Leitsatz (amtlich)

1. Ein durch Abgrabungen des Nachbarn zur Errichtung einer Grenzwand geschädigter Grundstückseigentümer, der als Schadensersatz zunächst die Wiederherstellung in Natur begehrt hatte, kann sein Interesse an der Wiederherstellung in Form von Geldersatz nur nach erfolgloser Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung geltend machen.

2. Sein diesbezügliches Anliegen erweist sich aber als treuwidrig, solange er daneben zugleich, auch im Rahmen eines anderen Klageverfahrens, weiterhin auf Beseitigung der Mauer anträgt.

 

Normenkette

BGB §§ 226, 242, 250; ZPO § 893

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 11.10.2021; Aktenzeichen 3 O 51/20)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 11. Oktober 2021 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 3 O 51/20 - wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Klage als in der Sache unbegründet abgewiesen wird.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

III. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.000,- Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien sind Nachbarn; der Kläger macht im Anschluss an einen ersten, durch einen Prozessvergleich beendeten Rechtsstreit, in dem er die Beklagten auf Wiederherstellung einer Abgrabung in Anspruch genommen hatte, sein Interesse in Gestalt eines auf 3.028,30 Euro bezifferten Schadensersatzanspruches geltend; außerdem begehrt er die Feststellung der Ersatzpflicht für weitere, im Zuge der Arbeiten entstehende Kosten. Er ist zu 1/2 Miteigentümer des Grundstücks (Gemarkung B., Flur 10, Flurstück Nr.), die Beklagten haben das daran angrenzende, rechts danebenliegende Grundstück (Flurstück Nr.) erworben, um darauf ein Wohnhaus nebst Garage zu errichten; im Herbst 2017 begannen sie, entlang der gemeinsamen Grenze eine Baugrube auszuheben; dabei kam es zu einer Abgrabung von bis zu einer Breite von 1 m auf dem klägerischen Grundstück. Nachdem die Beklagten im Zuge des Baufortschritts an der Grundstücksgrenze eine Garage errichtet und den Grenzbereich durch L-Steine abgesichert hatten, begehrte der Kläger die Wiederherstellung des vor der Abgrabung bestehenden Zustandes seines Anwesens. Von den Beklagten daraufhin vorgenommene Arbeiten hielt er für unzureichend, nach weiterer vergeblicher Aufforderung erhob er Klage zum Landgericht auf Wiederherstellung des abgegrabenen Grundstücksstreifens (Az.: 3 O 81/18). In dem am 14. Januar 2019 vor dem Landgericht abgeschlossenen Vergleich verpflichteten sich die Beklagten, "die Wiederherstellungsarbeiten betreffend des Grundstücks Gemarkung B., Flur 10, Flurstück in einer Breite bis zu rund 1 m, gerechnet von der Grenze zum Grundstück Gemarkung B., Flur 10, Flurstück, insbesondere im Bereich des abschüssigen Hanges bis zum 18. Februar 2019 vollständig fertig zu stellen und somit eine Wiederherstellung des ursprünglichen Geländezustandes herbeizuführen" (Bl. 23 ff. GA). Weil die Arbeiten nach Ansicht des Klägers nicht hinlänglich ausgeführt wurden, betrieb dieser nach Fristablauf die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich und bat am 24. Juli 2019 um Ermächtigung zur Ersatzvornahme auf Kosten der Beklagten unter Vorauszahlung der Kosten in Höhe von 4.309,59 Euro brutto nach Maßgabe eines Angebotes der Firma L. Baumschulen GmbH & Co. KG vom 22. Juli 2019 (§ 887 Abs. 1 und 2 ZPO; Bl. 25 ff., 33 f. GA). Mit Beschluss vom 2. Dezember 2019 wurde der Antrag zurückgewiesen mit der Begründung, der Vergleich enthalte keinen vollstreckungsfähigen Inhalt (Bl. 28 ff. GA). Zwischen den Parteien waren und sind noch andere Rechtsstreitigkeiten anhängig. In einem vor dem Landgericht Saarbrücken unter dem Az. 3 O 145/19 geführten Rechtsstreit wurden die Beklagten verurteilt, an den Kläger wegen an seinem Grundstück eingetretener Schäden im Bewuchs Schadensersatz zu leisten (Urteil vom 25. Januar 2021). Zudem begehrt der Kläger in einem weiteren Rechtsstreit von den Beklagten die Beseitigung der L-Steinmauer aufgrund eines von ihm behaupteten Überbaus; gegen das stattgebende Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 10. Juni 2021 (Az.: 3 O 241/20) ist Berufung zum Senat eingelegt worden, über die ebenfalls am 6. Mai 2022 mündlich verhandelt wurde (Az. 5 U 62/21).

Der Kläger hat nach Zurückweisung seines Zwangsvollstreckungsgesuches am 27. März 2020 Klage zum Landgericht Saarbrücken eingereicht und darin unter Hinweis auf die Vorschrift des § 893 ZPO und das Angebot der Firma L. Baumschulen GmbH & Co. KG vom 22. Juli 2019 einen bezifferten Schadensersatzanspruch in Höhe von 3.028,30 Euro geltend gemacht, verbunden mit dem Antrag, festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet seien, die über diesen Betrag hinausgehenden Kosten zu erstatten, die ihm infolge der Beauftragung einer Fachfirma zur Durchführung der Wiederherstellungsarbeiten betreffend das Grundstück Gemarkung B., Flur 10, Flurstück, in einer Breite bis zu rund 1 m im Bereich des abschüssigen Hanges jeweils des nac...

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