Entscheidungsstichwort (Thema)

Umgangsregelung: Pflicht zur Protokollierung des wesentlichen Anhörungsinhalts der Eltern. Beachtung des Konkretheitsgebots bei der Ausgestaltung des Umgangsrechts

 

Leitsatz (amtlich)

a. Das Gericht muss das wesentliche Ergebnis der Anhörung der Eltern nach § 160 FamFG aussagekräftig schriftlich niederlegen (vgl. BGH FamRZ 2001, 907).

b. Kommt die Anordnung lediglich begleiteten Umgangs in Betracht, ist dem Kind regelmäßig nach § 158 Abs. 2 Nr. 5 FamFG ein Verfahrensbeistand zu bestellen; sieht das Gericht hiervon ab, so muss es dies nach § 158 Abs. 3 S. 3 FamFG in der Endentscheidung begründen.

c. Ordnet das Gericht begleiteten Umgang an, so muss es diesen so präzise und erschöpfend regeln, dass er erforderlichenfalls auch zwangsweise vollzogen werden kann. Das Gericht darf daher nicht - auch nicht teilweise - die Regelung des Umgangs in die Hände eines nicht mit sorgerechtlichen Befugnissen ausgestatteten Dritten (hier: Erziehungsberatungsstelle) legen.

 

Normenkette

BGB § 1684; FamFG §§ 160, 158 Abs. 2 Nr. 5, Abs. 3 S. 3

 

Verfahrensgang

AG St. Wendel (Beschluss vom 09.11.2009; Aktenzeichen 6b F 160/09 UG)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - in St. Wendel vom 9.11.2009 - 6b F 160/09 UG - samt des ihm zugrunde liegenden Verfahrens aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die notwendigen Aufwendungen der Beteiligten im Beschwerdeverfahren - an das Familiengericht zurückverwiesen.

II. Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.

 

Gründe

I. Der am. März 2009 geborene verfahrensbetroffene S. ging aus der Ehe der deutschen Mutter und des sri-lankischen Vaters hervor, die seit dem 2.2.2009 voneinander getrennt leben. Das Scheidungsverfahren ist beim Familiengericht unter dem Aktenzeichen 6b F 46/09 S anhängig. Das Kind wird seit seiner Geburt von der Mutter betreut; der Vater hatte zu dem Kind bislang keinen Umgangskontakt. Mit Beschluss vom 11.1.2010 übertrug das Familiengericht der Mutter im Verfahren 6b F 64/09 SO das Aufenthalts-bestimmungsrecht für das Kind.

Am 18.3.2009 hatte das Familiengericht St. Wendel im Verfahren 6b F 47/09/6b F 46/09 EA GS gegen den Vater - ohne diesen zuvor angehört zu haben - eine auf den 17.6.2009 befristete einstweilige Anordnung erlassen, auf die Bezug genommen wird und in der ihm bezüglich der Mutter ein Kontaktaufnahme- und Näherungsverbot - Letzteres auch bezüglich des Kindes - auferlegt worden war. Die einstweilige Anordnung, gegen deren Erlass sich der Vater in der Nachfolge zur Wehr setzte, wurde nicht verlängert.

Die Kindeseltern streiten zweitinstanzlich darum, ob und in welchem Umfang der Vater Umgang mit seinem Kind haben soll.

Mit am 25.9.2009 eingegangenem Schriftsatz hat der Vater beantragt, der Mutter aufzugeben, ihm das Kind zur Ausübung des Umgangs alle zwei Wochen jeweils samstagnachmittags von 15.00 bis 18.00 Uhr herauszugeben, hilfsweise, den Umgang in dem Kindeswohl am besten entsprechender Weise zu regeln.

Die Mutter hat um Abweisung der Anträge gebeten.

Das Jugendamt hat - unter Andeutung von der Mutter behaupteter Handgreiflichkeiten und Entführungsdrohungen des Vaters - die Einrichtung eines begleiteten Umgangs empfohlen.

Durch den angefochtenen Beschluss vom 9.11.2009, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht folgende Umgangsregelung getroffen:

I. Der Antragsteller ist berechtigt, das am.3.2009 geborene Kind S. J. zur Ausübung des elterlichen Umgangs in begleiteter Form in den Räumen der Erziehungsberatungsstelle des Bistums T., [Straße, Nr.], [PLZ, Ort], alle zwei Wochen für 1,5 Stunden zu besuchen.

II. Die kalendermäßige Festlegung der Termine bleibt der Erziehungsberatungsstelle vorbehalten.

III. Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, das Kind pünktlich zu den von der Erziehungsberatungsstelle bestimmten Terminen dort hin zu bringen.

IV. Der Antragsteller ist verpflichtet, pünktlich zu den von der Erziehungsberatungsstelle bestimmten Terminen dort zu erscheinen.

Hiergegen wendet sich die Mutter mit ihrer fristgerechten Beschwerde, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückweisung der Anträge des Vaters auf Umgangsrecht begehrt.

Der Vater trägt auf Zurückweisung der Beschwerde und darauf an, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückzuverweisen.

Das Jugendamt hat sich zweitinstanzlich nicht geäußert. Die Erziehungs-, Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstelle des Bistums T. in hat mit - noch an das Familiengericht gerichtetem - Schreiben vom 18.1.2010 mitgeteilt, dass die Mutter den Umgang seit dem Erlass des angefochtenen Beschlusses mehrfach abgelehnt habe, weshalb zur Zeit eine Durchführung des begleiteten Umgangs nicht möglich sei.

Der Senat hat die Akten 6b F 46/09 S, 6b F 64/09 SO und 6b F 47/09 GS/6b F 46/09 EA GS des AG St. Wendel zum Gegenstand des Anhörungstermins gemacht.

II. Die nach §§ 58 ff. FamFG zuläss...

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