Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermessensfehlerhafte Verhängung eines Ordnungsgeldes nach Urteilsverkündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verhängung eines Ordnungsgeldes scheidet aus, wenn das Gericht ungeachtet der Abwesenheit der persönlich geladenen Partei den Rechtsstreit durch Protokollierung eines Prozessvergleiches oder Erlass eines Urteils beendet.

 

Normenkette

ArbGG § 51 Abs. 1 S. 2; ZPO § 141 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Dresden (Entscheidung vom 20.10.2014; Aktenzeichen 7 Ca 3873/13)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Ordnungsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts Dresden vom 20.10.2014 - 7 Ca 3873/13 -

a u f g e h o b e n .

 

Gründe

I.

In dem Hauptsacheverfahren stritten die Parteien über Entgeltansprüche aus einem behaupteten Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem Beklagten.

Mit Urteil vom 08.10.2014 hat das Arbeitsgericht der Klage des Klägers in vollem Umfang stattgegeben.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte beim Sächsischen Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt. Das Verfahren wurde dort unter dem Az. 3 Sa 566/14 geführt und endete mit einem Urteil vom 03.02.2015, das die Berufung des Beklagten als unzulässig verwarf.

Mit Beschluss vom 15.01.2014 hatte das Arbeitsgericht im Kammertermin vom 16.07.2014 das persönliche Erscheinen des Klägers und des Beklagten zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Herbeiführung einer gütlichen Einigung angeordnet.

Der Kammertermin wurde auf Antrag der Klagepartei auf den 08.10.2014 verlegt.

Trotz ordnungsgemäßer Ladung erschien der persönlich geladene Beklagte nicht zum Kammertermin am 08.10.2014. Eine Entschuldigung für sein Ausbleiben liegt nicht vor.

Der Beklagtenvertreter, Rechtsassessor ..., vermochte sich im Kammertermin, nachdem er das Erstellen der streitgegenständlichen Abrechnungen bestritten hatte, zu den Angaben des Klägers, dass er die Abrechnungen bei einem Herrn ... abgeholt und von ihm auch Teilbeträge erhalten habe, nicht zu erklären.

Am Schluss des Sitzungstages verkündete das Arbeitsgericht das klagestattgebende Urteil vom 08.10.2014.

Mit Beschluss vom 20.10.2014 hat das Arbeitsgericht gegen den Beklagten ein Ordnungsgeld in Höhe von 50,00 € festgesetzt.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Beklagte vorliegend unentschuldigt zum Termin ausgeblieben sei und auch nachträglich Gründe des Ausbleibens nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht habe.

Gegen den am 27.10.2014 zugestellten Beschluss wendet sich der Beschwerdeführer mit der vorliegenden, am 03.11.2014 eingelegten sofortigen Beschwerde gegen das angesetzte Ordnungsgeld.

Zur Begründung führt der Beschwerdeführer aus, dass der Beklagte aufgrund von Krankheit nicht an der mündlichen Verhandlung vom 08.10.2014 habe teilnehmen können. Zur Glaubhaftmachung legt er eine eidesstattliche Versicherung des Herrn ... vom 13.11.2014 vor.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde des Beschwerdeführers/Beklagten mit Beschluss vom 05.12.2014, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 153/154 d. A.), nicht abgeholfen und sie dem Sächsischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1. Die gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 ArbGG i. V. m. §§ 141, 280 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

2. Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Der Ordnungsgeldbeschluss entspricht nicht den an die Ermessensausübung zu stellenden Anforderungen und war daher aufzuheben.

Nach den §§ 51 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, 141 Abs. 3 ZPO kann gegen eine Partei ein Ordnungsgeld wie gegen einen im Verhandlungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden, sofern die Partei entgegen einer Anordnung ihres persönlichen Erscheinens im Termin ausbleibt. Der Zweck der Anordnung des persönlichen Erscheinens besteht allein darin, die Aufklärung des Sachverhaltes zu fördern (BAG 20.08.2007 - 3 AZB 50/05 - NZA 2008, 1151). Ein Ordnungsgeld kann deshalb nur festgesetzt werden, wenn das unentschuldigte Ausbleiben der Partei die Sachaufklärung erschwert und dadurch den Prozess verzögert (BGH vom 12.06.2007 - VI ZB 4/07 - NJW RR 2007, 1364, zu II 2 a der Gründe; LAG Rheinland-Pfalz 17.08.2010 - 11 Ta 126/10 - [Juris]; Schwab/Weth ArbGG 2. Auflage § 51 Rdnr. 25; BAG vom 20.08.2007 - 3 AZB 50/05 -, LAG Rheinland-Pfalz vom 15.08.2011 - 3 Ta 133/11 - die beiden Letzteren zitiert in Juris).

Die Rechtfertigung für die Verhängung des Ordnungsgeldes liegt nicht in der Tatsache der Missachtung des Gerichts durch die Partei, die die entsprechende Anordnung unentschuldigt nicht befolgt, sondern allein darin, dass die gerichtliche Sachaufklärung pflichtwidrig behindert und somit der Fortgang des Verfahrens wegen des Ausbleibens der Partei vereitelt wird (LAG Niedersachen, Beschluss vom 07.08.2002 - 10 Ta 306/02 -, MDR 2002, 1333 f.; OLG Brandenburg, Beschluss vom 14.10.2000 - 12 W 41/00 -, zitiert nach Juris; LAG Düsseldorf, Beschluss vom 01.08.1985 - 7 Ta 264/85 -, LAGE Nr. 3 zu § 51 ArbGG; Germelmann u. a. ArbGG, 8. Auflage, Rdnr. 22 zu § 51 ArbGG).

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