Leitsatz

Ein Beratungsvertrag zwischen einer Aktiengesellschaft und einer Anwalts-GbR, der ein Aufsichtsratsmitglied angehört, fällt in den Anwendungsbereich der §§ 113, 114 AktG, wenn dem Aufsichtsratsmitglied nicht nur ganz geringfügige Zuwendungen für die Beratungstätigkeit zufließen.

 

Sachverhalt

Der klagende Rechtsanwalt war ab 12.3.2002 Mitglied und Vorsitzender des Aufsichtsrats der beklagten AG, deren Hauptversammlung ihm am selben Tag ein Jahreshonorar von 10000 EUR zuzüglich Umsatzsteuer bewilligte. Ebenfalls am 12.3.2002 genehmigte der aus drei Mitgliedern bestehende Aufsichtsrat unter Mitwirkung des Klägers einstimmig eine "Honorarvereinbarung" zwischen der AG und einer Anwalts-GbR, deren Mitglied der Kläger damals war. Diese von ihm und dem Vorstand der AG unterzeichnete Vereinbarung umfasste die "anwaltliche Beratung in sämtlichen Angelegenheiten der Gesellschaft, insbesondere in den Bereichen Wirtschaftsrecht und Recht der Aktiengesellschaften" gegen ein Honorar von 180 EUR pro Stunde. Die AG verweigerte Zahlungen, nachdem der Kläger sein Mandat niedergelegt hatte. LG und OLG haben der Klage teilweise stattgegeben. Die Revision führte zur Zurückverweisung.

 

Entscheidung

Die Honorarvereinbarung war einer Genehmigung durch den Aufsichtsrat gemäß § 114 Abs. 1 AktG, der die unabhängige Wahrnehmung der organschaftlichen Überwachungsfunktion des Aufsichtsratsmitglieds gewährleisten soll, nicht zugänglich.

Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 AktG hat allein die Hauptversammlung über Aufsichtsratsvergütungen zu entscheiden. Ohne deren ausdrückliche Zustimmung geschlossene Beratungsverträge der AG mit einem Aufsichtsratsmitglied über Tätigkeiten, die ihm schon aufgrund seiner Organstellung obliegen, sind nicht nach § 114 Abs. 1 AktG genehmigungsfähig, sondern gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen § 113 AktG nichtig[1]. Dasselbe gilt, wenn der dem Aufsichtsrat zur Genehmigung gemäß § 114 Abs. 1 AktG vorgelegte Vertrag nicht eindeutige Feststellungen darüber ermöglicht, ob die nach dem Vertrag zu vergütenden Leistungen außer- oder innerhalb des organschaftlichen Pflichtenkreises des Aufsichtsratsmitglieds liegen und ob der Vertrag nicht verdeckte Sonderzuwendungen einschließt[2].

Diesem Bestimmtheitserfordernis genügt der vorliegende Beratungsrahmenvertrag eindeutig nicht. Die "anwaltliche Beratung in sämtlichen Angelegenheiten der Gesellschaft" ist so allgemein gefasst, dass sie zur Kontroll- und Beratungsfunktion des Aufsichtsrats[3] gehörende Tätigkeiten einschließt. Auch die Bezeichnung "anwaltliche Beratung" ist zu unspezifisch, zumal zu dem organschaftlichen Pflichtenkreis eines Aufsichtsratsmitglieds auch der Einsatz seiner individuellen Fachkenntnisse gehört.

Die Klage war trotz der Nichtigkeit der Vereinbarung aber nicht abweisungsreif. Denn geprüft werden muss auch, ob möglicherweise Ansprüche des Anwalts gegenüber der AG aus ungerechtfertigter Bereicherung bestehen[4]. Dies muss das OLG nachholen.

 

Praxishinweis

Der BGH hält ausnahmsweise Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern über Dienste, die Fragen eines besonderen Fachgebiets betreffen, für genehmigungsfähig. Voraussetzung ist, dass es um spezielle Einzelfragen geht, die eine besondere "Beratungstiefe" erfordern[5]. Sie und das für die spezielle Beratung zu entrichtende Entgelt müssen in diesem Fall dem Aufsichtsrat gegenüber so konkret bezeichnet werden, dass er sich ein eigenständiges Urteil über die Art der Leistung, ihren Umfang sowie die Höhe und Angemessenheit der Vergütung bilden kann[6]. Allgemeine Rahmenvereinbarungen der vorliegenden Art genügen diesen Erfordernissen grundsätzlich nicht[7].

 

Link zur Entscheidung

BGH-Urteil vom 2.4.2007, II ZR 325/05

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