Leitsatz (amtlich)

Gegen den Billigungsbeschluss nach § 156 Abs. 2 FamFG ist die Beschwerde gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft.

Der Billigungsbeschluss geht ins Leere, wenn es an einem ordnungsgemäß protokollierten Vergleich fehlt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Vergleich nur "laut diktiert und genehmigt", indes nicht mehr vorgespielt wurde. In diesem Fall kann das Beschwerdegericht den angefochtenen Billigungsbeschluss aufheben und die Sache nach § 69 Abs. 1 S. 2 FamFG an das Familiengericht zurückverweisen, weil dieses dann bislang in der Sache selbst noch nicht entschieden hat.

 

Verfahrensgang

AG Merzig (Aktenzeichen 20 F 185/17 UG)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Merzig vom 12. Juni 2019 - 20 F 185/17 UG - aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die notwendigen Aufwendungen der Beteiligten im Beschwerdeverfahren - an das Familiengericht zurückverwiesen.

2. Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.

3. Beschwerdewert: 3.000 EUR.

 

Gründe

I. Das verfahrensbetroffene Kind M. ist aus der rechtskräftig geschiedenen Ehe der weiteren Beteiligten zu 1 und 2 hervorgegangen. Zwischen den Kindeseltern war seit der Trennung im Jahr 2010 und dem Verbleib M.s im Haushalt der Kindesmutter eine Vielzahl von Sorgerechts- und Umgangsverfahren anhängig. In dem Verfahren 20 F 282/13 UG des Amtsgerichts - Familiengericht - Merzig wurde der Umgang von M. mit dem Kindesvater durch gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung vom 11. Mai 2016 u.a. dahingehend geregelt, dass ein solcher von freitags nach dem Kindergarten bzw. nach Schulende bis sonntags 19.30 Uhr ausgeübt wird und dass die Ferienzeiten zwischen den Kindeseltern geteilt werden.

In dem vorliegenden Verfahren wurde zwischen den Kindeseltern nach Anhörung des Kindes und der weiteren Beteiligten sowie der Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens in der mündlichen Verhandlung vom 12. Juni 2019 eine vom Verfahrensbeistand sowie dem Jugendamt gebilligte Elternvereinbarung geschlossen, die abweichend von der am 11. Mai 2016 geschlossenen Umgangsvereinbarung u.a. einen Umgang M.s mit dem Kindesvater 14-tägig mittwochs in der Zeit von 14.30 Uhr bis 17.00 Uhr in den Räumen des Familienzentrums in Losheim vorsah. Ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 12. Juni 2019 wurde die Elternvereinbarung laut diktiert und genehmigt. Mit Beschluss vom selben Tag wurde die Elternvereinbarung gerichtlich gebilligt und eine Kostenentscheidung getroffen. Eine Belehrung über die Folgen einer Zuwiderhandlung fehlt.

Mit am 15. Juli 2019 beim Familiengericht eingegangenem Schreiben hat der Kindesvater, der zur Fortbewegung auf einen Rollstuhl angewiesen ist, gegen den Beschluss vom 12. Juni 2019 "Widerspruch" eingelegt und sich auf eine an das Familiengericht gerichtete E-Mail vom 12. Juli 2019 bezogen, in der er rügt, dass der Zugang zum Familienzentrum in Losheim nicht behindertengerecht bzw. barrierefrei ausgestaltet sei.

Die übrigen Beteiligten hatten im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme.

II. Die Beschwerde des Kindesvaters ist gemäß §§ 58 ff FamFG statthaft - als Endentscheidung ist der Billigungsbeschluss anfechtbar (OLG Hamm FamRZ 2015, 1988; Schlünder in: BeckOK FamFG, Stand: 1.7.2019, § 156, Rn. 18a, mwN; Völker/Clausius/Wagner in: Kemper/Schreiber, Familienverfahrensrecht, 3. Aufl., § 156 FamFG, Rn. 7) - und auch im Übrigen zulässig, namentlich nach Aktenlage formund fristgerecht eingelegt worden. In der Sache hat die Beschwerde einen vorläufigen Erfolg. Denn der Beschluss des Familiengerichts vom 12. Juni 2019, mit dem dieses in Abänderung einer Entscheidung des Familiengerichts vom 11. Mai 2016 - 20 F 282/13 UG - eine zwischen den Kindeseltern in der Sitzung vom 12. Juni 2019 mit Billigung des Jugendamtes und des Verfahrensbeistandes geschlossene Elternvereinbarung gebilligt hat, war gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG aufzuheben und die Sache an das Familiengericht zur erneuten Behandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Eine wirksame Elternvereinbarung über den Umgang des Kindesvaters mit M. ist am 12. Juni 2019 in der mündlichen Verhandlung nicht zustande gekommen. Die als Vergleich protokollierte Elternvereinbarung ermangelt der Wirksamkeit, weil sie ausweislich des Protokolls nur laut diktiert und genehmigt, indes nicht mehr vorgespielt worden ist, §§ 36 Abs. 2 Satz 2 FamFG, 162 Abs. 1, 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO. Werden die für das Verfahren besonders wichtigen Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 1, Nrn. 3 bis 5, Nr. 8 und Nr. 9 ZPO oder zu Protokoll erklärte Anträge (§ 297 Abs. 1 Satz 3 ZPO) in die Sitzungsniederschrift oder ihre vorläufige Aufzeichnung (§ 160a ZPO) aufgenommen, ist den Beteiligten (§ 160 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) der entsprechende Protokollinhalt vorzulesen, zur Durchsicht vorzulegen oder - bei vorläufiger Aufzeichnung des Protokolls auf Ton- oder sonstigen Datenträger- vorzuspielen und sodann im Protokoll zu vermerken, dass ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge