Leitsatz (amtlich)

1. Wenngleich die Übertragung der Alleinsorge auf einen Elternteil für den anderen Elternteil - spiegelbildlich - einen kompletten Sorgerechtsentzug bedeutet, genügt es, dass die Alleinsorge dem Kindeswohl (schlicht) besser entspricht als die Beibehaltung der gemeinsamen Sorge; keinesfalls ist eine Kindeswohlgefährdung Voraussetzung für die vollständige Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge.

2. Sind die Eltern nicht in der Lage, die Belange ihres Kindes gemeinsam zu regeln und ist deshalb mit fortdauernden Belastungen des Kindes als Folge des Konflikts zu rechnen, ist die Alleinsorge eines Elternteils einer gemeinsamen Sorge beider Elternteile vorzuziehen, und zwar unabhängig davon, welcher Elternteil für die fehlende Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit (überwiegend) verantwortlich ist.

3. Nach § 1671 Abs. 1 BGB kann die elterliche Sorge nur auf den antragstellenden, nicht aber auf den anderen Elternteil, der keinen dahingehenden Antrag (mehr) stellt, übertragen werden.

 

Verfahrensgang

AG Ottweiler/Saar (Beschluss vom 23.01.2015; Aktenzeichen 13 F 329/13 SO)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den am 23.1.2015 verkündeten Beschluss des AG - Familiengericht - in Ottweiler - 13 F 329/13 SO - wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.

2. Der Verfahrenswert der Beschwerdeinstanz wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

3. Der Antragstellerin wird die für das Beschwerdeverfahren nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe verweigert.

 

Gründe

I. Aus der Beziehung der 1982 geborenen Antragstellerin (Mutter) und des 1971 geborenen Antragsgegners (Vater) - beide Deutsche und Gymnasiallehrer an derselben Schule - die weder miteinander verheiratet waren noch sind, ging am ... der beteiligte Sohn K. hervor. Der Vater hatte die Vaterschaft für K. am 29.12.2009 anerkannt; am 26.4.2011 gaben die Eltern für das Kind Sorgeerklärungen ab. Die Eltern führten nie einen gemeinsamen Haushalt; K. wohnte bei der Mutter. Dies auch seit der Trennung der Eltern am 28.3.2012; der Vater hat seitdem regelmäßig Umgang mit dem Kind.

Seit der Trennung streiten die Eltern - die sich inzwischen siezen - durchgängig über verschiedene Sorgerechtsteilbereiche und das väterliche Umgangsrecht mit K.; insoweit wird auf die Darstellung des Familiengerichts im angefochtenen Beschluss und die dem Senat vorliegenden Akten 13 F 132/12 UG, 13 F 279/12 UG, 13 F 339/12 EASO, 13 F 247/13 EASO und 13 F 133/13 UG des AG Ottweiler verwiesen.

Im vorliegenden Verfahren hat die Mutter mit am 29.10.2013 eingegangenem Antrag die Zuweisung der Alleinsorge für K. begehrt. Der Vater hat seinerseits die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, des Rechts zur Vertretung in behördlichen Angelegenheiten und das Recht der Gesundheitsfürsorge für K. erstrebt. Der für K. bestellte Verfahrensbeistand und das Jugendamt haben den Antrag der Mutter befürwortet.

Im Anhörungstermin vom 7.1.2014 haben die Eltern vereinbart, unverzüglich eine Mediation bei einem Pastor durchzuführen und in Kürze wegen der bei K. zuvor festgestellten Phimose einen gemeinsamen Termin bei einem Kinderurologen wahrzunehmen. Das Verfahren ist mit Blick darauf zum Ruhen gebracht worden.

Nachdem keine Mediation zustande gekommen ist, hat das Familiengericht das Verfahren fortgeführt und im Anschluss an den Anhörungstermin vom 15.7.2014 ein schriftliches familienpsychologisches Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Psychologin Dr. U. eingeholt. Mit Billigung des Familiengerichts hat die Sachverständige die Familientherapeutin H. zur Unterstützung hinzugezogen. Das Gutachten ist von der Sachverständigen unter dem 30.10.2014 erstattet worden und wird in Bezug genommen.

Im Erörterungstermin vom 13.1.2015 hat das Familiengericht die Eltern, K., dessen Verfahrensbeistand, die Sachbearbeiterin des Jugendamts sowie die Sachverständige persönlich angehört; auf die Sitzungsniederschrift sowie den Vermerk über die Kindesanhörung vom selben Tage wird verwiesen.

Durch den am 23.1.2015 verkündeten, nicht datierten, angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht der Mutter die Alleinsorge für K. übertragen.

Mit seiner Beschwerde erstrebt der Vater die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückweisung des Antrags der Mutter. Diese bittet - vom Verfahrensbeistand und dem Jugendamt unterstützt - um Zurückweisung der Beschwerde und sucht um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nach.

II. Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde des Vaters bleibt ohne Erfolg.

Zu Recht und mit wohlerwogener Begründung hat das Familiengericht auf der Grundlage von § 1671 (richtig allerdings:) Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nr. 2 BGB der Mutter die Alleinsorge für K. übertragen.

Der Senat tritt vorbehaltlos der Beurteilung des Familiengerichts bei, dass es dem Wohle K. s am besten entspricht, die für diesen bestehende gemeinsame Sorge der Eltern vollständig aufzuheben.

Nach § 1671 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nr. 2 BGB setzt der Fortbestand der gemeinsamen elterlichen ...

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