Leitsatz (amtlich)

1. Sind die Eltern nicht in der Lage, die Belange ihres Kindes gemeinsam zu regeln und ist deshalb mit einer Belastung des Kindes als Folge des Konflikts zu rechnen, ist die Alleinsorge eines Elternteils einer gemeinsamen Sorge beider Elternteile vorzuziehen, und zwar unabhängig davon, welcher Elternteil für die fehlende Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit (überwiegend) verantwortlich ist.

2. Wer gegen den anderen Elternteil - unter Einbeziehung des gemeinsamen Kindes - intrigiert, kann nicht gleichzeitig glaubhaft vortragen, dass eine ausreichende Grundlage dafür besteht, verantwortungsbewusst gemeinsam mit dem anderen Elternteil Entscheidungen für das Kind zu treffen.

 

Normenkette

BGB § 1671 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Völklingen (Beschluss vom 19.05.2014; Aktenzeichen 8 F 370/12 SO)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - in Völklingen vom 19.5.2014 - 8 F 370/12 SO - wird zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - in Völklingen vom 19.5.2014 - 8 F 370/12 SO - abgeändert und dem Antragsgegner die alleinige elterliche Sorge für das beteiligte Kind L. A. V. D., geboren am ..., übertragen.

3. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Für die erste Instanz bewendet es bei der Kostenentscheidung des Familiengerichts.

4. Der Verfahrenswert der Beschwerdeinstanz wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

5. Der Antragstellerin wird die für ihre Beschwerde nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe verweigert.

 

Gründe

I. Aus der im Jahr 2001 geschlossenen und seit dem 26.5.2014 rechtskräftig geschiedenen Ehe der Antragstellerin (Mutter) und des Antragsgegners (Vater), beide Deutsche, ging am ... die Tochter L. A. V. hervor. Die Eltern, die bereits zahlreiche Familien-, davon rund 20 kindschaftsrechtliche Verfahren gegeneinander geführt haben, trennten sich räumlich endgültig im Oktober 2011. L. blieb zunächst bei der Mutter, der die vormalige Ehewohnung im Rahmen des vor dem Familiengericht geführten Verfahrens 8 F 503/11 EAWH auf der Grundlage eines am 26.10.2011 geschlossenen Vergleichs zugewiesen blieb; in diesem Vergleich einigten sich die Eltern - insoweit gerichtlich gebilligt - außerdem u.a. auf ein unbegleitetes Umgangsrecht des Vaters mit L. (Bl. 828 f. d.A.). Die Ehewohnung befindet sich in einem Haus, in dem auch der Bruder der Mutter (fortan: Onkel) eine Wohnung bewohnt. Nachdem es Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Umgangsvereinbarung gab, kam es zu mehreren sorge- und umgangsrechtlichen Verfahren; im Verfahren 8 F 582/11 UG schlossen die Eltern dann am 18.1.2012 einen gerichtlich gebilligten Umgangsvergleich, in welchem dem Vater periodischer, unbegleiteter Umgang mit L. eingeräumt wurde. Schon kurze Zeit später kam es erneut zu Problemen mit der Durchsetzung des Umgangsrechts.

Im vorliegenden Verfahren hat die Mutter mit am 20.7.2012 eingegangenem Antrag die Übertragung der Alleinsorge, hilfsweise des Aufenthaltsbestimmungsrechts für L. beantragt. Der Vater hat seinerseits die Zuweisung der Alleinsorge für L. auf sich begehrt. Das Familiengericht hat L. am 21.8.2012 einen Verfahrensbeistand bestellt (Bl. 41 f. d.A.).

Nachdem die Mutter u.a. vorgetragen hatte, der Vater habe L. zweimal - u.a. während des Umgangswochenendes vom 9. bis 11.11.2012 - geohrfeigt, was der Vater bestritten hat, hat das Familiengericht durch einstweilige Anordnung vom 10.12.2012 den Umgangsvergleich vom 18.1.2012 vorläufig abgeändert, Umgangspflegschaft angeordnet, die Umgangspflegerin C.-B. bestellt und dem Vater ein begleitetes Umgangsrecht jeden Freitag von 14 bis 19 Uhr gewährt (Bl. 155 d.A.). Durch Beweisbeschluss vom selben Tage (Bl. 161 ff. d.A.) - der in der Nachfolge mehrfach ergänzt worden ist (Bl. 193 f., 237 f., 279 f. d.A.), worauf verwiesen wird - hat das Familiengericht die Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens in Bezug auf die Sorge- und Umgangsregelung angeordnet und die Dipl.-Psychologin Sch. zur Sachverständigen ernannt. Eine - auch - im vorliegenden Verfahren in der Folge erklärte Befangenheitsablehnung der Mutter gegen die Sachverständige ist bis in die Rechtsmittelinstanz erfolglos geblieben (Senatsbeschluss vom 24.9.2013 - 6 WF 142/13; Bl. 518 ff. d.A.). Gleiches gilt hinsichtlich eines Antrags der Mutter auf Entlassung der Umgangspflegerin C.-B., den das Familiengericht mit Beschl. v. 13.3.2013 - 8 F 110/13 EAUG - zurückgewiesen hat (Bl. 297 ff. d. BA 8 F 110/13 EAUG).

Nachdem die Umgangsregelung ab Februar 2013 - auch unter Mitwirkung der Umgangspflegerin - nicht mehr durchgesetzt werden konnte, hat das Familiengericht nach mündlicher Erörterung im Termin vom 12.4.2013 (Bl. 230 ff. d.A.) mit Beschluss vom selben Tage (Bl. 240 ff. d.A.) gegen die Mutter ein Ordnungsgeld von 2.000 EUR festgesetzt; die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Mutter hat der Senat durch Beschl. v. 2.5.2013 - 6 WF 80/13 - (Bl. 360 ff. d.A.) zurückgewiesen.

Am selb...

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