Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung aus Hausratsversicherung

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 30.12.1994; Aktenzeichen 14 O 294/93)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 30.12.1994 – 14 O 294/93 – abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.918,– DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19.5.1993 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig voll streckbar.

4. Die Beklagte ist in Höhe von 24.918,– DM beschwert.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der beklagten Versicherung eine – der Höhe nach unstreitige – Entschädigung von 24.918,– DM aus einem Einbruchdiebstahl in seine Wohnung. Er hat bei der Beklagten eine dynamische Hausratversicherung zum Neuwert/Wiederbeschaffungswert gegen Schäden aus Feuer, Einbruchdiebstahl, Raub u. a. unter Verzicht auf die Einrede der Unterversicherung mit einer Versicherungssumme von 100.000,– DM abgeschlossen. Dem Vertragsverhältnis liegen die Allgemeinen Hausratsversicherungsbedingungen (VHB 84) zugrunde.

In der Nacht zum 1.1.1993 wurde in den Flachbungalow der Familie … in …, …, eingebrochen, in welchem der Kläger eine Einliegerwohnung im Kellergeschoß angemietet hat. Der Kläger und die Familie … befanden sich zu dieser Zeit in Urlaub.

Die Einbrecher hebelten an der Rückseite des Gebäudes eine Stahlaußentür auf und erreichten so die Kellerräume. Von dort aus brachen sie eine Abschlußtür aus Holz auf und gelangten in einen Flur, der nach rechts über eine Steintreppe in die Wohnung der Familie …

und nach links in die Wohnung des Klägers führte. Die Tür zu dieser Wohnung öffneten sie mit einem passenden Schlüssel, der auf dem in diesem Flur angebrachten Elektrosicherungskasten lag. Den Schlüssel hatte der Vermieter … zurückbehalten, um in Notfällen die Wohnung des Klägers betreten zu können.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Voraussetzungen für eine Schadensregulierung aufgrund des Einbruchdiebstahls lägen vor. Bevor die Täter zu dem Schlüssel gelangen konnten, hätten sie die Türen zu dem nicht zu seiner Wohnung gehörenden Teil des Anwesens … aufbrechen müssen. Er habe als Mieter keinen Einfluß darauf gehabt, wo der Vermieter seine Schlüssel aufbewahre. Zudem müsse er sich ein etwaiges fahrlässiges Verhalten seines Vermieters nicht zurechnen lassen, weil dieser nicht sein Repräsentant gewesen sei. Deckungsschutz solle bei einer Schlüsselvortat nur dann ausgeschlossen sein, wenn der Schlüsselbesitzer Gewahrsamsträger für den Wohnungsinhaber sei. Dies setze aber voraus, daß der Versicherungsnehmer dem Schlüsselbesitzer den Besitz verschafft habe. Nur dann sei es vertretbar, den Versicherungsnehmer für fremdes Verschulden haften zu lassen. Bei einer anderen Auslegung der VHB 84 liege ein Verstoß gegen § 9 AGBG vor.

Der Kläger hat beantragt, wie der Senat erkannt hat. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat sich auf das Fehlen der Voraussetzungen des § 5 Nr. 1 f VHB 84 berufen. Die unbefugte Benutzung des Wohnungsschlüssels, der auf dem Zählerkasten im Flur gelegen habe, sei bereits mangels Zueignungsabsicht kein Schlüsseldiebstahl i. S. dieser Vorschrift. Zudem sei die Aufbewahrung eines Schlüssels, der wie hier im Kellerflur frei herumliege, fahrlässig.

Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch aus §§ 1, 49 VVG i.V. mit § 5 Nr. 1 VHB 84. Da die Wohnungstür zur Einliegerwohnung mit einem richtigen Schlüssel aufgeschlossen worden sei, lägen die Voraussetzungen des § 5 Nr. 1 a VHB 84 nicht vor. In die Wohnung sei zwar mit einem richtigen Schlüssel eingedrungen worden; diesen hätten die Täter aber zuvor durch fahrlässiges Verhalten des Vermieters an sich gebracht. Dahinstehen könne, ob der Schlüssel tatsächlich gestohlen worden sei. Zweifelhaft sei nämlich, ob eine Zueignungsabsicht nach § 242 StGB vorgelegen habe, weil der Schlüssel von den Tätern nicht mitgenommen worden sei. Der Vermieter sei aber berechtigter Gewahrsamsinhaber des Schlüssels und damit Repräsentant des Klägers gewesen. § 5 Nr. 1 f VHB enthalte insoweit eine Ausdehnung des Repräsentantenbegriffs auf den Träger des Gewahrsams am Schlüssel, die mit Art. 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG vereinbar sei. Die Aufbewahrung des Schlüssels auf einem Zählerkasten in der Nähe der klägerischen Wohnungstür durch den Vermieter sei auch fahrlässig gewesen.

Mit der Berufung behauptet der Kläger, der Vermieter habe einen Zweitschlüssel ohne sein Wissen zurückbehalten. Das Landgericht habe daher zu Unrecht bejaht, daß der Vermieter seiner Wohnung als berechtigter Schlüsselbesitzer anzusehen sei. Gehe man dennoch davon aus, daß der Vermieter berechtigter Gewahrsamsinhaber gewesen sei, dann halte die Ausdehnung des Repräsentantenbegriffs auf den Gewahrsamsinhaber, wie sie § 5 Nr. 1 f VHB 84 vornehme, einer Inhaltskontrolle anhand des § 9 AGBG nicht stand. Sie gehe unangemessen zum Nachteil des Versicherungsnehmers über den Grundgedanken des § 61 VVG hina...

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