DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf die Artikel 93 und 94,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments ([1]),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses ([2]),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Die Richtlinie 76/308/EWG des Rates vom 15. März 1976 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen ([3]) ist mehrfach und in wesentlichen Punkten geändert worden ([4]). Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Klarheit empfiehlt es sich, die genannte Richtlinie zu kodifizieren.
(2) Die einzelstaatlichen Bestimmungen auf dem Gebiet der Beitreibung stellen schon wegen ihres auf das jeweilige Hoheitsgebiet begrenzten Anwendungsbereichs ein Hindernis für die Errichtung sowie eine Beeinträchtigung des Funktionierens des Binnenmarkts dar. Dies bedeutet, dass die Gemeinschaftsvorschriften insbesondere für den Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik nicht vollständig und gleichmäßig angewandt werden können, wodurch betrügerischen Praktiken Vorschub geleistet wird.
(3) Es müssen Maßnahmen getroffen werden, um der aus der Entwicklung des Steuerbetrugs erwachsenden Bedrohung der finanziellen Interessen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten sowie des Binnenmarkts zu begegnen, um dessen Wettbewerbsfähigkeit und Neutralität in steuerlicher Hinsicht besser zu gewährleisten.
(4) Es erscheint infolgedessen erforderlich, gemeinschaftliche Regeln zur gegenseitigen Unterstützung bei der Beitreibung zu erlassen.
(5) Diese Regeln sollten sich auf die Beitreibung sowohl von Forderungen aus den verschiedenen Maßnahmen im Rahmen des Systems der vollständigen oder teilweisen Finanzierung des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums als auch von Abschöpfungen und anderen Abgaben, Einfuhr- und Ausfuhrabgaben, der Mehrwertsteuer, der Verbrauchsteuern (Tabakwaren, Alkohol und alkoholische Getränke sowie Mineralölprodukte) sowie der Einkommen- und Kapitalsteuern und der Steuern auf Versicherungsprämien erstrecken. Ebenso sollten sie für die Beitreibung der mit diesen Forderungen verbundenen Zinsen, von Verwaltungsbehörden verhängte Geldstrafen und Geldbußen, mit Ausnahme von Sanktionen mit strafrechtlichem Charakter, sowie Kosten gelten.
(6) Die gegenseitige Unterstützung sollte für die ersuchte Behörde darin bestehen, dass sie der ersuchenden Behörde die Auskünfte erteilt, die dieser für die Beitreibung der in dem Mitgliedstaat, in welchem sie ihren Sitz hat, entstandenen Forderungen von Nutzen sind, und dass sie einem Schuldner alle mit solchen Forderungen zusammenhängenden Rechtsakte dieses Mitgliedstaats zustellt sowie auf Antrag der ersuchenden Behörde die Beitreibung der in dem Mitgliedstaat, in welchem Letztere ihren Sitz hat, entstandenen Forderungen vornimmt.
(7) Diese verschiedenen Formen der Unterstützung sollten von der ersuchten Behörde unter Wahrung der einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie ihren Sitz hat, angewendet werden.
(8) Es sind die Bedingungen festzulegen, unter denen die Unterstützungsersuchen von den ersuchenden Behörden gestellt werden müssen, und es ist abschließend zu definieren, unter welchen besonderen Umständen die ersuchte Behörde in einem bestimmten Fall einem Unterstützungsersuchen nicht stattzugeben braucht.
(9) Damit Forderungen, die Gegenstand eines Beitreibungsersuchens sind, rascher und wirksamer beigetrieben werden können, sollte der betreffende Vollstreckungstitel grundsätzlich wie ein Titel des Mitgliedstaats behandelt werden, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat.
(10) Die ersuchte Behörde, die eine Forderung für Rechnung der ersuchenden Behörde beitreibt, sollte, sofern die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in welchem sie ihren Sitz hat, dies gestatten, dem Schuldner im Einvernehmen mit der ersuchenden Behörde eine Zahlungsfrist einräumen oder eine Ratenzahlung gewähren können; etwaige Zinsen für diese Zahlungserleichterungen sollten dem Mitgliedstaat, in welchem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, überwiesen werden.
(11) Ferner sollte die ersuchte Behörde auf begründeten Antrag der ersuchenden Behörde, soweit die eigenen Rechtsvorschriften dies zulassen, Sicherungsmaßnahmen treffen können, um die Beitreibung der in dem ersuchenden Mitgliedstaat entstandenen Forderungen sicherzustellen. Diese Forderungen genießen nicht unbedingt dieselben Vorrechte wie entsprechende Forderungen, die in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, entstanden sind.
(12) Es kann vorkommen, dass die Forderung oder der in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, ausgestellte Vollstreckungstitel von dem Betroffenen im Verlauf des Beitreibungsverfahrens in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz h...

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