Leitsatz

Ein zunächst auf Aufhebung der Ehe gerichteter Antrag war von dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zurückgenommen und zugleich ein geänderter Antrag auf Scheidung der Ehe angekündigt worden.

Nach Abschluss des Verfahrens, für das dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt worden war, beantragte sein Prozessbevollmächtigter, der Beteiligte zu 1), die Festsetzung der aus der Landeskasse an ihn zu leistenden Vergütung sowohl für den Eheaufhebungs- als auch für den Scheidungsantrag.

Seinem Antrag wurde stattgegeben. Hiergegen richtete sich die Beschwerde des Bezirksrevisors, des Beteiligten zu 2), der die Auffassung vertrat, dem Beteiligten zu 1) stehe lediglich eine Vergütung auf der Grundlage des höheren für den Scheidungsantrag einschließlich der Folgesache Versorgungsausgleich festgesetzten Wertes von 3.000,00 EUR zu.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) war erfolgreich.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das KG hat den angefochtenen Beschluss abgeändert und den Festsetzungsbeschluss der Kostenbeamtin aufgehoben, weil dem Beteiligten zu 1) keine über die bereits festgesetzte Vergütung i.H.v. 649,03 EUR hinausgehende Vergütung zustehe.

Der Antrag auf Aufhebung der Ehe und der spätere Scheidungsantrag bildeten eine Angelegenheit i.S.v. § 15 Abs. 1 und 2 RVG. Nach § 15 Abs. 2 S. 2 RVG könne der Rechtsanwalt im gerichtlichen Verfahren die Gebühren in jedem Rechtszug nur einmal fordern. Unter dem Begriff des Rechtszuges sei die Gesamtheit der Prozesshandlungen zu verstehen, die vor dem Gericht einer bestimmten Ordnung stattfänden, um den diesem Gericht unterbreiteten Streitstoff zu erledigen.

Das Verfahren, das durch den ursprünglich erhobenen Aufhebungsantrag eingeleitet worden sei, sei nicht beendet worden. Der Beteiligte zu 1) habe vielmehr mit Schriftsatz vom 15.9.2008 seinen Aufhebungsantrag zurückgenommen und zugleich einen dahin geänderten Antrag angekündet, die Ehe der Parteien zu scheiden. Da der Antrag auf Aufhebung der Ehe und der Scheidungsantrag in einem gerichtlichen Verfahren betrieben worden seien, könne in keinem Fall so abgerechnet werden, wie wenn zwei Anträge erhoben und selbständig durchgeführt worden wären.

Auch eine Zusammenrechnung der Gegenstandswerte von Eheaufhebungsantrag und Scheidungsantrag finde nicht statt. Letztendlich komme es unter gebührenrechtlichen Gesichtspunkten ohnehin nicht entscheidend darauf an, dass es sich bei der Aufhebungs- und der Scheidungssache im Sinne des Prozessrechts um zwei unterschiedliche Streitgegenstände handele. Denn der Begriff des prozessualen Streitgegenstandes sei nicht identisch mit dem der Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 1 RVG, der vorliegend allein maßgeblich sei. Eine Zusammenrechnung der Streitwerte habe stets dann zu unterbleiben, wenn neben einem Anspruch ein anderer geltend gemacht werde, der auf dasselbe Interesse ausgerichtet sei (vgl. BGH, Beschl. v. 25.11.2003 - VI ZR 418/02, NJW-RR 2004, 638, 639; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 5 Rz. 8). Sowohl der (zurückgenommene) Aufhebungsantrag als auch der Scheidungsantrag zielten auf die Lösung der ehelichen Bindung und seien somit auf ein Interesse gerichtet. Dies zeige sich daran, dass bei einer nach § 610 ZPO a.F. zulässigen Verbindung eines Antrages auf Aufhebung der Ehe und eines Antrages auf Scheidung - etwa im Wege eines Hilfsantrages oder bei einer Widerklage des anderen Ehegatten - im Falle der Begründetheit beider Anträge nur ein - dem Aufhebungsantrag - stattgegeben werden dürfe (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 610 Rz. 12).

Die dem Beteiligten zu 1) aus der Landeskasse zu leistende Vergütung bestimme sich somit auf der Grundlage des höheren für den Scheidungsantrag einschließlich der Folgesache Versorgungsausgleich festgesetzten Wertes von 3.000,00 EUR. Im Hinblick auf die an ihn bereits geleistete Zahlung sei kein Anspruch auf weitergehende Vergütung gegeben.

 

Link zur Entscheidung

KG Berlin, Beschluss vom 05.02.2010, 19 WF 66/09

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