Leitsatz

Gegenstand der am 2.4.2007 ergangenen Entscheidung war die nach § 114 Abs. 1 AktG erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrats zu einer Honorarvereinbarung zwischen einer Aktiengesellschaft und einer Rechtsanwalts-GbR, deren Mitglied der Aufsichtsratsvorsitzende der Aktiengesellschaft war. Der Aufsichtsratsvorsitzende war gemäß § 34 BGB analog nicht stimmberechtigt, da die Beschlussfassung den Abschluss einer Honorarvereinbarung mit seiner Sozietät betraf. Der BGH hatte über die seit langem umstrittene Frage zu befinden, ob ein dreiköpfiger Aufsichtsrat auch dann beschlussfähig ist, wenn ein Mitglied nicht stimmberechtigt ist.

 

Hinweis

Der BGH entschied, dass der Stimmrechtsausschluss eines von drei Aufsichtsratsmitgliedern nicht zur Beschlussunfähigkeit des Aufsichtsrats führt. Vielmehr muss das betreffende Aufsichtsratsmitglied zur Vermeidung einer Beschlussunfähigkeit des Organs an der Beschlussfassung teilnehmen, sich aber der Stimme enthalten. Hiermit hat der BGH die zuvor in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage entschieden, ob ein dreiköpfiger Aufsichtsrat auch dann beschlussfähig ist, wenn ein Mitglied von der Abstimmung ausgeschlossen ist. Hintergrund des Meinungsstreits war, dass gemäß § 108 Abs. 2 Satz 3 AktG die Teilnahme von mindestens drei Mitgliedern an der Beschlussfassung erforderlich ist. Die Gerichte hatten bislang die Auffassung vertreten, dass der Aufsichtsrat in diesen Fällen beschlussunfähig sei (BayOLG, AG 2003, 427, 429; OLG Frankfurt, AG 2005, 925, 927).

Gemäß § 114 Abs. 1 AktG bedürften Beraterverträge zwischen der AG und einem Aufsichtsratsmitglied der Zustimmung des Aufsichtsrats. Die Zustimmungsbedürftigkeit besteht gleichermaßen bei einem Vertrag zwischen der AG und einer Anwalts-GbR, deren Mitglied das Aufsichtsratsmitglied ist, da bei der GbR jeweils auch der den Vertrag unterzeichnende Anwalt persönlich Vertragspartner des Beratungsvertrages wird. Noch weitergehend hat der BGH in der vorliegenden Entscheidung aber auch seine jüngste Rechtsprechung bestätigt, nach der auch ein Vertrag zwischen der AG und einer Anwaltskanzlei selbst - unabhängig von deren Rechtsform -, an der ein Aufsichtsratsmitglied beteiligt ist, der Zustimmung des Aufsichtsrats bedarf, wenn dem Aufsichtsratsmitglied nicht nur ganz geringfügige Zuwendungen für die Beratungstätigkeit zufließen. Diese Rechtsprechung gilt nicht nur für Anwaltskanzleien, sondern für Dienst- und Werkverträge mit jeder Art von Unternehmen, an denen Aufsichtsratsmitglieder beteiligt sind.

Gleichzeitig entschied der BGH, dass Beraterverträge, bei denen nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie auch Tätigkeiten beinhalten, die dem Aufsichtsratsmitglied schon aufgrund seiner Organstellung obliegen, gemäß § 113 Abs. 1 AktG auch der Zustimmung der Hauptversammlung bedürfen. Als Begründung führt der BGH an, dass die Entscheidung über die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 AktG allein bei der Hauptversammlung liegt. Ohne deren ausdrückliche Zustimmung geschlossene Beraterverträge der AG mit einem Aufsichtsratsmitglied (oder wie hier mit einer ihm gleichzustellenden Anwaltskanzlei) über Tätigkeiten, die ihm schon aufgrund seiner Organstellung obliegen, seien nicht gemäß § 114 Abs. 1 AktG genehmigungsfähig, sondern gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen § 113 AktG nichtig. Dasselbe gilt, wenn der Beratervertrag nicht eindeutige Feststellungen darüber ermöglicht, ob die nach dem Vertrag zu vergütenden Leistungen außer- oder innerhalb des organschaftlichen Pflichtenkreises liegen und ob der Vertrag nicht verdeckte Sonderzuwendungen einschließt. Die Formulierung der Leistung in einem Beratervertrag als "anwaltliche Beratung in sämtlichen Angelegenheiten der Gesellschaft" soll dem Bestimmtheitserfordernis beispielsweise nicht genügen.

Fazit: Ein dreiköpfiger Aufsichtsrat ist trotz Stimmverbotes eines Mitglieds beschlussfähig, wenn das von der Abstimmung ausgeschlossene Mitglied an der Beschlussfassung teilnimmt, ohne selbst abzustimmen. Nach wie vor besteht aber die Gefahr, dass ein von der Abstimmung ausgeschlossenes Aufsichtsratsmitglied nicht zu der Aufsichtsratssitzung erscheint und der Aufsichtsrat damit nicht beschlussfähig ist. Gerade bei Familiengesellschaften, in denen es wegen Interessenkonflikten relativ oft zum Stimmrechtsausschluss eines Aufsichtsratsmitglieds kommt, bleibt es daher empfehlenswert, einen größeren Aufsichtsrat zu bestimmen.

Nicht nur Beraterverträge zwischen der AG und dem Aufsichtsratsmitglied selbst, sondern auch Beraterverträge zwischen der AG und der Kanzlei des Aufsichtsratsmitglieds bedürfen der Zustimmung nach den §§ 113, 114 AktG.

Indem der BGH pauschal formulierte Beraterverträge zwischen der AG und einem Aufsichtsratsmitglied der Zustimmung der Hauptversammlung unterwirft, erschwert er die Durchführung rechtsberatender Tätigkeit eines Aufsichtsratsmitglied für die AG erheblich. Es dürfte im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten, in der Formulierung eines Beratervertrag...

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