Leitsatz (amtlich)

1. Ab Zustellung des Scheidungsantrags ist der Tilgungsanteil für ein zur Finanzierung vermieteten Wohnungseigentums aufgenommenes Ehe prägendes Darlehen bei der Bedarfsermittlung regelmäßig nicht mehr zu berücksichtigen (Anschluss an BGH FamRZ 2008, 963).

2. Verbrauchsunabhängige Nebenkosten sind regelmäßig nicht von einem Wohnwert beziehungsweise Mieteinnahmen abzusetzen, da sie inzwischen typischerweise auf den Mieter umgelegt werden (Anschluss an BGH FamRZ 2009, 1300).

3. Ist der Unterhaltsberechtigte verpflichtet und in der Lage, eine vollschichtige Tätigkeit in seinem vorehelich erlernten und ausgeübten Beruf aufzunehmen, so spricht dieser Umstand zwar gegen fortdauernde ehebedingte Nachteile (vgl. BGH FamRZ 2008, 1325). Dies gilt allerdings nur, wenn die Einkünfte des Unterhaltsberechtigten aus dieser Tätigkeit wenigstens die Einkünfte aus einer ehebedingt aufgegebenen Erwerbstätigkeit erreichen; dann trifft den Unterhaltsberechtigten die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass gleichwohl ehebedingte Nachteile vorliegen, etwa weil mit der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehezeit Einbußen im beruflichen Fortkommen verbunden waren. Wenn hingegen das jetzt erzielbare Einkommen hinter dem Einkommen aus der früher ausgeübten Tätigkeit zurückbleibt, weil eine Wiederaufnahme der früheren Erwerbstätigkeit nach längerer Unterbrechung nicht mehr möglich ist, bleibt es insoweit bei einem ehebedingten Nachteil, den der Unterhaltsschuldner widerlegen muss (Anschluss an BGH FamRZ 2009, 1990).

 

Normenkette

BGB §§ 1570, 1578b

 

Verfahrensgang

AG Homburg (Urteil vom 09.01.2009; Aktenzeichen 9 F 373/06 S)

 

Tenor

I. Auf die Zweitberufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des AG - Familiengericht - in Homburg vom 9.1.2009 - 9 F 373/06 S - in Ziff. 3. der Entscheidungsformel teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Unter Abweisung der weitergehenden Klage der Antragsgegnerin auf nachehelichen Unterhalt wird der Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin ab 26.6.2009 einen nachehelichen Unterhalt von monatlich 1.155 EUR zu zahlen.

Im Übrigen werden die Erstberufung und die Zweitberufung zurückgewiesen.

II. Bezüglich der Kosten des ersten Rechtzuges bleibt es bei der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

I. Die Parteien, beide Deutsche, haben am ... April 1995 geheiratet. Aus der Ehe ist die Tochter R., geboren am ... September 1996, hervorgegangen, die seit der Trennung der Parteien im Mai 2006 im Haushalt der Antragsgegnerin lebt.

Die Parteien streiten zweitinstanzlich, in welcher Höhe und wie lange der Antragsteller verpflichtet ist, an die Antragsgegnerin nachehelichen Unterhalt zu zahlen.

Der am ... August 1957 geborene Antragsteller ist internistischer Facharzt und als solcher selbständig in [Ort 1] tätig. Bis April 2006 hat er eine Gemeinschaftspraxis mit Herrn Dr. F2., von Mai bis Juni 2006 eine Einzelpraxis und sodann mit Frau Dr. B. von Juli 2006 bis zu deren Ausscheiden im April 2007 eine Gemeinschaftspraxis betrieben. Seit Mai 2007 betreibt der Antragsteller eine Einzelpraxis. Vom 1.1. bis 16.5.2006 hat der Antragsteller wegen einer schweren Erkrankung Krankentagegeld i.H.v. 48.163,28 EUR bezogen.

Die Parteien waren hälftige Miteigentümer des ehelichen Hausanwesens im [Straße 1, Nr.] in [Ort 2]. Ab dem trennungsbedingten Auszug des Antragstellers im Juni 2006 hat die Antragsgegnerin dieses Anwesen mit R. bewohnt, bis es im April 2008 für 355.000 EUR an Dritte veräußert wurde. Das Anwesen wurde über Darlehen bei der [Bankbezeichnung] finanziert, wobei im Rahmen des sog. Zweikontenmodells die Darlehenszinsen vom Antragsteller als betrieblicher Aufwand abgesetzt wurden. Dies hat im Rahmen der Auseinandersetzung der Gemeinschaftspraxis Dr. F2./F. zu einer Rückzahlungsverpflichtung des Antragstellers an die Gemeinschaftspraxis in Höhe der hälftigen Praxisverbindlichkeiten geführt. Diese Schuld wurde im November 2006 durch Aufnahme eines neuen Darlehens bei der [Bankbezeichnung] (Darlehensnummer ...94) über 441.000 EUR finanziert. Der Antragsteller leistet darauf noch Tilgungen von 389 EUR monatlich.

Dieser Umschuldung lag ein zwischen den Parteien im vorliegenden Verfahren am 23.10.2006 geschlossener Vergleich zugrunde. Diesem zufolge sollte das neue Darlehen neben dem vorgenannten Hausdarlehen auch das Darlehen bei der [Bankbezeichnung] Nr. ...17 und die Kontokorrentdarlehen Nr. ...04 sowie ...86 ablösen und ein Vorfälligkeitsentgelt von 9.000 EUR abdecken. Das aufgestockte Darlehen ist durch Grundschulden auf sämtlichen Immobilien der beiden Parteien gesichert. In dem Vergleich hat sich der Antragsteller verpflichtet, dieses Darlehen alleine zurückzuführen und hat die Antragsgegnerin im Innenverhältnis von einer Haftung freigestellt. Der Antragsteller hat sich ferner als Gegenleistung für die von der Antragsgegnerin bewilligte Besicherung des aufgestockten Darlehens d...

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