Leitsatz (amtlich)

Ein Lebensversicherer kann auf Schadensersatz - ggf. auch in Höhe der Versicherungssumme - haften, wenn er einen Versicherungsantrag nicht innerhalb angemessener Zeit bescheidet. Allerdings muss der Versicherungs-nehmer seinerseits alles getan haben, um den Versicherer in die Lage zu versetzen, den Antrag anzunehmen oder abzulehnen.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 07.10.2004; Aktenzeichen 12 O 11/04)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 7.10.2004 verkündete Urteil des LG Saarbrücken, Az. 12 O 11/04, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der durch die Streithilfe entstandenen Kosten; diese hat der Streithelfer zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 2.884.562,30 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin nimmt als Testamentsvollstreckerin und Nachlassverwalterin des Nachlasses ihres am 20.12.2000 verstorbenen Ehemannes H.S. (im Folgenden: Erblasser) die Beklagte auf Schadensersatz wegen vorvertraglicher Sorgfaltspflichtverletzung in Anspruch.

Der Erblasser beabsichtigte, bei der Beklagten Lebensversicherungsverträge abzuschließen.

Am 8.9.1999 ging bei der Beklagten ein Antrag auf Abschluss einer Risikolebensversicherung über eine Versicherungssumme i.H.v. 1,7 Mio. DM und einer weiteren Risikolebensversicherung über eine Versicherungssumme von 3 Mio. DM ein. Bezugsberechtigte hinsichtlich der Risikolebensversicherung über 1,7 Mio. DM sollten die R.-Bank in München, hinsichtlich der Risikolebensversicherung über 3 Mio. DM die Ehefrau sowie die gemeinsamen drei Kinder sein (vgl. Bl. 99/100 d.A.).

In dem Antrag hatte der Erblasser die Ziff. 1 der Gesundheitsfragen ("Leiden oder litten Sie an Krankheiten, Störungen und Beschwerden (z.B. Herz oder Kreislauf, Atmungs-, Verdauungs-, Harn- oder Geschlechtsorgane, Wirbelsäule, Nerven, Psyche, Blut, Zucker, Fettstoffwechsel, Geschwülste oder sonstige Krankheiten)? Wann, woran, wie lange, Folgen? ") verneint, und unter Ziff. 3 der Gesundheitsfragen ("Sind Sie untersucht, behandelt oder operiert worden? Wann und weshalb beanspruchte Ärzte?") angegeben "Jährliche Gesundheitschecks".

Mit Schreiben vom 16.9.1999 (Bl. 16/101 d.A.) forderte die Beklagte den Erblasser auf, zwei ärztliche Untersuchungen von unterschiedlichen Ärzten anhand der beigefügten Formulare "Ärztliches Zeugnis", ein EKG mit Ergometrie, einen aktuellen HIV-Test und verschiedene Laborwerte (vollständiges Blutbild, Blutsenkung(BSG), Kreatininbestimmung, Nüchternblutzucker, Harnsäure, Gesamtcholesterin, Triglyceride, Gamma-GT und SGPT) sowie eine aktuelle Röntgenaufnahme des Thorax vorzulegen; weiterhin wurde der Erblasser aufgefordert, die Antragsunterlagen an den markierten Stellen auf einer von dem Antrag gefertigten Kopie zu vervollständigen und gebeten, den Zweck des Antrages mitzuteilen.

Mit Schreiben vom 15.2.2000 (Bl. 103 d.A.) teilte die Beklagte dem Erblasser mit, dass im Hinblick auf die Unvollständigkeit der Unterlagen eine abschließende Bearbeitung des Antrages nicht möglich gewesen sei, die Ausstellung eines Versicherungsscheins deshalb nicht möglich sei und der eventuell bestehende vorläufige Versicherungsschutz mit Zugang dieses Schreibens ende.

Mit einem vom 23.3.2000 datierenden Schreiben, bei der Beklagten eingegangen am 25.3.2000, wurde der Beklagten auf einem ihrer Formulare das ärztliche Zeugnis eines Dr. P. vom 15.3.2000 über eine am selben Tag durchgeführte Untersuchung des Erblassers übersandt (Bl. 104, 105 ff. d.A.) und gebeten, die "Versicherungssumme zu 2 Mio. an die Bank abzutreten und 1,7 Mio. zu gleichen Teilen an die Ehefrau und die Kinder".

Mit Schreiben vom 4.4.2000 (Bl. 110 d.A.) wies die Beklagte im Hinblick auf das am 29.3.2000 gefertigte Arbeitsblatt zur Risikoprüfung von Abteilung R+P (Bl. 109 d.A.) und unter Beifügung einer Kopie des Untersuchungsformulars (vgl. Bl. 113/114 d.A.) den Erblasser darauf hin, dass in dem ihr übersandten Untersuchungsformular Fragen offen geblieben seien, und bat, die Kopie ergänzen und unterschreiben zu lassen, handschriftlich ergänzt um die Bitte, die mit Schreiben vom 16.9.1999 angeforderten und noch ausstehenden Unterlagen sowie eine beigefügte Antragskopie nach erneuter Unterzeichnung zuzusenden.

An die Erledigung wurde unter Hinweis darauf, dass der Versicherungsschein wegen des Fehlens der erbetenen Unterlagen noch nicht habe ausgestellt werden können, mit Schreiben vom 20.4.2000 erinnert (Bl. 35 d.A.).

Am 4.5.2000 ging bei der Beklagten sodann ein ergänztes und nochmals unterschriebenes Antragsformular ein (vgl. Bl. 111/112 d.A.), in dem für den ersten Versicherungsvertrag (Bezugsberechtigte: R.- Bank, München) eine Versicherungssumme i.H.v. 2 Mio. DM und für den zweiten Versich...

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