Leitsatz (amtlich)

Im Verkehrsunfallprozess trägt der Geschädigte die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die anspruchsbegründenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen während des gesamten klagegegenständlichen Zeitraums unfallursächlich sind. Dieser Beweis ist nicht schon dann erbracht, wenn die Unfallursächlichkeit nur während eines beschränkten Zeitraums sicher feststeht, für einen weiteren Zeitraum jedoch offen bleibt, ob ein manifestes Krankheitsbild, unter dem der Geschädigte nachweisbar leidet, die gleichen gesundheitlichen Beschwerden hervorgerufen hat.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 20.05.2010; Aktenzeichen 4 O 284/08)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Saarbrücken vom 20.5.2010 - 4 O 284/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 153.450 EUR festgesetzt.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt der am ... 1937 geborene Kläger den beklagten Verein auf Erstattung eines Verdienstausfallschadens aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, der sich am 30.6.1999 in Saarbrücken ereignete.

Der Kläger befuhr am Unfalltag als angeschnallter Fahrer eines Pkw der Marke Audi 80, amtliches Kennzeichen, die Wilhelm-Heinrich-Brücke in Saarbrücken. Als er vor einer Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanlage angehalten hatte, fuhr der französische Verkehrsteilnehmer M. S: mit einem von ihm gesteuerten Pkw, der ein französisches Kennzeichen besaß, aus Unachtsamkeit von hinten auf. Durch diesen Aufprall erlitt der Kläger ein HWS-Trauma, einen sog. Tinnitus und eine knapp geringgradige Innenohrschwerhörigkeit. Die weiteren Unfallfolgen sind streitig. Die volle Einstandspflicht des Unfallgegners und seiner französischen Haftpflichtversicherung stehen außer Streit.

Der Kläger hat den Beklagten zunächst in einem Vorprozess (LG Saarbrücken 4 O 77/05, nachgehend OLG Saarbrücken 4 U 686/06-219) auf Zahlung von Schmerzensgeld und von Verdienstausfall in Anspruch genommen. Das Saarländische OLG hat dem Kläger mit rechtskräftigem Urteil vom 21.8.2007 für den Zeitraum vom 1.7.1999 bis zum 31.3.2002 Verdienstausfallschaden i.H.v. 16.872,63 EUR zugesprochen und hierbei ausgeführt, dem Kläger sei der Nachweis gelungen, dass ihm unfallbedingt aus seiner Tätigkeit als zunächst nebenberuflicher, dann als hauptberuflicher Bausparkassenvertreter Verdienste entgangen seien.

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger nunmehr zuletzt im Wege des Leistungsanspruchs weiteren Verdienstausfallschaden aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter für den Zeitraum vom 1.4.2002 bis zum 31.3.2009 geltend gemacht.

Er hat behauptet, er habe nach seiner Frühpensionierung zum 1.1.2000 seine bisherige Tätigkeit als Vertrauensmann der Bausparkasse ausdehnen wollen und sei als Bezirksberater vor allem auch mit der Finanzierungsberatung beauftragt worden. Dies sei seitens der Bausparkasse ausdrücklich zugesagt worden. Er hätte daher wesentlich mehr Zeit für die Betreuung seiner Kunden aufbringen können und deshalb ein höheres Provisionsvolumen erzielt. Durch die Tätigkeit als Bezirksberater hätte sich sein Aufgabengebiet erweitern können, weil er auch Versicherungen und andere Anlagen angeboten hätte. Er habe sich noch aus seiner Zeit als Vertrauensmann einen Kundenstamm von circa 1.000 Stammkunden aufgebaut, die er ohne zeitliche Einschränkungen als Vertrauensmann hätte weiterbetreuen können. Zu berücksichtigen sei, dass er als in den Bezirken S. und R. tätiger Bezirksberater nicht nur auf die Beschäftigten der D. T. als Kunden beschränkt gewesen sei, sondern durch seine hauptberufliche Einbindung in die Betriebsorganisation des wesentlich mehr Kundenkontakte hätte wahrnehmen können.

Ausgehend von diesem Sachvortrag berechnet der Kläger die Klageforderung aufgrund eines Vergleichs mit den Provisionen einer Vergleichskraft: Eine solche Vergleichskraft hätte ein monatliches Umsatzziel zwischen 2.450 und 3.200 EUR erwirtschaftet. Hiervon seien eigene Aufwendungen und Steuern von schätzungsweise 1.000 EUR abzuziehen. Ausgehend von Monatseinkünften in den Jahren 2002-2004 von 2.200 EUR, für das Jahr 2005 von monatlich 2.000 EUR und von Monatseinkünften von je 1.450 EUR für die Jahre 2006-2009 ergebe sich der in Ziff. 1) des Klageantrags geltend gemachte Gesamtschaden. Negative Einkünfte - so die Rechtsauffassung des Klägers - seien in den Jahren vor dem Unfall nicht zu berücksichtigen, weil diese durch Erkrankungen, Versetzungen beziehungsweise Abordnungen sowie durch die Beschäftigung der Tochter des Klägers als Mitarbeiterin in den Jahren 1997-1998 entstanden seien.

Soweit im Vorprozess ei...

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