Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 27.11.2015; Aktenzeichen 16 O 176/13)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 27.11.2015 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 16 O 176/13 - wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 45.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gegen den Beklagten im Wege der Stufenklage Pflichtteilsansprüche nach dem am 18.08.2009 verstorbenen Erblasser H. W., dem Großvater des Beklagten, geltend. Ob die Klägerin personenidentisch ist mit der Mutter des Beklagten und Tochter des Erblassers, ist streitig.

Die Mutter des Beklagten war in erster Ehe mit dem Vater des Beklagten, dem Zeugen K. W. E., verheiratet. Die Eheleute hatten drei Kinder. Nachdem die Mutter des Beklagten im Jahr 1995 eine außereheliche Beziehung mit dem früheren, aus S. stammenden Hausarzt der Familie eingegangen war, verließ sie im Jahr 1996 - der Beklagte, der älteste Sohn, war 12 Jahre alt - ihre Familie und konvertierte zum muslimischen Glauben. Lediglich den damals achtjährigen Sohn M. hatte sie zunächst mitgenommen, einige Monate später aber wieder zum Zeugen E. zurückgebracht.

Am 28.04.1996 begab sie sich noch einmal in die eheliche Wohnung, um Kleider und andere Gegenstände abzuholen. Dabei kam es zu einer Auseinandersetzung mit dem Erblasser. Die Einzelheiten des Ablaufs sind streitig.

In einem vor dem Notar Dr. M. K. in T. am 24.04.2002 errichteten Testament bestimmte der Erblasser den Beklagten zu seinem alleinigen Erben, setzte für seine Tochter M. P. und deren Kinder sowie die Kinder seiner Tochter C. W. aus deren Ehe mit dem Zeugen E. Vermächtnisse aus und verfügte unter § 6 ("Pflichtteilsentziehung"):

"Ich entziehe meiner vorgenannten Tochter C. den Pflichtteil und zwar aus folgenden Gründen:

Meine Tochter C. hat mich Ende April 1996 am Tage ihres Auszuges aus dem Hausanwesen U. Straße 18 in H. geschlagen. Bei diesem Vorfall waren mein Schwiegersohn K. W. E. sowie meine Tochter M. P. anwesend."

Die Klägerin hat gemutmaßt, Grund für diese Anordnungen sei ihr Übertreten zum Islam gewesen. Den Erblasser bei dem Zusammentreffen im April 1996 geschlagen zu haben, hat sie bestritten. Sie habe mit ihm gesprochen, eine handgreifliche Auseinandersetzung habe es jedoch nicht gegeben. Unabhängig davon hat sie einen Geschehensablauf der vom Beklagten geschilderten Art für ungeeignet gehalten, eine Pflichtteilsentziehung zu rechtfertigen.

Zum Beleg ihrer Identität hat die Klägerin die Fotokopie eines Personalausweises zur Akte gereicht.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zur Auskunft über den Bestand des Nachlasses und zur Zahlung des sich daraus ergebenden Pflichtteils zu verurteilen.

Der Beklagte hat sich dem entgegengestellt.

Er hat sich mit Nichtwissen dazu erklärt, dass es sich bei der Klägerin um seine Mutter handele.

Unabhängig davon hat der Beklagte Pflichtteilsansprüche seiner Mutter unter Hinweis auf die notarielle Pflichtteilsentziehung verneint. In dem dort in Bezug genommenen Vorfall hat er einen Grund zur Pflichtteilsentziehung gemäß § 2333 Nr. 2 BGB a.F. gesehen. Er hat ihn wie folgt geschildert: An dem Tag im April 1996, an dem seine Mutter Gegenstände aus der vormals ehelichen Wohnung abgeholt habe, sei sie dem Erblasser begegnet. Es sei zu einer Auseinandersetzung gekommen, bei der dieser gefragt habe, was nun aus den drei Kindern werden solle. Plötzlich habe sie ihn mit der Hand in Anwesenheit des Zeugen K. W. E. und der Zeugin M. P. - der Schwester seiner Mutter - mehrmals ins Gesicht geschlagen. Verletzungen habe der Erblasser nicht davon getragen.

Vorsorglich hat der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben und vorgetragen, es sei davon auszugehen, dass seine Mutter bereits im Jahr 2009 vom Tod des Erblassers und ihrer Enterbung Kenntnis erlangt habe.

Die - schwer erkrankte - Klägerin ist zu keinem der drei Verhandlungstermine vor dem LG erschienen. Sie hat jeweils ärztliche Bescheinigungen zu einer Reiseunfähigkeit zur Akte gereicht bzw. sich auf den Betreuungsbedarf ihrer sechs minderjährigen Kinder berufen.

Die vom Beklagten als Zeugin benannte M. P. - die Schwester der Mutter des Erblassers - hat von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.

Das LG hat am 20.10.2015 Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen K. W. E.. Dieser hat bekundet, am 28.04.1996 sei eines der Kinder krank gewesen und sein Schwiegervater habe in der Apotheke noch Medikamente besorgt. Als seine damalige Ehefrau ins Haus gekommen sei, sei es zu einem Wortwechsel mit dem Erblasser kommen, bei dem dieser zu seiner Tochter gesagt habe, sie wisse nicht, was sie ihren Kindern antue. Darauf habe sie ihren Vater mehrfach mit der flachen Hand ins Gesich...

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