Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung von Sonn- und Feiertagszuschlägen auf den gesetzlichen Mindestlohn

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist ein Arbeitnehmer verpflichtet, Sonn- und Feiertagsarbeit zu leisten, so gehört Sonn- und Feiertagsarbeit zu seiner mit dem Mindestlohn abgegoltenen "Normaltätigkeit". Jedenfalls in diesen Fällen sind daher gezahlte Zuschläge auf den Mindestlohn anzurechnen.

 

Normenkette

MiLoG § 1 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Leipzig (Entscheidung vom 22.10.2015; Aktenzeichen 14 Ca 1175/15)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.05.2017; Aktenzeichen 5 AZR 431/16)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 22.10.2015 - 14 Ca 1175/15 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin

- 48,00 € brutto Restvergütung für Januar 2015 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.02.2015 zu zahlen;

- 32,00 € brutto Restvergütung für Februar 2015 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.03.2015 zu zahlen;

- 32,00 € brutto Restvergütung für März 2015 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2015 zu zahlen;

- 32,00 € brutto Restvergütung für April 2015 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2015 zu zahlen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 88 % und die Beklagte 12 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 81 % und die Beklagte 19 % zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch darüber, ob die Klägerin für die Monate Januar bis August 2015 neben dem gesetzlichen Mindestlohn noch Anspruch auf Sonn- und Feiertagszuschläge und eine "Leistungszulage" hat.

Die Beklagte betreibt in verschiedenen Bundesländern Altenpflegeheime, u.a. ein Seniorenheim in ... Die Klägerin ist seit dem 15.03.2008 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 15.02.2008 (Anlage K 1 zur Klageschrift vom 18.03.2015; Bl. 7/8 d. A.) beschäftigt und war zuletzt als Küchenkraft im Seniorenheim ... eingesetzt. Der Arbeitsvertrag enthält u.a. folgende Regelungen:

4. Arbeitszeit

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt durchschnittlich 40 Stunden in der Woche. Die tägliche Arbeitszeit umfasst Früh-, Spät- und Nachtdienst Der jeweilige Einsatz richtet sich nach dem Arbeits- und Dienstplan des Arbeitgebers.

Im Rahmen der Arbeitszeitordnung und der Verordnung über die Arbeitszeit in Krankenpflegeanstalten kann der Arbeitgeber Mehrarbeit durch Überstunden anordnen.

Diese werden durch Freizeit oder Entgelt vergütet. Die dienstfreien Tage richten sich nach dem Arbeitsplan.

6. Lohn/Gehalt

Das Monatsentgelt beträgt € 1.300,00 brutto nachträglich zahlbar zum Monatsende.

(...)

Die Zahlung von Gratifikationen, Prämien oder ähnlichen Zuwendungen liegen im freien Ermessen des Arbeitgebers und begründen keinen Rechtsanspruch, auch wenn sie ohne ausdrücklichen Vorbehalt des Arbeitgebers erfolgen. (...)

Mit Schreiben vom 11.03.2011 (Anlage K 12 zur Klageschrift vom 18.03.2015; Bl. 20 d. A.) teilte die Beklagte der Klägerin Folgendes mit:

Lohn-/Gehaltsänderung ab 01.03.2011

Sehr geehrte Frau ...,

auf Grund Ihrer kontinuierlich sehr guten Leistungen, der Mithilfe an einer wachsenden Qualitäts- und Zufriedenheitsarbeit in unserem Haus sowie einer stets gleich bleibenden Einsatzbereitschaft erhalten Sie ab 01.03.2011 eine Leistungszulage für Ihre Arbeit.

Alle anderen Vereinbarungen des Arbeitsvertrages bleiben von diesen Änderungen unberührt.

In der Folge wies die Beklagte ab März 2011 in den Abrechnungen der Klägerin statt "Lohn/Gehalt 1.300,00 €" nunmehr "Lohn/Gehalt 1.340,00 €" aus (vgl. die Abrechnungen der Brutto/Netto-Bezüge für die Monate Februar und März 2011 in Anlage K 13 zur Klageschrift vom 18.03.2015; Bl. 21/22 d. A.).

Ausweislich der Lohnabrechnungen (Anlagen K 22 zum Schriftsatz der Klägerin vom 11.08.2015; Bl. 53 ff. d. A.) zahlte die Beklagte der Klägerin ab Juli 2011 neben dem Gehalt von 1.340,00 € brutto einen als "Sonntagszuschlag" ausgewiesenen Betrag von 2,00 € brutto pro an einem Sonn- oder Feiertag geleisteter Arbeitsstunde.

Mit Ablauf des Oktober 2014 stellte die Beklagte die Zahlung des "Sonntagszuschlages" ein und zahlte für die Monate November und Dezember 2014 nur noch ein Gehalt in Höhe von 1.340,00 € brutto bzw. ab Januar 2015 ein solches in Höhe von 1.473,31 € brutto. Mit Schreiben vom 29.12.2014 (Anlage K 2 zur Klageschrift vom 18.03.2015; Bl. 10 d. A.) teilte die Beklagte allen Mitarbeitern des Bereiches Hauswirtschaft, u.a. der Klägerin, Folgendes mit:

"Sehr geehrte Mitarbeiter des Bereiches Hauswirtschaft, im Auftrag der Geschäftsführung teile ich Ihnen mit, dass nach einer Prüfung durch den Wirtschaftsprüfer ab 4. Quartal 2014 keinerlei Zuschläge für den Bereich Hauswirtschaft gezahlt werden.

Bisher gezahlte Zuschläge...

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