arbeitsgerichts keine Vertragsstrafe, mithin – wie vom Arbeitsgericht aber angenommen – auch nicht nur ein halbes Nettomonatsgehalt als Vertragsstrafe.

Deshalb ist in Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils auf die zulässige Klage hin die Restgehaltsforderung für den Monat Mai 2002 über 80,00 Euro nebst dem gesetzlichen Zinsanspruch auszuurteilen. Aus denselben Erwägungen besteht die Widerklageforderung insgesamt nicht. Deshalb ist die (zulässige) Widerklage nunmehr insgesamt abzuweisen.

Für die abändernde Entscheidung sind in kurzer Zusammenfassung folgende Erwägungen maßgebend, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht (§ 313 Abs. 3 ZPO):

Die Klägerin hat die Vertragsstrafe nach § 16 des Arbeitsvertrages der Parteien nicht verwirkt. Verspricht ein Schuldner dem Gläubiger für den Fall, dass er seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt, die Zahlung einer Geldsumme als Strafe, so ist die Strafe verwirkt, wenn er in Verzug kommt (§ 339 Satz 1 BGB). Verzug setzt das Bestehen einer Leistungspflicht voraus.

Daran fehlt es hier. Denn die Klägerin hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum Zeitpunkt des Zugangs ihrer Kündigung am 24.05.2002 wirksam fristlos gekündigt. Denn sie hatte hierfür aufgrund des Gehaltsrückstandes der Beklagten mit dem Gehalt für den Monat ...

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