Leitsatz (amtlich)

Zur Haftung eines Versicherungsvertreters wegen Verletzung von Beratungspflichten aus Anlass eines Versichererwechsels (hier: Abschluss eines Vertrages zur Absicherung schwerer Krankheiten oder Unfälle bei gleichzeitiger Kündigung einer vorbestehenden Berufsunfähigkeitsversicherung).

 

Normenkette

VVG §§ 61, 63

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 17.01.2019; Aktenzeichen 14 O 243/17)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 17. Januar 2019 - 14 O 243/17 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 69.422,00 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadenersatz wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit der Kündigung eines alten und dem Abschluss eines neuen Versicherungsvertrages in Anspruch.

Der am 00. Juli 1970 geborene Kläger hat eine Ausbildung zum Dachdeckergesellen abgeschlossen und war in diesem Beruf seit dem 1. April 2014 - nachdem er zuvor zeitweise in anderen Berufen gearbeitet hatte - im Angestelltenverhältnis tätig. Im Jahr 2010 hatte er bei der Württembergischen Lebensversicherung AG (im folgenden kurz: Württembergische) eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung abgeschlossen (Versicherungsschein vom 31. März 2010 bei den Anlagen K3 im Anlagenband Kläger). Im Falle bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit stand dem Kläger hieraus zuletzt eine monatliche Rente in Höhe von 841,85 Euro für die Zeit bis zum 31. März 2035 zu (Versicherungsschein vom 5. April 2014 bei den Anlagen K3 im Anlagenband Kläger). Nach den für diesen Vertrag geltenden Versicherungsbedingungen (Bl. 236 ff. d. A., im folgenden kurz AVB-BU) lag Berufsunfähigkeit vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren bei Eintritt des Versicherungsfalls zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben, wie sie ihn ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgeübt hat (§ 2 Abs. 1 AVB-BU). Wenn die versicherte Person sechs Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls außer Stande gewesen ist, ihren bei Eintritt des Versicherungsfalls ausgeübten Beruf auszuüben, und keine andere Tätigkeit konkret ausübt, die der bisherigen Ausbildung, Erfahrung und Lebensstellung entspricht, galt dieser Zustand von Beginn an als Berufsunfähigkeit (§ 2 Abs. 5 AVB-BU). Daneben konnte auch Pflegebedürftigkeit die Berufsunfähigkeit begründen (§ 3 AVB-BU). Der Vertrag war für die Zeit vom 1. Mai bis 1. November 2014 unter Wegfall der Pflicht zur Beitragszahlung ruhend gestellt (Schreiben der Württembergischen vom 10. April 2014, Bl. 265 d. A.), weil der Kläger in finanziellen Schwierigkeiten war. Mit Schreiben vom 25. September 2014, das den Kläger als Absender und Unterzeichner ausweist, wurde der Vertrag "mit sofortiger Wirkung" gekündigt, und der Kläger erhielt, nachdem die Beklagte die Kündigung zum 1. Oktober 2014 bestätigt hatte, den Rückkaufswert in Höhe von 1414,09 Euro ausgezahlt (Bl. 110 d. A.).

Auf einen Antrag vom 26. November 2014 (Anlage K5 im Anlagenband Kläger) wurde für den Kläger mit Versicherungsschein vom 23. Dezember 2014 (Anlage K4 im Anlagenband Kläger) eine "Existenzschutzversicherung" bei der ... Versicherung AG mit einer Monatsprämie von 39,50 Euro policiert, die auf Vermittlung des Beklagten, der seinerzeit als Ausschließlichkeitsvertreter für die ... tätig gewesen ist, zustande gekommen war. Ebenfalls unter dem 26. November 2014 wurde eine Beratungsdokumentation erstellt (Anlage K6 im Anlagenband Kläger). Sowohl den Versicherungsantrag als auch die Beratungsdokumentation hat der Beklagte mit dem Namen des Klägers unterzeichnet.

Die Versicherung bei der ... bot keinen Versicherungsschutz für den Fall der Berufsunfähigkeit, sondern hätte Leistungen nur im Falle von schweren Krankheiten oder Unfällen erbracht. Es bestand lediglich die Option, unter bestimmten Bedingungen und bei bestimmten Anlässen (z. B. Heirat der versicherten Person oder Geburt eines Kindes) innerhalb von fünf Jahren eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen (Einzelheiten siehe Anlage K5 im Anlagenband Kläger, S. 8 f.). Nachdem der Kläger im Jahr 2016 Leistungen aus diesem Versicherungsvertrag geltend gemacht hatte, erklärte die ... die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung bei Antragstellung (Schreiben vom 25. September 2017, Anlage K7 im Anlagenband Kläger). In dem Antragsformular vom 26. November 2014 waren Fragen zur Gesundheit des Klägers unzutreffend beantwortet worden; so wurde etwa die Frage nach Erkrankungen, die zu einer über 6 Wochen hinausgehenden ärztlichen...

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