Leitsatz (amtlich)

1. Auf das Einfahren vom Parkplatz eines Einkaufsmarktes auf eine um das gesamte Parkplatzgelände herumgeführte Zu- und Abfahrtstraße (Ringstraße) ist § 10 Satz 1 StVO zumindest analog anzuwenden.

2. Kommt es zwischen einem solchermaßen einfahrenden Pkw und einem die Ringstraße (schräg) überquerenden Fußgänger zum Zusammenstoß, greift kein Anscheinsbeweis zu Lasten des Einfahrenden.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 15.01.2016; Aktenzeichen 4 O 295/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 15.01.2016 (Aktenzeichen 4 O 295/14) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 18.307,86 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.09.2014 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten nach Maßgabe einer Haftungsquote von 75 v. H. verpflichtet sind, der Klägerin alle zukünftigen Aufwendungen zu erstatten, welche diese für ihre Versicherungsnehmerin A. V., geboren am XX.XX.XXXX, wohnhaft ... pp., auf Grund des durch den Beklagten zu 1 verursachten Unfalls vom 22.12.2009 in der ...pp.straße in ...pp. zu erbringen haben wird.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 34 v. H. und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 66 v. H. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 34 v. H. und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 66 v. H.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Vollstreckung durch die jeweilige andere Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die jeweilige andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die klagende gesetzliche Krankenversichererin nimmt die Beklagten aus übergegangenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch.

Am 22.12.2009 gegen 17.18 Uhr wollte der am XX.XX.XXXX geborene Beklagte zu 1 mit dem Pkw Citroën Berlingo mit dem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten amtlichen Kennzeichen XXX-XXXX aus dem Parkbereich nach links auf die doppelspurige, den Parkplatz begrenzende und um ihn herum geführte Einbahnstraße einbiegen, die als Ringstraße das Parkplatzgelände des Globus-Einkaufmarktes in ...pp. umgibt. Die am XX.XX.XXXX geborene Zeugin A. V., eine Versicherungsnehmerin der Klägerin, wollte die Ringstraße zu Fuß aus Sicht des Beklagten zu 1 von links nach rechts überqueren, um über einen sich als Trampelpfad darstellenden Durchgang in dem mit Bäumen und Büschen bewachsenen, rechts anschließenden Grünstreifen über die an dieser Stelle parallel zur Ringstraße verlaufende Neunmorgenstraße weiter in die angrenzende Siedlung zu gelangen. Auf der Ringstraße kam es unter im Einzelnen streitigen Umständen zum Unfall. Durch den Anstoß kam die Zeugin zu Fall und erlitt eine offene Luxationsfraktur am Sprunggelenk des rechten Fußes. Im Unfallzeitpunkt regnete es stark, und die Zeugin trug eine braune Jacke und eine blaue Hose. In rund 46 m Entfernung von der Unfallstelle befindet sich ein markierter Fußgängerüberweg. Die Klägerin hat für die Zeugin Frau A. V. Aufwendungen gemäß Aufstellung in der Klageschrift (Bl. 5 f. d. A.) abzüglich der im Schriftsatz vom 12.10.2015 angegebenen Positionen (Bl. 112 d. A.) in Höhe von insgesamt 37.743,81 EUR erbracht. Die Beklagte zu 2 hat vorgerichtlich auf die Aufwendungen der Klägerin am 17.06.2010 eine Zahlung in Höhe von 10.000 EUR geleistet. Mit Schreiben vom 04.07.2014 hat die Beklagte zu 2 erklärt, soweit ein Zukunftsschaden nicht auszuschließen sei, werde sie mit der Wirkung eines heute rechtskräftigen Feststellungsurteils die von der Zeugin Frau A. V. auf die Klägerin aus dem Unfall vom 22.12.2009 übergegangenen Ansprüche unter Beachtung ihrer Vorschusszahlung von 10.000 EUR mit einer Quote von 25 v. H. erstatten.

Die Klägerin hat in der Klageschrift behauptet, die Zeugin Frau A. V. habe sich vor Überquerung davon überzeugt, dass sich kein Auto auf der Straße befunden habe. Der Beklagte zu 1 habe beim Einbiegen auf die Ringstraße nicht auf die Zeugin geachtet. Diese habe sich noch etwa zwei Schritte vor der rechten Fahrbahn befunden, als der Beklagte zu 1 sie mit seinem Fahrzeug erfasst habe. In der Replik hat die Klägerin dargelegt, die Zeugin Frau A. V. habe sich, wie von der Klägerin vorgetragen, noch etwa zwei Schritte vor dem Ende der Fahrbahn rechts aus Sicht des Beklagten zu 1 befunden, als sie angefahren worden sei.

Die Klägerin hat unter Bezugnahme auf die den Beklagten am 20.09.2014 zugestellte Klageschrift zunächst beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 29.546,89 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen und

2. festzus...

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