Leitsatz (amtlich)

Zur ordnungsgemäßem Begründung der Verfahrensrüge, mit der moniert wird, die gerichtliche Überzeugungsbildung beruhe auf der Verwertung von Urkunden (Messprotokoll und Eichschein), die ausweislich des Sitzungsprotokolls nicht ordnungsgemäß im Wege der Verlesung oder auf andere im Gesetz vorgesehene Weise ( §§ 249-254, 256 StPO bzw. nach § 74 Abs. 1, 77a, 78 Abs. 1 OWiG) in die Hauptverhandlung eingeführt worden seien.

 

Verfahrensgang

AG Saarbrücken (Entscheidung vom 14.11.2011; Aktenzeichen 19 OWi 451/11)

 

Tenor

Der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken vom 14. November 2011 kostenpflichtig als unbegründet

 

Gründe

I.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 32 km/h zu einer Geldbuße in Höhe von 120 E verurteilt.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung formellen Rechts (§ 261 StPO i.V.m. § 46 OWiG). Er moniert, die gerichtliche Überzeugungsbildung beruhe auf der Verwertung von Urkunden (Messprotokoll und Eichschein), die ausweislich des Sitzungsprotokolls nicht ordnungsgemäß im Wege der Verlesung oder auf andere im Gesetz vorgesehene Weise ( §§ 249-254, 256 StPO bzw. nach § 74 Abs. 1, 77a, 78 Abs. 1 OWiG) in die Hauptverhandlung eingeführt worden seien (BI. 39, 40 d.A.). Zugleich liege ein Gehörsverstoß vor.

II.

Der fristgerecht eingegangene und begründete Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde (§§ 80 Abs. 3 S. 1, 3, 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 341, 344, 345 StPO), mit dem der Betroffene ausschließlich eine das Verfahren betreffende Rüge erhebt, ist schon deshalb unzulässig, weil die Verfahrensrüge nicht in zulässiger Form angebracht worden ist. Hiernach kommt es nicht darauf an, ob die Zulassungsgründe der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung bestünden, Die Generalstaatsanwaltschaft hat zu dem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde am 15.2.2012 wie folgt Stellung genommen:

Die Verfahrensrügen sind nicht in zulässiger Form (§§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 344 Abs. 2 S. 2 StPO) angebracht, Nach diesen Vorschriften ist eine Verfahrensrüge nur dann in zulässiger Weise erhoben, wenn die den Mangel enthaltenden Tatsachen ohne Bezugnahmen mit Bestimmtheit und so genau und vollständig angegeben sind, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein aufgrund der Rechtsmittelbegründung erschöpfend prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen werden üew. m.w.N. KK-Kuckein, StPO, 6. Aufl., § 344 Rn. 39; LR-Hanack, StPO, 25. Aufl., § 344 Rn. 76 ff; Senatsbeschl. vom 0810.1997 - Ss 63197 -, 06.08.2010 - Ss 64/2010 [96/10]- und 11.01.2012 - Ss 104111. [154/11]); nach zutreffender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur setzt dies auch voraus, dass die Darlegungen auch die dem Beschwerdeführer nachteiligen Tatsachen, insbesondere diejenigen Fakten enthalten, die der Rüge den Boden deswegen entziehen können, weil ein Ausnahmetatbestand zum Tragen kommen kann (Hanack, a.a.O., Rn. 78; Senat a.a.0.),

1. Verletzung der §§ 71 Abs. 1 OWiG, 261 StPO

a) Soweit der Betroffene rügt, die Überzeugungsbildung des Tatgerichts beruhe deswegen nicht auf dem Inbegriff der Hauptverhandlung, weil Messprotokoll und Eichschein nicht ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt worden seien (vgl. zu diesem Fragenkreis einschl. der Anforderungen an die Zulässigkeit der Verfahrensrüge Senat in NStZ-RR 2000, 48, sowie Beschlüsse vorn 19.09.2005 Ss 30/05 -, 19.03.2008 - Ss (B) 12/08 [21/08]- und 21.02.2011 - Ss (B) 117/2010 [165/10]), handelt es sich um eine unzulässige Protokollrüge. Denn ein Verfahrensverstoß ist nicht zulässig gerügt, wenn ein Rechtsmittelführer - wie hier - im Ergebnis nur vorbringt, dass ein bestimmter Verfahrensvorgang in der Sitzungsniederschrift nicht vermerkt ist, denn nicht das Schweigen des Sitzungsprotokolls über einen wesentlichen Vorgang, sondern dessen Unterbleiben in der Hauptverhandlung ist der Verfahrensfehler, auf den sich das Rechtsmittel stützen muss (Kuckein, a.a.O., Rn. 60). In einem solchen Falle wird nicht mit Bestimmtheit die Tatsache selbst, sondern ihre Aufnahme bzw. Nichtaufnahme im Sitzungsprotokoll behauptet; auf diesem Mangel kann das Urteil aber nicht beruhen (Senatsbeschl. vom 11.06.2011 - Ss 17/01 -, 10.01.2002 - Ss 75/2001 - und 09.12.2011 - Ss (B) 103/11 [134/11]).

b) Des Weiteren lässt der Betroffene auch offen, ob der Inhalt der Urkunden durch -. nicht protokollierungspflichtigen (Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 249 Rn. 28; § 273 Rn. 8) - Vorhalt gegenüber dem Betroffenen oder Zeugen in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist; mit dem Unterbleiben von Vorbringen des Beschwerdeführers hierzu ist die Verfahrensrüge auch deswegen nicht in zulässiger Form (§§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 344 Abs. 2 5.2 StPO) erhoben (Kuckein, a.a.O., Rn. 58 m.w.N.).

c) Zur Unzulässigkeit der Verfahre...

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