Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 6 O 181/15)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 04.11.2016 (Aktenzeichen 6 O 181/15) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Am 22.07.2014 gegen 16.25 Uhr ereignete sich in der Straße ... pp. in Sp., einer Anliegerstraße ohne Mittellinie mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h, ein Verkehrsunfall, als der am 07.12.1998 geborene Kläger mit seinem von ihm geführten Mofa Tomos A3 mit dem Versicherungskennzeichen XXXXXX aus der Zuwegung des Hauseingangs zum Anwesen Nr. XX fuhr und es zum Zusammenstoß mit dem von der am 30.12.1941 geborenen Beklagten zu 1 geführten und ihr gehörenden, bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw XXX XXX mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XXXXX kam. Die Kollision ereignete sich auf der aus Sicht des Klägers gegenüberliegenden bzw. aus Sicht der Beklagten zu 1 linken Straßenseite. Das Ermittlungsverfahren gegen die Beklagte zu 1 wurde durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Saarbrücken vom 07.01.2015 (Aktenzeichen 65 Js 1898/14) gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Mit Anwaltsschreiben vom 28.07.2014 und vom 16.02.2015 forderte der Kläger die Beklagte zu 2 ohne Erfolg zur Anerkennung der Haftung auf.

Der Kläger hat behauptet, er habe zunächst am Fahrbahnrand angehalten, da ihm durch beiderseits der Zuwegung parkende Fahrzeuge die Sicht versperrt gewesen sei. Nachdem er sich nach rechts und links vergewissert gehabt habe, dass alles frei gewesen sei, sei er langsam nach links angefahren. Dabei habe er den von links kommenden Pkw der Beklagten zu 1 mit hoher Geschwindigkeit ankommen gesehen und deshalb sofort gebremst. Auch das Beklagten-Fahrzeug habe abgebremst, 2 m vor ihm aber wieder beschleunigt, weil die Beklagte zu 1 anscheinend das Gas mit der Bremse verwechselt habe, den Kläger auf dem Mofa an der linken Seite erfasst, aufgeladen und über circa 18 m auf der Motorhaube mitgenommen, bis er infolge einer Vollbremsung der Beklagten zu 1 auf den Boden gefallen sei. Durch das Unfallgeschehen habe der Kläger unter anderem eine dreigradige offene Tibiaschaftmehrfragmentfraktur am linken Bein mit Durchspießung und großflächigem subcutanem Decollement und eine Fibulafraktur erlitten.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger den ihm anlässlich des Verkehrsunfallgeschehens vom 22.07.2014 in Spiesen-Elversberg entstandenen und zukünftig entstehenden materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit dieser nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen ist, und

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 887,03 EUR außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (18.06.2015) zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet, der Kläger sei mit seinem Mofa aus der Hofeinfahrt geschossen, ohne auf den Verkehr zu achten, und er sei dann gegen das Beklagten- Fahrzeug gefahren. Die Beklagte zu 1 sei sehr langsam gefahren und habe die zulässige Geschwindigkeit von 30 km/h nicht annähernd erreicht. Ferner treffe den Kläger ein erhebliches Mitverschulden, weil er ohne Schutzkleidung gefahren sei.

Das Landgericht hat den Kläger (Bd. I Bl. 53, 54 unten d. A.) und die Beklagte zu 1 (Bd. I Bl. 54 d. A.) als Partei angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen H. K. (Bd. I Bl. 55 f. d. A.), C. M. (Bd. I Bl. 56 f. d. A.) und A.-K. M. (Bd. I Bl. 58 d. A.) sowie gemäß dem Beschluss vom 12.04.2016 (Bd. I Bl. 69 f. d. A.) und durch mündliche Erläuterung des verkehrstechnischen Gutachtens durch den Sachverständigen Dipl.-Phys. J. M. (Bd. I Bl. 191 d. A.). Mit dem am 04.11.2016 verkündeten Urteil (Bd. II Bl. 197 ff. d. A.) hat das Landgericht unter Klageabweisung im Übrigen festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger den ihm anlässlich des Verkehrsunfallgeschehens vom 22.07.2014 in Spiesen-Elversberg entstandenen und zukünftig entstehenden materiellen und immateriellen Schaden zu 25 v. H. zu ersetzen, soweit dieser nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen ist, und die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 334,75 EUR außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.06.2015 zu zahlen. Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil Bezug.

Mit ihrer gegen dieses Urteil eingelegten Berufung machen die Beklagten geltend, auf Grund des gegen den Kläger sprechenden, nicht erschütterten Anscheinsbeweises sei für eine Mithaftung der Be...

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