Verfahrensgang

ArbG Dresden (Urteil vom 09.11.1995; Aktenzeichen 13 Ca 1892/95)

 

Nachgehend

BVerfG (Entscheidung vom 19.03.1998; Aktenzeichen 1 BVR 13/97)

BVerfG (Beschluss vom 19.03.1998; Aktenzeichen 1 BvR 13/97)

BAG (Aktenzeichen 2 AZN 866/96)

 

Tenor

1.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 09.11.1995 – 13 Ca 1892/95 – teilweise abgeändert und, unter Zurückweisung der Berufung im übrigen, wie folgt neu gefaßt:

  1. Es wird festgestellt, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 22.02.1995 aufgelöst worden ist.
  2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 2/3, der Beklagte zu 1/3.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung des Beklagten vom 22.02.1995 sowie der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung vom 16.03.1995. Der Kläger begehrt außerdem, bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsrechtsstreits zu unveränderten Bedingungen als … weiterbeschäftigt zu werden.

Der am … geborene Kläger ist seit 01.03.1959 als … beim Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgänger beschäftigt.

Mit Schreiben vom 22.02.1995 (Bl. 3 d.A.) kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich. Der Kläger erhielt das Kündigungsschreiben am 28.02.1995. Mit Schreiben vom 16.03.1995 (Bl. 14 d.A.) kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis hilfsweise ordentlich zum 30.09.1995. Dieses Kündigungsschreiben erhielt der Kläger am 22.03.1995.

Ab 01.08.1960 arbeitete der Kläger an der polytechnischen Oberschule in … Mit der von ihm unterzeichneten Verpflichtungserklärung vom 29.11.1960 verpflichtete sich der Kläger zur Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit (im folgenden: MfS). Nach dem Einzelbericht des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit vom 19.12.1994 fertigte der Kläger, der als Geheimer Informant (GI) geführt wurde, einen schriftlichen mit seinem Decknamen unterzeichneten Bericht. Außerdem wurden 21 Treffberichte vom Führungsoffizier des Klägers gefertigt. Ein letztes Treffen fand am 03.12.1962 statt. Mit Beschluß des MfS vom 26.02.1963 wurde die Zusammenarbeit eingestellt. Auf den Inhalt des Einzelberichts vom 19.12.1994 einschließlich der ihm beigefügten Berichte und Aktenvermerke (Bl. 32 bis 53 d.A.) wird Bezug genommen.

Die ihm gestellten Fragen nach einer Tätigkeit für das MfS verneinte der Kläger. Auf den Inhalt des Erklärungsbogens vom 17.02.1991 wird Bezug genommen (Bl. 29 ff. d.A.).

Am 20.12.1992 beantragte der Kläger die Anerkennung von Beschäftigungszelten. Die ihm hierzu gestellten Fragen nach einer Zusammenarbeit mit dem MfS verneinte der Kläger ebenfalls. Auf den Antrag vom 20.12.1992 wird Bezug genommen (Bl. 171 ff. d.A.).

Nach Erhalt des Einzelberichts vom 19.12.1994 wurde am 08.02.1995 beim … mit dem Kläger ein Personalgespräch geführt. Auf den Inhalt des hierüber erstellten Protokolls wird Bezug genommen (Bl. 54 ff. d.A.).

Bei der kündigenden Dienststelle, dem Oberschulamt Dresden, ist ein Bezirkspersonalrat gebildet. Mit Schreiben des Präsidenten des … vom 15.02.1995 (Bl. 65 d.A.) wurden dem Bezirkspersonalrat die Entwürfe der außerordentlichen sowie der ordentlichen Kündigung (Bl. 58 ff. und 61 ff. d.A.), der Einzelbericht vom 19.12.1994. der Erklärungsbogen vom 17.02.1991 sowie das Protokoll über die Anhörung des Klägers vom 08.05.1995 übergeben. Der Bezirkspersonalrat erhielt die Unterlagen am 16.02.1995. Mit Schreiben vom 21.02.1995, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 66 f. d.A.), erhob der Bezirkspersonalrat gegen beide Kündigungen Bedenken. Mit Schreiben vom 07.03.1995 (Bl. 68 f. d.A.) wies der Präsident des … die vom Bezirkspersonalrat geäußerten Bedenken hinsichtlich der ordentlichen Kündigung zurück. Mit Schreiben vom 14.03.1995 (Bl. 70 d.A.) erklärte der Bezirkspersonalrat die von ihm zur ordentlichen Kündigung geäußerten Bedenken schließlich für nichtig, da ihm insoweit ein Irrtum unterlaufen sei.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, daß er beim Ausfüllen des Erklärungsbogens vom 17.02.1991 nach bestem Wissen gehandelt habe. Zu jenem Zeitpunkt sei ihm nicht bewußt gewesen, daß er 1960 eine Verpflichtungserklärung unterschrieben hat. Er könne sich an die Vorgänge der damaligen Zeit noch gut erinnern. Wegen des diktatorischen Auftretens des damaligen Direktors … habe eine Gruppe von Lehrern, der er auch angehört hat, versucht, den Direktor abzulösen. Deshalb habe sich die Gruppe an den Kreisschulrat und die Kreisparteileitung gewandt. 1962 habe eine Aussprache stattgefunden, an der die Mitglieder der Lehrergruppe, der Direktor, der Kreisschulrat und ein Vertreter der Kreisparteileitung teilgenommen haben. Nach Einsicht in die Gauck-Unterlagen könne er sich wieder daran erinnern, daß der angebliche Führungsoffizier Peschel sich als Mitarbeiter der Kreisparteileitung vorgestellt hat und über die Vorgänge an der Schule gut ...

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