Leitsatz (amtlich)

1. Zur Haftungsverteilung bei einem Verkehrsunfall, der sich beim Wenden auf der Fahrbahn ereignet hat.

2. Kollidiert eine nur mäßig zu schnell fahrendes Motorrad innerorts mit einem auf der Fahrbahn wendenden Pkw, so muss Pkw selbst unter Berücksichtigung der konstruktionsbedingten Instabilität eines Motorrad die überwiegende Haftung (hier: 75 %) für das Schadensereignis übernehmen.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 21.01.2004; Aktenzeichen 12 O 346/02)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Saarbrücken vom 21.1.2004 - 12 O 346/02 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.894,65 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.11.2002 abzgl. am 3.6.2004 gezahlter 1.045,16 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des ersten Rechtszugs tragen der Kläger zu 28 %, die Beklagten als Gesamtschuldner zu 72 %. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahren als Gesamtschuldner.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird bis zum 21.2.2005 auf 2.894,65 EUR, danach auf 1.749,49 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt der Kläger die Beklagten aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, der sich am 21.7.2002 gegen 15.30 Uhr in ereignete.

Der Kläger befuhr mit seinem Motorrad der Marke Honda Fireblade die Straße in. Die Beklagte zu 1) war Fahrerin des bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Pkw der Marke Peugeot 405. Die Beklagte zu 1) hatte das Fahrzeug aus Sicht des Klägers am rechten Fahrbahnrand der Straße halbseitig auf dem Gehweg abgestellt. Beim Versuch, unter Mitbenutzung der links abbiegenden Straße zu wenden, kam es zum Zusammenstoß.

Der Kläger zog sich eine HWS-Distorsion ersten Grades, eine Claviculafraktur rechts, eine Thorax- und eine Oberschenkelprellung zu und litt noch im September 2002 unter Schmerzen und Bewegungseinschränkungen.

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte zu 1) sei, ohne Setzen des Fahrtrichtungsanzeigers und ohne auf den rückwärtigen Verkehr zu achten, in dem Moment losgefahren, als der Kläger mit seinem Motorrad am Pkw vorbeigefahren sei. Der Kläger sei höchstens 50 km/h schnell gefahren.

Der Kläger hat zunächst beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe eines Betrages von 12.050,87 EUR sowie zur Zahlung eines in das Ermessen des Gerichts gestellten Schmerzensgeldes, mindestens eines Betrages von 2.000 EUR, zu verurteilen.

Die Schadensersatzforderung setzt sich wie folgt zusammen: Für den entstandenen Sachschaden an seinem Motorrad hat der Kläger die Zahlung eines Betrages von 9.700 EUR begehrt. Hinzu kommt ein Betrag von 860,85 EUR für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens. Weiterhin hat der Kläger eine Pauschale i.H.v. 76,69 EUR für An- und Abmeldung sowie eine Kostenpauschale von 25,56 EUR eingefordert. Für die Beschädigungen seines Kombianzugs hat der Kläger 540,95 EUR, für die Zerstörung seiner Schuhe 112,20 EUR, seiner Handschuhe 81,30 EUR und seines Helmes 408,52 EUR Schadensersatz geltend gemacht. Schließlich hat der Kläger die Erstattung der Abschleppkosten i.H.v. 234,80 EUR beansprucht.

Mit Schreiben vom 24.10.2002 (GA I Bl. 56 f.) hat die Beklagte zu 2) auf der Basis einer 60- %igen Haftungsquote den geltend gemachten Kfz-Schaden, die Gutachterkosten und die Kostenpauschale in der vom Kläger geltend gemachten Höhe erstattet. Die Pauschale für die An- und Abmeldungsgebühren hat die Beklagte zu 2) nur in Höhe eines Betrages von 50 EUR als erstattungsfähig betrachtet und hiervon 60 % erstattet. Weiterhin hat die Beklagte 500 EUR auf das geltend gemachte Schmerzensgeld gezahlt.

Die am 11.10.2003 eingereichte Klage ist der Beklagten zu 1) am 16.11.2002 und der Beklagten zu 2) am 18.11.2002 zugestellt worden.

Mit weiterem Schreiben vom 9.1.2003 hat die Beklagte zu 2) den geltend gemachten Bekleidungsschaden "zum Zeitwert mit einer Quote von 60 %" (GA I Bl. 55) mit einer weiteren Zahlung über 540 EUR reguliert.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ein Schmerzensgeld in Höhe eines Betrages von 2.000 EUR sei gerechtfertigt, da er - so seine Behauptung - einen bleibenden Schmerz und eine Mobilitätseinschränkung im Bereich des Schlüsselbeins als Dauerfolge davongetragen habe. Hinsichtlich der geltend gemachten Schäden an der Bekleidung komme ein Abzug "alt für neu" nicht in Betracht, da die genannten Gegenstände praktisch neu gewesen seien.

Im Hinblick auf die dargestellten Teilzahlungen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 12.2.2003 den Klageantrag zu 1) in der Hauptsache in Höhe eines Betrages von 6.881,03 EUR und hinsichtlich des Klageantrags zu 2) in Höhe eines Betrages von 540 EUR für erledigt erklärt.

Die Beklagten haben sich der Erledigungserklärung mit Blick auf die am 21.1.2003 erfolgte Zahlung in Höhe eines Betrages von 540 EUR angeschlossen, im Übrigen der E...

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