Leitsatz

Aus den §§ 18, 19 WEG folgt kein Räumungs- und Herausgabeanspruch gegen den nach Veräußerung ausgeschiedenen früheren Eigentümer.

 

Normenkette

§§ 18, 19 WEG

 

Das Problem

Wohnungseigentümer beschließen, dass Wohnungseigentümer B sein Wohnungseigentum veräußern muss. B fügt sich – und veräußert daher sein Wohnungseigentum an Q. Der Q (gegebenenfalls ein "Strohmann") vermietet das Wohnungseigentum freilich dann wieder an B. Die anderen Wohnungseigentümer fühlen sich durch diesen Weg "betrogen". Sie klagen daher gegen B. Der B soll es unterlassen, die Wohnungseigentumsanlage zu betreten, sofern das Betreten oder Nutzen nicht der Räumung des von ihm angemieteten Wohnungseigentums dient.

 

Die Entscheidung

  1. Ohne Erfolg! Von einem Störer könne grundsätzlich nur Unterlassung im Kern gleichartiger Verletzungshandlungen verlangt werden. Unterlassungsansprüche könnten daher nur bezogen auf konkrete Störungen gegeben sein, die von B über ihre bloße Anwesenheit hinaus ausgingen. Im Übrigen würde durch das Hausverbot in den Kernbereich des Wohnungseigentums des Q eingegriffen. In den Kernbereich des Eigentumsrechts dürfe grundsätzlich nicht durch Ausübung eines Hausrechts hinsichtlich der Gemeinschaftsflächen gegen den Mieter oder sonst von dem Wohnungseigentümer berechtigten Nutzer eingegriffen werden (Hinweis unter anderem auf Reichert, ZWE 2009, S. 289, 290). Es sei grundsätzlich allein Sache des jeweiligen Sondereigentümers, darüber zu entscheiden, wie er sein Sondereigentum nutze. Dieses Recht umfasse auch den ungehinderten Zugang Dritter. Sei ein Zugang ohne Nutzung von Gemeinschaftsflächen nicht möglich, gehöre auch diese Nutzung der Gemeinschaftsflächen zum unantastbaren Kernbereich des Wohnungseigentums. Unerheblich sei insoweit, ob Q das Sondereigentum an B vermietet habe und ob ein etwaiger Mietvertrag wirksam wäre. Denn jede im Einverständnis des Eigentümers erfolgende Nutzung des Sondereigentums durch Dritte sei Bestandteil seines Eigentumsrechts. Dass der Gebrauch des Sondereigentums durch B gegen den Willen von Q erfolge, sei nicht ersichtlich. Vielmehr sei unstreitig, dass Q keine Maßnahmen zur Räumung und Herausgabe ergriffen habe, obwohl er hierzu aufgefordert worden sei.
  2. Ein Anspruch komme auch nicht aufgrund früherer wohnungseigentumsrechtlicher Verbundenheit in Betracht. Ein solcher Anspruch lasse sich § 18 WEG nicht entnehmen, selbst wenn Grund für die Verpflichtung zu der Veräußerung des Wohnungseigentums eine Unzumutbarkeit des weiteren Zusammenlebens der Wohnungseigentümer miteinander war. Denn § 18 WEG sehe auch für diesen Fall allein die Verpflichtung zur Veräußerung des Wohneigentums vor. Ein Räumungs- und Herausgabeanspruch der Miteigentümer gegen den nach Veräußerung ausgeschiedenen früheren Eigentümer enthalte diese Regelung nicht. Vielmehr folge ein solcher Anspruch aus § 19 Abs. 1 Satz 1 WEG in Verbindung mit § 93 ZVG nur für den Erwerber.
  3. Für einen eigenen Räumungs- und Herausgabeanspruch der Miteigentümer gegen den ursprünglichen Wohnungseigentümer über den Gesetzeswortlaut des § 19 WEG hinaus für den Fall, dass der Besitz des ursprünglichen Eigentümers die Ursache der Störung war, bestehe auch kein Bedürfnis. Denn im Fall eines Verstoßes des Nutzers der Wohnung gegen die Pflichten des § 14 Nr. 1 WEG bestehe ein Anspruch der übrigen Wohnungseigentümer gegen den Erwerber aus § 14 Nr. 2 WEG dahin, dass dieser Maßnahmen ergreift, die geeignet sind, von dem Nutzer die Einhaltung der Pflichten zu erreichen.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Verletzt ein Wohnungseigentümer seine Pflichten gegenüber den anderen Wohnungseigentümern oder gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in einer besonders schweren Weise, können die anderen Wohnungseigentümer von ihm die Veräußerung seines Wohnungseigentums verlangen. So lag es auch im Fall. Der "Witz" war nun, dass der neue Eigentümer das Wohnungseigentum an den Veräußerer vermietete, mit der Folge, dass dieser weiterhin das Wohnungseigentum, das er veräußern musste, bewohnte (gegebenenfalls war der Erwerber auch nur ein Strohmann). Dieses Verhalten ist sehr "misslich". Allerdings verzögert er nur die Ansprüche der Wohnungseigentümer und vereitelt sie nicht. Verhält sich der Veräußerer – nunmehr als Mieter – in einer störenden Art und Weise, muss sich das der vermietende Wohnungseigentümer als eigenes Verhalten zurechnen lassen. Er muss daher entweder den Mieter kündigen oder sieht sich seinerseits einem Verlangen der anderen Wohnungseigentümer ausgesetzt, sein Wohnungseigentum zu veräußern.
  2. Leichter wäre es, wenn es dem Erwerber in ein Zwangsversteigerungsverfahren oder als freihändigen Erwerber eines Wohnungseigentums nicht erlaubt wäre, das erworbene Wohnungseigentum an den Veräußerer als Fremdnutzer "auszukehren". Hierfür bietet das Gesetz aber keine Grundlage.

Was ist für den Verwalter wichtig?

Beschließen die Wohnungseigentümer, dass einer von ihnen sein Wohnungseigentum veräußern muss, kann der Verpflichtete diesen Anspruch freiwillig erfüllen. Ist es n...

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