Verfahrensgang

AG Saarlouis (Aktenzeichen 20 F 485/18 UG)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in Saarlouis vom 4. März 2021 - 20 F 485/18 UG - aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht - Familiengericht - in Saarlouis zurückverwiesen.

2. Gerichtskosten des zweiten Rechtszugs werden nicht erhoben.

 

Gründe

I. Aus der im Jahr 2013 geschiedenen Ehe der Antragstellerin (fortan: Mutter), die slowakische Staatsangehörige ist, und des Antragsgegners (Vater), der deutscher und tunesischer Staatsbürger ist, gingen die drei gemeinsamen, verfahrensbeteiligten Töchter M., geboren am 14. Juni 2006, Sa., geboren am 6. September 2007, und L., geboren am 25. November 2008, hervor.

Um das Sorge- und Umgangsrecht für diese drei Kinder streiten die Eltern seit Jahren in zahlreichen Verfahren.

Nach der Trennung der Eltern im Dezember 2011 wurden die Kinder zunächst von der Mutter betreut und versorgt.

Aufgrund einer im Verfahren 54 F 60/14 SO des Amtsgerichts Saarbrücken am 3. Februar 2015 erzielten Elternvereinbarung wechselten die Kinder sodann in die Obhut des Vaters. In diesem Verfahren war ein eingehendes psychologisches Sachverständigengutachten eingeholt worden, das die Sachverständige Dipl.-Psychologin Sch. unter dem 17. Juli 2014 schriftlich erstattet und am 4. November 2014 mündlich erläutert hatte.

Im September 2017 kehrten die Kinder wieder zur Mutter zurück, wo sie seither leben; dieser wurde anschließend durch Beschluss des Amtsgerichts Saarlouis vom 29. Mai 2018 - 20 F 152/17 SO - das Aufenthaltsbestimmungsrecht für alle drei Töchter übertragen.

Das Umgangsrecht des Vaters war ebenfalls Gegenstand mehrerer Verfahren, u.a. der Verfahren 20 F 163/18 UG, 20 F 358/18 UG und 20 F 262/19 EAUG des Amtsgerichts Saarlouis. Zuletzt wurde dieses Umgangsrecht durch gerichtlich gebilligten Vergleich vom 10. April 2018 - 20 F 163/18 - dahin geregelt, dass dem Vater ein Wochenendumgang alle 14 Tage zusteht. Im Verfahren 20 F 152/17 SO schlossen die Eltern im Erörterungstermin vom 29. Mai 2018 eine - nicht gerichtlich gebilligte - Elternvereinbarung ab, der zufolge die Abholung der Kinder nicht mehr - wie zuvor - freitags um 16 Uhr, sondern um 18 Uhr erfolgen solle.

Die Akten der genannten Verfahren haben dem Senat vorgelegen; bekannt ist ihm außerdem das Verfahren 20 F 131/17 EAUG, das bei ihm unter der Geschäftsnummer 6 UF 76/17 anhängig war.

Im vorliegenden Verfahren hat die Mutter mit am 23. November 2018 eingegangenem Antrag die Aussetzung des väterlichen Umgangs mit den Kindern erstrebt und dies auf die von ihr behauptete Absicht des Vaters, die Kinder nach Tunesien zu entführen, sowie deren Ängste vor dem Vater wegen erlebter Gewalttätigkeiten gegründet. Der Vater ist dem Antrag entgegengetreten.

Das Familiengericht hat - zeitraubende - Ermittlungen beim Generalkonsulat der tunesischen Republik in Bonn zu der Frage angestellt, ob der Vater für eine Einreise mit den Kindern nach Tunesien neben deren tunesischen Kinderreisepässen - deren Verbleib zwischen den Eltern streitig ist - auch deren deutschen Kinderreisepässe benötige, was das Generalkonsulat unter dem 10. September 2019 bejaht hat. Mit Blick auf die ebenfalls von der Mutter - die nunmehr hilfsweise das väterliche Umgangsrecht auf begleitete Kontakte beschränkt wissen wollte - ins Feld geführten Kindesängste hat das Familiengericht im Erörterungstermin vom 7. Juli 2020 die Eltern und die Sachbearbeiterin des Jugendamts, Frau P., persönlich angehört und letztere damit betraut, die Kinder anzuhören und über das Ergebnis zu berichten. Das Jugendamt, das hierzu sein Einverständnis erklärt hatte, hatte sich in diesem Termin ausdrücklich die Durchführung von begleiteten Umgangskontakten vorbehalten.

Unter dem 23. Juli 2020 hat das Jugendamt über die von Frau P. am 17. Juli 2020 durchgeführte Kindesanhörung berichtet; hierauf wird wegen der Einzelheiten verwiesen.

Nach - in Abwesenheit anderer Personen durchgeführter - persönlicher Anhörung der drei Kinder am 21. Januar 2021, deren Ergebnis in einem halbseitigen Vermerk festgehalten ist, welcher den Beteiligten formlos zugeleitet worden ist, hat das Familiengericht ohne erneute mündliche Erörterung durch den angefochtenen Beschluss vom 4. März 2021, auf den Bezug genommen wird, die Haupt- und Hilfsanträge der Mutter zurückgewiesen.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt diese - im Hilfsantrag vom Jugendamt unterstützt - ihr erstinstanzliches Begehren weiter und stellt vorsorglich Antrag nach § 69 Abs. 1 S. 3 FamFG.

Der Vater bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.

Beide Eltern suchen um Verfahrenskostenhilfe für den Beschwerderechtszug nach.

II. Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Mutter hat in der Sache vorläufigen Erfolg und führt - nachdem die Mutter dies zuletzt vorsorglich beantragt hat und auch die weiteren Voraussetzungen von § 69 Abs. 1 S. 3 FamFG v...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge