rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Anerkennung eines von dem minderjährigen Enkel mit einer Personengesellschaft, an der Vater und Großvater je hälftig beteiligt sind, geschlossenen Mietvertrags trotz der erst Jahre später aufgrund der Beanstandung durch eine Betriebsprüfung nachgeholten Bestellung eines Ergänzungspflegers

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Grundsätze über die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen gelten auch für einen Vertrag mit einer Personengesellschaft, wenn ein naher Angehöriger oder ein Ehegatte beherrschender Gesellschafter der Personengesellschaft ist; dies ist z. B. dann der Fall, wenn Vater und Großvater Mehrheitsgesellschafter (hier: je zur Hälfte) einer Personengesellschaft sind, die mit dem minderjährigen Kind/Enkel der Gesellschafter einen schuldrechtlichen Vertrag (hier: Mietvertrag) abschließt.

2. Die Nichtbeachtung zivilrechtlicher Vorschriften allein darf nicht zur Folge haben, dass nur deswegen ein Vertragsverhältnis steuerlich nicht anerkannt wird. Hat die Mutter eines damals sechs Jahre alten Kindes vor Abschluss eines Mietvertrags zwischen dem Kind als Miteigentümer eines Grundstücks und einer OHG, an der Vater und Großvater des Kindes je hälftig beteiligt, rechtsirrig und deswegen erfolglos beim Familiengericht einen Antrag auf „Vormundschaft” statt auf Bestellung eines Ergänzungspflegers gestellt, so kann der anschließend vom Kind, vertreten durch die Mutter, mit der OHG abgeschlossene, ernstlich gewollte, tatsächlich durchgeführte, hinsichtlich der Mietkonditionen fremdübliche, jedoch mangels Bestellung eines Ergänzungspflegers nach § 1909 BGB zivilrechtlich (schwebend) unwirksame Mietvertrag auch dann rückwirkend von Anfang an steuerlich anzuerkennen sein, wenn erst viele Jahre später bei einer Außenprüfung das Fehlen der Mitwirkung eines Ergänzungspflegers bei Abschluss des Mietvertrages beanstandet worden ist, die Eltern des Kindes anlässlich der ihnen erst jetzt bekannt gewordenen zivilrechtlichen Unwirksamkeit des Vertrags sofort für die Bestellung eines Ergänzungspflegers durch das Amtsgericht gesorgt haben und der um einen „Nachtrag” ergänzte und modifizierte Mietvertrag vom Amtsgericht nachgenehmigt worden ist.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; AO § 41 Abs. 1 S. 1; BGB § 1909

 

Tenor

1. Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2012, der Umsatzsteuerbescheid 2012 und der Gewerbesteuermessbescheid 2012, alle vom … und alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom …, werden dahingehend geändert, dass Mietaufwendungen iHv. EUR … als Betriebsausgaben anerkannt werden und die hierauf entfallende Umsatzsteuer iHv. EUR … als Vorsteuer berücksichtigt werden. Die Berechnung wird dem Beklagten übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

 

Tatbestand

Streitig ist die Anerkennung eines Mietverhältnisses zwischen der Klägerin und dem minderjährigen Sohn und Enkel ihrer Gesellschafter.

Die Klägerin, eine offene Handelsgesellschaft, betreibt einen Handel mit … Beteiligt sind die Herren A und sein Vater … Die Gesellschafter sind an der Klägerin je zur Hälfte beteiligt.

Die Klägerin schloss am 30. Dezember 2009 einen Mietvertrag über eine Lagerhalle mit der „Eigentümergemeinschaft A – B” ab. B ist der Sohn des Gesellschafters A und der Frau C und war bei Vertragsabschluss 6 Jahre alt. Die monatliche Miete betrug EUR … zuzüglich Umsatzsteuer. B hatte das Grundstück am 29. Dezember 2009 aufgrund einer Schenkung von Herrn D (seinem Onkel) erhalten (Schenkungsvertrag in der Dauerakte). Das Mietverhältnis sollte am 30. Juni 2010 beginnen und zunächst bis zum 30. Juni 2020 andauern (Blatt 56 der Finanzgerichtsakte).

B wurde bei Vertragsabschluss von seiner Mutter, Frau C, vertreten. Das Sorgerecht für das Kind B obliegt beiden Eltern. Vor Abschluss des Mietvertrages stellte die Mutter von B am 9. November 2009 beim Amtsgericht … einen Antrag auf Vormundschaft. In dem Antrag wies sie darauf hin, dass das Grundstück ihrem Sohn übertragen werden solle. Dieser solle das Grundstück mit einem Lagergebäude bebauen und vermieten (Blatt 63 der Finanzgerichtsakte). Mit Schreiben vom 26. November 2009 bezeichnete das Familiengericht den Antrag als nicht nachvollziehbar, weil eine Vormundschaft nur in Betracht komme, wenn ein Kind keinen gesetzlichen Vertreter habe. Der Antrag solle zurückgenommen werden. Auf die Möglichkeit oder das Erfordernis der Bestellung eines Ergänzungspflegers wies das Familiengericht nicht hin (Blatt 64 der Finanzgerichtsakte).

Im Jahr 2017 (Beginn der Prüfung am …) wurde bei der Klägerin eine Außenprüfung durchgeführt, bei der die Prüferin das Fehlen der Mitwirkung eines Ergänzungspflegers bei Abschluss des Mietvertrages beanstandete.

Daraufhin wurde auf Antrag vom 23. März 2017 mit Beschluss vom 6. Oktober 2017 Herr Rechtsanw...

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