Leitsatz (amtlich)

Der Mehrbedarfsbetrag für Alleinerziehende nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 ZPO i.V.m. § 21 Abs. 3 SGB II ist zusätzlich zum Unterhaltsfreibetrag für Kinder nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 b ZPO zu berücksichtigen. Dies gilt auch dann, wenn der VKHGesuchsteller diesen Mehrbedarf nicht als staatliche Leistung bezieht, sondern seinen Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen bestreitet; allerdings muss er dann die sozialrechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen für den in Rede stehenden Mehrbedarf darlegen und glaubhaft machen.

 

Verfahrensgang

AG Saarbrücken (Aktenzeichen 39 F 153/18 VKH1)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in Saarbrücken vom 31. August 2018 - 39 F 153/18 VKH1 - dahin abgeändert, dass die Ratenanordnung entfällt.

2. Außergerichtliche Kosten des Beschwerderechtszuges werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die nach § 113 Abs. 1 S. 2 i.V.m. §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg und führt zum Wegfall der im angefochtenen Beschluss angeordneten Ratenzahlung.

Die Antragstellerin rügt zu Recht, dass vom ihrem seitens des Familiengerichts unangefochten mit 31,63 EUR festgestellten einzusetzenden Einkommen auch noch der Freibetrag nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 ZPO i.V.m. § 21 Abs. 3 SGB II abzusetzen ist, sodass kein einzusetzendes Einkommen mehr verbleibt.

Soweit das Familiengericht in der Nichtabhilfe die Auffassung vertreten hat, der Mehrbedarfsbetrag für Alleinerziehende sei nicht zusätzlich neben dem Unterhaltsfreibetrag für Kinder nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 (richtig:) b ZPO zu berücksichtigen, vermag der Senat dem nicht beizutreten. Denn es entspricht seit der Neufassung von § 115 Abs. 1 S. 3 ZPO durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 (BGBl. 2013 I, S. 3533) - soweit ersichtlich - allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Literatur, dass der Abzug jenes Freibetrags auch bei einer solchen Partei in Betracht kommt, die diesen Mehrbedarf nicht als staatliche Leistung bezieht, sondern ihren Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen bestreitet; allerdings muss sie dann die sozialrechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen für den in Rede stehenden Mehrbedarf darlegen und glaubhaft machen (OLG Celle JurBüro 2014, 648; OLG Brandenburg, Beschluss vom 8. Dezember 2014 - 13 WF 288/14 -, juris; Zöller/Geimer, ZPO, 32. Aufl., § 115, Rz. 35 b; Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, 37. Aufl., § 115, Rz. 12 b; Poller/Härtl/Köpf/Poller, Gesamtes Kostenhilferecht, 3. Aufl., § 115 ZPO, Rz. 56 a i.V.m. Rz. 61; Groß/Groß, Beratungshilfe/ Prozesskostenhilfe/ Verfahrenskostenhilfe, 14. Aufl., § 115 ZPO, Rz. 71; BT-Drucks. 17/11472, S. 30 l.Sp.u.).

Ausweislich der Erklärung der Antragstellerin über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse samt den vorgelegten Belegen erfüllt die Antragstellerin diese sozialrechtlichen Voraussetzungen für den besagten Mehrbedarf, da sie mit einem minderjährigen Kind zusammenlebt und - wie von ihr auch ausdrücklich vorgetragen - allein für dessen Pflege und Erziehung sorgt. Gegenteilige Anhaltspunkte gehen auch aus dem gesamten Akteninhalt nicht hervor.

Nachdem die Antragstellerin schließlich beanstandungsfrei der Senatsverfügung vom 31. Oktober 2018 nachgekommen ist und hiernach ihre vollständige Kostenarmut auch unter Berücksichtigung von § 115 Abs. 3 ZPO zu bejahen ist, ist der angegriffene Beschluss wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich abzuändern.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI12481586

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