Leitsatz (amtlich)

Reicht ein Berufsfotograf Filme bei einem Fotolabor als Amateurarbeit ein, so fällt der ihm durch eine unsachgemäße Entwicklung entgangene Gewinn nicht in den Schutzbereich der verletzten Vertragspflicht, weil das Fotolabor nicht mit einem Vermögensschaden des „privaten” Auftraggebers, sondern – abgesehen vom Materialwert – lediglich mit der Geltendmachung eines nicht ersatzfähigen Affektionsinteresses zu rechnen brauchte (§ 253 BGB).

 

Normenkette

BGB §§ 249, 252-253, 635 a.F.; AGBG §§ 2, 24

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 6 O 167/01)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18.10.2001 verkündete Urteil des LG in Saarbrücken – 6 O 167/01 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Klägerin und der Streitwert des Berufungsverfahrens werden auf jeweils 5.624,21 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine Berufsfotografin, reichte in der Vergangenheit bei der Beklagten, die ein Fotolabor betreibt, wiederholt Filme zum Zwecke der Entwicklung ein. Die Filme wurden jeweils als Amateurfilme und nicht als Facharbeit eines Berufsfotografen in Auftrag gegeben, obwohl die Beklagte eine Abteilung für Profiarbeiten unterhält. Im Anschluss an eine Amerikareise, auf der sie Naturaufnahmen gefertigt hatte, beauftragte die Klägerin im Oktober 2000 die Beklagte mit der Bearbeitung von 107 Diafilmen. Bei der Entwicklung der Filme wurden durch eine von der Beklagten eingesetzten Maschine sämtliche 3.210 Einzeldias beschädigt.

Bei Erteilung des Auftrags über das in A. gelegene Fotogeschäft „P.” war der Klägerin ein Abholausweis ausgehändigt worden, der folgende Beschriftung trägt (Bl. 21 d.A.):

„Haftungsbegrenzung: Der Auftrag wird zu den im Geschäft aushängenden allgemeinen Geschäftsbedingungen übernommen. Insbesondere gilt: Fotoarbeiten werden nur 6 Monate aufbewahrt. Bei Filmverlust oder -beschädigung kann Ersatz nur in Höhe des Materialwertes geleistet werden, es sei denn, es liegt grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vor. Lieferverzögerungen berechtigen nicht zu Schadensersatzansprüchen.”

Mit vorliegender Klage beansprucht die Klägerin wegen entgangener Aufträge Schadensersatz in Höhe eines Teilbetrags von 11.000 DM. Das LG, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat die Klage durch das angefochtene Grundurteil (Bl. 64 ff. d.A.) dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung der Beklagten ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Die Klage ist unbegründet, weil die Parteien wirksam einen Haftungsausschluss vereinbart haben, der geltend gemachte Schaden nicht vom Schutzzweck der verletzten Vertragspflicht umfasst wird und schließlich der Schaden auch nicht hinreichend substantiiert dargetan ist.

1. Dem geltend gemachten auf § 635 AGBG beruhenden (BGH v. 28.4.1983 – VII ZR 267/82, WM 1983, 916 f.) Schadensersatzanspruch steht bereits der zwischen den Parteien mit Hilfe des Abholausweises wirksam vereinbarte Haftungsausschluss entgegen.

a) Eine Einbeziehung von AGB in einen Vertrag bedarf einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung. Wird ein solcher Vertrag – wie hier – mit einem Unternehmergeschlossen, so findet zwar § 2 AGBG keine Anwendung (§ 24 S. 1 AGBG). Das bedeutet aber lediglich, dass die durch § 2 AGBG ggü. dem allgemeinen Vertragsrecht formalisierten Einbeziehungsvoraussetzungen ggü. einem Unternehmer nicht erfüllt werden müssen. Es bleibt indessen dabei, dass die AGB nur kraft rechtsgeschäftlicher Vereinbarungen Bestandteil werden können. Notwendig ist demgemäß eine ausdrückliche oder stillschweigende Willensübereinstimmung der Vertragspartner zur Geltung der AGB. Dazu ist erforderlich, dass der eine Teil zum Ausdruck bringt, neben dem individualvertraglich Vereinbarten sollten auch bestimmte AGB Vertragsinhalt werden, und der andere Teil damit einverstanden ist (BGH v. 12.2.1992 – VIII ZR 84/91, MDR 1992, 447 = NJW 1992, 1232).

b) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Bei Vertragsschluss wurde der Klägerin ein Abholausweis ausgehändigt, der den von der Beklagten vorgesehenen Haftungsausschluss unzweideutig zum Ausdruck bringt. Mit der Annahme dieses Abholausweises hat die Beklagte ihr Einverständnis mit der Vertragsbedingung zum Ausdruck gebracht.

c) Der zwischen den Parteien vereinbarte Haftungsausschluss ist gültig. Insbesondere ist nicht die Haftung wegen Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit ausgeschlossen (vgl. BGH v. 28.4.1983 – VII ZR 267/82, WM 1983, 916 f.). Da hier eine Entwicklungsmaschine versagte, ist lediglich einfache Fahrlässigkeit gegeben (BGH v. 28.4.1983 – VII ZR 267/82, WM 1983, 916 f.). Soweit die Beklagte in ihren Geschäftsräumen weiter gehende, im Blick auf § 11 Nr. 7 ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge