Wurde keine bzw. keine wirksame Rechtswahl getroffen, bestimmt sich das auf die Ehescheidung oder Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anwendbare Recht nach Art. 8 ROM-III-Verordnung. Dieser sieht Anknüpfungsregelungen in einer Form Kegel´schen Leiter, die z.B. Art. 14 EGBGB zu Grunde liegt, vor.

Danach ist folgendes Recht anzuwenden:

  • das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (lit. a);
  • das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten. Dieser ist aber nur maßgebend, wenn er nicht mehr als ein Jahr vor Anrufung des Gerichts endetet und einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (lit. b);
  • das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts besitzen (lit. a);
  • das Recht des angerufenen Gerichts, d.h. die lex fori (lit. d).

Art. 8 ROM-III-Verordnung stellt immer auf den nach Art. 16 Brüssel IIa-VO zu bestimmenden Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts ab.[1] Danach ist i.d.R. die Einreichung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks bei Gericht maßgeblich, vgl. Art. 16 Abs. 1 lit a Brüssel IIa-VO.

 
Achtung

Abweichend von § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. §§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO ist danach nicht der Zeitpunkt der Zustellung beim Gegner, sondern der der Anhängigkeit des Antrags entscheidend.

Durch nachfolgendes Beispiel wird die Intention der Verordnung deutlich: Es soll diejenige Rechtsordnung angewandt werden, zu der die Ehegatten einen engen Bezug haben.[2]

 
Praxis-Beispiel

M und F sind miteinander verheiratet und leben in Stuttgart. Beide sind griechische Staatsangehörige. F möchte sich von M scheiden lassen.

Mangels Rechtswahl bestimmt sich das auf die Scheidung anwendbare Recht nach Art. 8 lit. a ROM-III-Verordnung, sodass deutsches Recht gilt.

Der enge Bezug wird nicht durch die gemeinsame Staatsangehörigkeit, sondern durch den gemeinschaftlichen gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts vermittelt.

Indem auf den Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts abgestellt wird, sind spätere anknüpfungsrelevante Umstände, z.B. Umzug oder Wechsel der Staatsangehörigkeit, unbeachtlich, es sei denn, die Beteiligten treffen während des gerichtlichen Verfahrens noch eine Rechtswahl (Art. 5 Abs. 3 ROM-III-Verordnung).

[1] Vgl. Erwägungsgründe Nr. 10 I 1, Nr. 13.
[2] Vgl. Erwägungsgrund Nr. 21.

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