Leitsatz

Das Zeugnisverweigerungsrecht eines Berufsgeheimnisträgers (hier: eines Notars) und seiner Mitarbeiter erstreckt sich auch auf die amtspflicht- und gesetzeswidrige Umsetzung ihm erteilter Aufträge.

 

Sachverhalt

Der Angeklagte wurde vom LG unter anderem aufgrund der Aussage des Mitarbeiters eines Notars zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Der Mitarbeiter hatte nach einem von seinem Arbeitgeber im Jahr 2001 beurkundeten Immobiliengeschäft die Kaufpreisabwicklung über sein privates Girokonto vorgenommen. Der BGH hob die Verurteilung auf, weil die Verwertung der Aussage mangels vorangegangener korrekter Belehrung des Zeugen unzulässig war.

 

Entscheidung

Das Zeugnisverweigerungsrecht von Berufsgeheimnisträgern und ihren Berufshelfern[1] bezieht sich auf alle Tatsachen, die einer im Gesetz genannten Person bei der Berufsausübung anvertraut oder bekannt geworden sind und die im unmittelbaren oder inneren Zusammenhang mit der beruflichen Stellung stehen. Dieser Grundsatz ist weit auszulegen[2]. Die nach den objektiven Gegebenheiten gebotene Einordnung einer Geschäftstätigkeit kann weder durch eine Vereinbarung abbedungen werden noch dadurch entfallen, dass sich der Berufsangehörige unerlaubter Methoden bedient bzw. außerhalb des (standes-)rechtlich gestatteten Verhaltens bewegt. Auch dann bleibt sein Handeln dennoch berufsbezogen und vom Schutzbereich der Bestimmungen über Zeugnisverweigerungsrechte umfasst. Dies gilt selbst in den Fällen, in denen das Verhalten seinerseits strafrechtlich relevant sein kann und – wie hier – unter Umständen den Vorwurf der Geldwäsche[3] rechtfertigt. Auch derartige Einbindungen in kriminelle Machenschaften berühren die Verschwiegenheitspflicht als solche nicht.

Die Schranken des Zeugnisverweigerungsrechts sind nur bei solchen Vorgängen überschritten, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der geschützten beruflichen Tätigkeit stehen, bei Handlungen und Wahrnehmungen bei Gelegenheit der Erledigung eines Mandats ohne (auch inneren) Bezug zur beruflichen Arbeit[4]. Diese Grenze sah der BGH im Streitfall als nicht erreicht an. Da die Aussage des Zeugen aufgrund einer fehlenden Belehrung erfolgte und auch keine ausdrückliche Schweigepflichtentbindung vorlag, hätten die Bekundungen nicht bei der Urteilsfindung herangezogen werden dürfen.

 

Praxishinweis

Der Senat verweist ergänzend darauf, dass das Zeugnisverweigerungsrecht des §53 StPO mit der Erweiterung des Kreises der Personen, die in Geldwäscheverdachtsfällen entsprechende Anzeigen erstatten müssen, ab dem 15.2.2002 eingeschränkt worden ist[5]. Diese Einschränkung betrifft jedoch nur Vorgänge, die nach dem In-Kraft-Treten der Neuregelung abgeschlossen wurden. Eine rückwirkende Anwendung ist laut BGH ausgeschlossen.

 

Link zur Entscheidung

BGH-Urteil vom 7.4.2005, 1 StR 326/04

[1] Vgl. §§53, 53a StPO
[2] Vgl. Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., München 2005, §53 Rz.9
[3] Vgl. §261 StGB
[4] Beispiel: Übergabe einer Waffe, wenn der Verteidiger seinen Mandanten in der Haft besucht; vgl. BGH-Urteil vom 18.6.1991, 5 StR 584/90, wistra 1991, S.334
[5] Geldwäschebekämpfungsgesetz vom 8.8.2002, BGBl I 2002, S.3105

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